Schwarze Blüte, sanfter Tod
von Abgeordneten. Es ist nur eine Frage des Preises. Und der Machart.
Wes Blair hatte es versucht. Nun wollte ich etwas mehr wissen. Ich hatte Glück. Der junge Mann, der Francis Lee persönlich managte, nahm mir meinen Spruch ab, wenngleich er nicht gerade Begeisterung zeigte, was mir andeutete, er habe einen Produzenten, und zwar einen, mit dem er zufrieden war.
Er wies auf einen Sessel: »Nehmen Sie Platz, Sir, wie war der Name?«
Ich sprach es noch einmal deutlich aus: »Clifford Jones. Musikvertrieb Hongkong Records . Wir beliefern einen groÃen Teil der Musikläden auf dem chinesischen Festland, unsere Absätze sind erheblich dort. AuÃerdem Hongkong. Pazifische Anrainer. Ich höre Mià Lee zum ersten Mal, und ich bin begeistert!«
»Sie ist eine mitreiÃende Sängerin«, stimmte er mir zu. Kunststück, welcher Manager wird schon seinen Klienten schlecht finden! Mir war es darauf angekommen, daà er mir überhaupt erst einmal zuhörte, und das tat er, ohne daà ich die Sängerin erneut loben muÃte.
»Sie ist bei Southern Islands unter Vertrag, höre ich?«
»So ist es.«
Ich machte eine bedeutungsvolle Pause, während weiterhin ohne die Sängerin musiziert wurde. Dann schoà ich die Frage ab: »Mister Thi, ich möchte, daà diese hervorragende Künstlerin in unserem Programm einen gebührenden Platz findet. Ich respektiere den mit Mister Imai von Southern Islands bestehenden Vertrag. Aber ich biete die Chance für eine Abmachung, die uns beiden nützt. Ich könnte einzelne Titel in Lizenz nehmen. Auch eine Sammlung ihrer besten, auf Disc oder Kassette. Wären Sie bereit, Mià Lee und Mister Imai das zu übermitteln?«
Ich log, daà die Vögel hätten vom Himmel fallen müssen, und ich wurde schlieÃlich unterbrochen, als Francis Lee die SchluÃphase der Veranstaltung mit dem Lied »Bye bye Saigon« einleitete, dem vielleicht traurigsten Lied, das sie an diesem Abend bot.
Von einem Team hervorragender Handwerker hergestellt, wie ich meinte, die Geschichte des Abschieds der GIâs an jenem trüben Frühlingsmorgen, als die Vietcong in die Stadt rollten. Weinende Bräute, zurückgelassen in der UngewiÃheit, wütende Soldaten in den Hubschraubern und eine Flagge, die schlapp am Mast hing wie die Haut eines erschlagenen Tieres, dessen Todesschrei im Geratter der Hubschraubermotoren und dem Gerassel der Panzerketten unterging. Wie eine Jugend, die man gelebt hat, ohne lästige Sorgen. Ein Stück von der Sorte jenes blendend gemachten, sogar leicht patriotisch angehauchten Kitsches, der in fast jedem Land der Welt überfüllte Stadien voller Narren zur Raserei bringen kann.
Kürzlich hatte ich irgendwo gelesen, daà die GIâs mehr als sieben Millionen Tonnen Bomben auf Vietnam abgeworfen hatten und der Krieg den Vietnamesen allein eine halbe Million Krüppel bescherte, abgesehen von den Toten. Jetzt, bei diesem Lied, war es mir beinahe unangenehm, daà mich meine grauen Zellen an die Zahlen erinnerten â sie störten die herrliche Sentimentalität des Augenblicks.
Mister Thi hatte geschwiegen, wie um den Paradesong erst verklingen zu lassen, bevor er mir antwortete. Jetzt verbeugte sich Mià Lee, während das Publikum tobte, und als endlich wieder zu verstehen war, was die Sängerin ins Mikrofon hauchte, vernahm ich die beunruhigenden Worte: »Danke für Ihre Güte. Es war das letzte Lied in meinem Leben. Man erpreÃt mich. Aber ich werde nicht nachgeben. Ich habe alles erreicht. Behalten Sie mich in Ihrer Erinnerung. Meine Lieder werden weiterleben. Aloha!«
Damit hob sie die rechte Hand, in der sich plötzlich eine kleine, flache Pistole befand. Sie setzte sie an die Schläfe und drückte ab. Einfach so.
Das alles geschah blitzschnell und überraschend, niemand war in der Lage, etwas dagegen zu unternehmen. Der Knall des Schusses war dünn, gedämpft. Francis Lee fiel hintenüber und blieb liegen.
Erst da löste sich beim Publikum die Erstarrung. Wich einem entsetzten Stöhnen, lauten Schreckensrufen und Stimmendurcheinander.
Ganz hinten rief einer, der entweder betrunken war oder nichts von alldem begriffen hatte: »Da capo!«
Von den Musikern stürzten einige zu Francis Lee, um zu helfen. Auch aus dem Publikum rannten Leute nach vorn.
Ich gestehe, daà ich selbst so überrascht war wie selten in meinem Leben,
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