Schwarze Blüte, sanfter Tod
und da hat es gewià schon einige gute Gründe gegeben, überrascht zu sein.
Doch dann wurde ich plötzlich hellwach, als mir gegenüber der junge Manager aufsprang und, ohne es wohl selbst zu merken, aufheulte: »Warum macht sie das? Es ist alles geregelt worden!«
Dann lief auch er dorthin, wo Francis Lee lag, und wo einige Hotelangestellte inzwischen verzweifelt versuchten, die Neugierigen zurückzudrängen. Eine Schande für das Royal Hawaiian , wenn sich ausgerechnet hier eine populäre Sängerin öffentlich erschoÃ! Ich bewegte mich vorsichtig näher, doch dann fiel mir ein, daà â wie bei vielen ähnlichen Anlässen â wieder einmal niemand auf den Gedanken kam, die Polizei zu benachrichtigen oder eine Ambulanz zu rufen.
Die Nummer von HPD, wie die Behörde hier hieÃ, stand auf dem Schild am Apparat in der Lobby. Ich fragte nach Detective Tamasaki, und ich hatte Glück, denn gleich darauf meldete er sich mit seiner vermuffelten Stimme.
»Was soll ich da, wo sich eine verrückte Sängerin auf der Bühne totschieÃt?« fragte er mürrisch. »Das erledigen bei uns die Leute vom medizinischen Schnelldienst!«
Es gelang mir, ihm den Köder zu verabreichen: »Das ist eine der Personen, die nach meinen Ermittlungen Verbindung mit dem verschwundenen Wesley Blair hatten!«
Er meinte zwar, von der Sorte würde es einige hundert in Honolulu geben, aber er kam. Noch vor der Ambulanz. Was mich zu der frechen Bemerkung reizte, es gäbe wohl zu viele Vorfälle dieser Art für die Medizin in Honolulu.
»Unsere Bühnenkünstler«, erklärte er feierlich, »ziehen es im allgemeinen vor, den Verdienst nicht in zweiundzwanziger Eisen anzulegen, um sich damit das Licht auszublasen. Was hat die Dame dazu getrieben? Liebe?«
Ich erinnerte mich an die unbedachte Bemerkung des Mister Thi über die »Erledigung von allem«, aber ich erwähnte sie nicht. Sagte statt dessen: »Sie hielt eine Abschiedsrede, bevor sie schoÃ. Sie sei erpreÃt worden.«
»Sagte sie?«
»Laut, ja.«
»Von wem?
»Das sagte sie nicht.«
Ein Beamter brachte Tamasaki die flache Handtasche, die Mià Lee hinter der Bühne abgelegt hatte. Der Detektiv wühlte zwischen Kleenex und Elizabeth Arden, aber sie enthielt nichts, was Aufschluà hätte geben können. Nicht einmal ein AdreÃbuch. Wenn es eins gab, dann würde es Tamasaki an sich nehmen, sobald er ihre Wohnung auf den Kopf stellte. Das wollte er machen, sagte er. Ich ging da wohl leer aus.
Einer Eingebung folgend, machte ich Leo Tamasaki auf den im Hintergrund verdattert herumstehenden Manager aufmerksam und redete ihm schnell ein: »Fragen Sie, was er weiÃ. Ich gehe zu ihm, bevor Sie ihn ansprechen, möchte nicht, daà er von mir denkt, ich spiele mit der Polizei in derselben Liga!«
Er knurrte: »Wäre furchtbar!« Aber immerhin grinste er dabei.
Ich kam weiteren hämischen Kommentaren zuvor, indem ich ihm mitteilte: »Er hält mich für einen Musikverleger. Das soll so bleiben, vorläufig. Wenn Sie bitte darauf achten würden!«
»Musikverleger!« Er lachte laut hinter mir her. »Die Hongkonger Ideenschmiede in voller Aktion ...« Was er sonst noch lästerte, verstand ich nicht, es kam mir wie die Sprache von Ureinwohnern vor.
»Schrecklich«, konnte ich gerade noch zu dem ziemlich betreten aussehenden Mister Thi sagen, in bedauerndem Ton, dann stand Tamasaki, seinen Dienstausweis präsentierend, vor uns und knurrte Thi an: »Sie waren ihr Manager?«
»Ja, Sir.«
»Wer hat sie erpreÃt?« Tamasaki schoà die Frage so unvorbereitet ab, daà Thi zusammenzuckte. Der Detektiv machte ein Gesicht, als habe er sich nur nach dem Wetter erkundigt.
Thi schluckte nur schwer, statt zu antworten. Aber Tamasaki wies auf mich und klärte den Manager auf: »Keine Sorge wegen der Diskretion. Dieser Herr Musikverleger hat absolut nicht die Absicht, dem Image der Sängerin gewissermaÃen postum noch zu schaden. Im Gegenteil, er dürfte Geschäftsinteressen haben. Richtig, Mister?«
Mit dem Mann konnte man spielen, er verstand es, einem kleinen Privatermittler Bälle zu überlassen, ohne daà es danach aussah.
»Sehr richtig«, antwortete ich ihm, das Spiel weiterführend. »Mister Thi und ich hatten uns gerade miteinander bekannt gemacht. Ich unterbreitete ihm
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