Schwarze Blüte, sanfter Tod
in der Tafel am Eingang angegeben war. Ein paar Schulkinder tanzten mit mir zusammen in die Kabine. Ich war der einzige, der höher als zur Fünf fuhr. So kam ich ganz allein auf der Siebenten an und hatte noch eine ziemliche Strecke zu gehen, bis ich bei der Tür mit dem Schild »Silva« angekommen war. Das Schloà war zwar etwas komplizierter als das bei den Ronaldos, aber mein allgemein »der Hobo« genannter Freund Wan Li, der einst aus dem Mutterland geflüchtete Schlosser im Traktorenpark einer Volkskommune, der sich auf Elektrik und Mechanik verstand wie kaum ein anderer und heute im Excelsior als Spezialist für alles, was mit Strom lief, über eine Lebensstellung verfügte, hatte mir da wirklich ein Zauberwerkzeug konstruiert. Es hatte den Vorteil, daà es nicht einmal entfernt an einen Türöffner erinnerte. Sah aus wie ein Pfeifenstopfer. Ein leiser Klick, und ich war in der Wohnung!
Kein Besucher da. Niemand im Bett oder im Bad, lebend oder als Leiche. Ich blockierte das Türschloà vorsichtshalber und erkannte, daà Mià Silva wohl etwas mehr für Ausstattung auszugeben pflegte als die Ronaldos. Die Teppiche waren teurer. Einige der Bilder an den Wänden stammten von sogenannten »Jungen Wilden«, die emsige Verkaufsmanager in der letzten Zeit zu Vertretern der wahren Kunst hochgeschwätzt hatten. Was ihre Preise schneller klettern lieà als den berühmten Affen auf die Palme.
Hatte ich schon im Ladengeschäft den Eindruck gehabt, Mià Silva sei eine elegante, gepflegte Dame, so wurde mir das erneut bewuÃt, als ich den Kleiderschrank öffnete. Da hingen erstklassige Gewänder. Neueste Modelle, soweit ich das beurteilen konnte. Nur erlesene Firmenschilder. Nichts »Made in Hongkong«. Auch nicht mit nachgemachtem italienischen Etikett. Selbst bei der Wäsche war Mià Silva wählerisch, wie ich sah. Ich kam mir zwar wie ein Spanner vor, aber ich konnte feststellen, daà das Objekt meiner Neugier Dessous bevorzugte, die extravagant waren, ohne extrem zu sein, oder gar obszön. Geschmack hatte sie! Bis auf einen Fund war das festzustellen, und dieser eine Fund machte mich auf eine irrige Annahme aufmerksam: Ich hatte vermutet, daà sie â wenn sie überhaupt Sport betrieb â bestenfalls auf dem Tennisplatz zu finden sein würde. Weit daneben! Schön säuberlich zusammengefaltet fanden sich neben den Dessous ein halbes Dutzend schwarzer Karate-Anzüge!
Während ich noch verdaute, daà die zarte Person, die ich nur aus Abneigung gegen Modeworte nicht »feenhaft« nannte, zu der rauhen Gilde der »Paaaah!« und »Tschaaa!« schreienden Faust- und FuÃkämpfer gehörte, ging ich alles durch, was an Briefen und sonstigem Papier in den Schubladen des winzigen Edelholztisches zu finden war.
Belangloses, bis auf einige Briefe, aus denen hervorging, daà es auch eine Mià Silva in Lissabon gab. Offenbar die Schwester. Schien mit einem Musiker verheiratet zu sein, denn sie schrieb mehrmals von Konzerten, die sie besucht hatte, um Enrico nahe zu sein, weil das ihm gröÃere Sicherheit bei seinen Auftritten gab.
Ich fand Quittungen über Sonderanfertigungen von delikaten Wäschestücken, ein paar Visitenkarten von Leuten, die ich mir notierte, und in dem gewählt bestückten Bücherfach des Wandregals so ziemlich alles, was an modernen Ausgaben von Konfuzius, Laotse, Mong Tse und anderen Klassikern gedruckt worden war. Robert S. Elegants »Everlasting Sorrow«, aber auch Han Suyins »And the rain my drink« sowie einige ähnliche Romane, gewichtig, aber nicht modernistisch-schizophren, eher das Gegenteil â eine Frau, die eine gute Story schätzt und eine tausendjährige Weisheit ...
Das Telefon gab nichts her. Es hatte keinen Anrufbeantworter. Aus dem AdreÃbuch, das daneben lag, schrieb ich mir zwar ein paar Namen ab, ohne allerdings viel Erfolg bei der Suche nach den Leuten zu vermuten. Nun ja, groÃe Mühe würde ich persönlich damit nicht haben, das würde Bobbys Computer erledigen.
Nicht der kleinste Fingerzeig etwa auf das Phänomen »Ti. Wo.«. Vielleicht war das ja eine rundweg lächerliche Notiz, die da meine Neugier so strapazierte!
Zuletzt ging ich noch die Kosmetika im Bad und den Inhalt eines Medizinschränkchens durch. Auch da nichts von Belang.
Wenn man von der bedeutsamen Entdeckung absah, daà Mià Silva wohl des
Weitere Kostenlose Bücher