Schwarze Blüte, sanfter Tod

Verschwundenen?«
    Er kaute genußvoll. Ließ sich Zeit. Schließlich, mit halbvollem Mund: »Du weißt, daß er tot ist. Was fragst du?«
    Â»Auch ein Toter kann Geld haben!«
    Â»Gehabt haben.«
    Â»War er auf der Passagierliste dieser heruntergefallenen Maschine?«
    Nicken. Ein langer Zug aus dem Ale-Glas.
    Â»Habt ihr kontrolliert, ob er auch tatsächlich eingecheckt hat?«
    Sein Grinsen hätte auf ein Plakat der Happy Brothers gepaßt. »So schlau sind wir auch! Er saß in der Maschine. Hundert Prozent.«
    Â»Was machte er überhaupt in New York?«
    Â»Einkauf. Er handelte mit dem Zeug, das er von da bezog. Kannst ihn abhaken. Ist tot. Positiv. Toter kann man nicht sein.«
    Es hatte schon Geschäftsleute gegeben, die so in die finanzielle Klemme geraten waren, daß sie einen solchen Unfall nutzten, um zu verschwinden und anderswo ohne Schulden wieder anfingen, neue zu machen. Aber Nello schüttelte energisch den Kopf, wobei er Mühe hatte, eine Ladung Reis und Filet nicht aus dem Mund zu feuern. Holte tief Luft, als drücke ihn die üppige Mahlzeit bereits und entschied: »Definitiv tot.«
    Â»Besonderheiten während des Aufenthalts in New York?«
    Nello musterte die verschiedenen Beilagenschalen nacheinander. Entschied sich für einen Griff in süßsaures Grünzeug und klärte mich auf: »Er besuchte zwei Schmuckmessen. Hatte im Waldorf gebucht. Zwei Nächte. War dort aber nicht gewesen ...« Dabei guckte er mich an und feixte. »Würdest du als erlebnishungriger reicher Mann die ganze Nacht solo in einem Hotelbett verbringen wollen? In New York?«
    Â»Nicht, wenn ich eine Freundin dort hätte.«
    Â»Na, blendend! Wirst mal ein guter Detektiv!«
    Â»Name?«
    Â»Unbekannt«.
    Â»Erwähnenswerte Umstände bei Mrs. Ronaldos Verschwinden?« ging ich zu einem anderen Thema über.
    Nello langte sich ein paar von den Gurkenschiffchen in seine Schale. Ich machte ihn auf die Nudelröllchen aufmerksam, und er versicherte mir: »Kommen noch! Wenn ich ein, zwei Schweinsfüßchen abgeknabbert habe ...« Er erinnerte sich: »Eeh ... keine Umstände. Nichts an Hinweisen. Kein Verehrer, wenn du das meinst.«
    Â»Atmosphäre in der Ehe?«
    Er zog die Schultern hoch. Hielt die Stäbchen einen Augenblick still vor den Mund und sagte: »Kaum was zu erfahren. Nach dem Absturz des Chefs jedenfalls echt aussehende Trauer.«
    Â»Und wo ist das Geld, das die Firma in den vergangenen Jahren eingefahren hat? Kann ja nicht gerade wenig gewesen sein!«
    Nello ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Geld macht nicht glücklich«, brabbelte er mit vollem Mund. Ȇbrigens, die Gurkenschiffchen sind hoftauglich!«
    Gleich auf das Lob setzte ich die letzte Frage: »Das Personal? Wer managt nun den Laden?«
    Â»Misch ... Schilva ...« Nellos Mund quoll über dabei.
    Â»Das ist diese Vertrauensperson?«
    Â»Schieht ... auch ... scho ... ausch ...«
    Â»Zicke?«
    Er kaute gelassen. Schluckte. Dann bekam er große Augen. »Himmel, nein! Geh hin. Wirst ganz plötzlich dein Interesse für Frauen im mittleren Alter entdecken!«
    Oder für die Künste von Elizabeth Arden, dachte ich. Aber das sagte ich nicht. Nello angelte sich einen Schweinsfuß, und während er ihn von allen Seiten liebevoll betrachtete, ihn hin und her drehte und wendete, schwärmte er: »Die Frau ist für jede Sünde gut, wenn du mich fragst! Weißt du, daß sie Teilhaberin des Geschäfts ist?«
    Ich bekannte: »Habe ich nicht gewußt.«
    Er warf mir über den Schweinsfuß einen belustigten Blick zu.
    Â»Ãœbrigens, ich habe selten so gut gegessen wie in diesem Lokal!«
    Ich hätte ihm gern noch ein paar Fragen gestellt, aber da rückte Pipi mit meiner Mutter und einem Tablett weiterer Delikatessen an. Mama rief schon aus einiger Entfernung: »So ... Schluß jetzt mit dem sogenannten Arbeitstreffen! Wir werden den Abend genießen!«
    Wenig später, an dem überladenen Tisch, hatte selbst ich keine Lust mehr, die Sache mit der verschwundenen Frau noch einmal aufzuwärmen. Zumal Nello nach ein paar lauwarmen Mao Tais die Welt um sich herum verschwommen zu sehen begann.
    So artete die ganze Sache in eine Familienfeier aus, an der ein beschickerter Polizeibeamter teilnahm. Wenn ich mich recht erinnere, redeten wir im wesentlichen über den Plan