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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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Honolulu eröffne in der Lime Street ein neues Geschäft, die Kombination eines Ladens mit einem Club für junge Leute und einer Disco. Es würden dort nicht nur die eigenen Produktionen verkauft und gespielt, sondern auch die anderer Firmen.
    Honolulu würde um einen Treffpunkt moderner Unterhaltung reicher sein, hieß es da. Das Etablissement würde Southern Islands heißen wie die Firma auch.
    An der Rezeption wußten sie, daß die Zeremonie um zehn Uhr am nächsten Morgen beginnen sollte. Ich konnte mir also noch ein weißes Hemd waschen lassen. An dem Automaten in der Halle ließ ich mir vorsichtshalber ein Dutzend Visitenkarten drucken mit der Aufschrift:
    Clifford Jones
    Hongkong Records Inc.
    General Manager
    Mister Imai sah aus wie die Kopie eines Tokioter Beamten, der dort die Öffnungszeiten der Tempel regelt, und dem man gesagt hat, er solle, sobald er feierlich gekleidet sei, nur noch Fröhlichkeit ausstrahlen, nicht mehr Gesetzestreue.
    Einer dieser kleinen, zäh wirkenden Männer, deren Lächeln ebenso Freude bedeuten kann wie auch Abscheu oder Verlegenheit. Straffe Haltung, dabei eine äußerst umgängliche Art Fremden gegenüber. Das bekam ich sogleich zu spüren, als er meine Visitenkarte von dem kleinen Lacktablett nahm, das der Partydiener ihm hinhielt.
    Nach einem kurzen Blick darauf legte er sie wieder zurück und wandte sich mir mit geöffneten Armen zu. Er zeigte das Gesicht eines Mannes, der seinen totgeglaubten reichen Onkel wiedersieht, aber er zeigte es eben nur, sein echtes Gesicht war es nicht.
    Europäer und auch Amerikaner haben für derlei Heuchelei kein Gespür, sie nehmen einem Betrüger jedes Wort ab, wenn er dabei nur das Gesicht eines Engels zeigt – wir Einheimischen, deren Länder an den Pazifik grenzen, werden dagegen mit einem Instinkt geboren, der uns vor Falschheit warnt. Wir merken schnell, wenn einer mogelt. Wenn er Teilnahme heuchelt. Oder Engagement für irgendwas.
    Zuerst hatte mir das meine Mutter nur beiläufig erzählt, etwa wenn wir über die Herkunft meines Vaters sprachen, der bei den US-Marinefliegern in Korea fiel.
    Später habe ich an immer wiederkehrenden Beispielen gemerkt, was an der Sache richtig ist. Und als mich der Herr des neuen Etablissements Southern Islands so freudig empfing, sagte mir meine innere Stimme, daß sein Gesicht und sein Getue eine Maske waren. Was sollte sich wohl dahinter verbergen?
    Ich erwischte eine ruhige Phase und teilte ihm – ebenfalls mit dem Gesichtsausdruck eines Engels aus jeder beliebigen christlichen Kirche etwa in Macao – mit, ich hätte selbstverständlich als Hongkonger Musikproduzent auch gewisse geschäftliche Absichten in Honolulu. Ob er sie hören wolle?
    Er wollte.
    Â»Bevor ich in Einzelheiten gehe, Mister Imai«, ließ ich ihn wissen, »sagen Sie mir, was es war, das man über das Vorleben von Miß Lee in Saigon herausgefunden hat und womit man versuchte, sie zu erpressen. Wenn ich das weiß, reden wir über ein echtes Geschäft.«
    Er war verdattert. Aber das schien nur so, oder er spielte es gekonnt. Ich hatte den Eindruck, als ob ihn meine Frage nicht allzu sehr überraschte.
    Nachdem er sich eine Weile geziert hatte, erkundigte er sich leise: »Wie kommen Sie darauf, daß ich das wissen könnte?«
    Â»Sie war Ihr Star«, gab ich gezielt forsch zurück. Und dann log ich gleich eine Provokation dazu: »Außerdem hatte ich mit ihr kurz vor ihrem Tode noch ein Gespräch. Ich war bei dieser Vorstellung im Royal Hawaiian , und sie hatte die Freundlichkeit, mit mir vor ihrem Auftritt zu sprechen.«
    Ich hatte ihn, das merkte ich. Er dachte angestrengt nach. Überlegte, was er tun könnte. Schließlich bat er mich, eine Erörterung dieser Sache noch ein Stündchen zu verschieben, und nachdem ich mich ein bißchen umgesehen hatte, erschien er wieder bei mir und gab die Erklärung ab, die Einrichtung des Etablissements sei von einem der größten Elektronikkonzerne Japans gesponsort worden.
    Als ob mich das überraschen könnte! Er blieb an meiner Seite, während ich mir ein paar der japanischen Häppchen mit undefinierbarem Fisch gönnte, machte für mich einen Tank mit Limonade ausfindig, stellte mir tanzwütige Mädchen vor und etwas verloren herumstehende junge Männer, die angeblich große Talente seien. Schließlich ermunterte er mich

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