Schwarze Blüte, sanfter Tod
wunderschöne Frau. Wenn da nur nicht mein berufsbedingtes MiÃtrauen gewesen wäre. Und im Hintergrund immer öfter jetzt die bohrende Frage: Wer hat eigentlich den Nutzen, wenn Mrs. Ronaldo nicht mehr auftaucht ...?
Ich setzte vorsichtig den Bohrer an: »Vorausgesetzt es ist wirklich etwas mit Mrs. Ronaldo geschehen ... das nicht mehr ... ich meine, daà ihre Abwesenheit für immer ...?«
Sie hob beide Hände, wie um sich zu verteidigen. Sagte erst nach längerer Zeit: »Bitte! Sie sollten das nicht erwägen!«
Ich entschuldigte mich, so artig es ging. »Es tut mir leid, Mià Silva. Aber ... mein Beruf bringt es mit sich, daà ich die Dinge des Lebens nach und nach mit diesem abscheulichen Realitätssinn betrachte. Ich versuche mir vorzustellen, daà Sie sozusagen ganz allein mit all diesem hier fertig werden müssen ...« Dazu machte ich eine raumgreifende Handbewegung zum Laden hin, wo die teuren Steinchen, die Ketten, Uhren, Broschen und Pretiosen aller Art in ihren Vitrinen vor sich hin blitzten.
Mià Silva war sehr still geworden. Blickte auf das Bilanzformular vor sich auf dem Schreibtisch und sagte nach einer längeren Pause: »Ich wage nicht, mir das vorzustellen.«
Ich hatte damit gerechnet, daà sie weinen würde. Weil mir schien, sie sei der Typ dafür. Aber sie tat es nicht. Harte Frau? Kapriziös und dazu beherrscht jedenfalls. Es reizte mich, sie noch ein biÃchen weiter zu testen.
»Wenn ich Mr. Stanley Haw in Macao über meine Ermittlungen berichte, wird er danach fragen ...«
Es war just so dahingesagt, aber es veranlaÃte sie zu der Bemerkung: »Eigentlich hatte Mrs. Ronaldo immer gehofft, ihr Onkel würde sich eines Tages doch noch an unserem Geschäft beteiligen.«
»Warum tat er das nicht?«
Sie bewegte nur leicht die Schultern.
»Gab es finanzielle Schwierigkeiten?«
Sie lächelte, ohne mich anzusehen. »Gab es nicht, Mister Lim Tok. Gerade deshalb hätte er sich ja dazu entschlieÃen können, bei uns einzutreten. Eine Bestätigung, daà wir gut sind, sozusagen. Aber er hatte eben keine Lust!«
Als sie wieder schwieg, sagte ich so ratlos wie ich es schaffte: »Eine traurige Perspektive könnte sich da auftun. Dieses herrliche Geschäft würde schlieÃen ... wäre wirklich sehr schade ...«
Ich hätte zu gern gehört, wie sie über die Zukunft dachte. Ihre eigene und die von Ronaldo-Juwelen. Aber sie blieb unbestimmt. Würde es wohl weiter bleiben, bis über das Schicksal der Mrs. Ronaldo Klarheit herrschte. Sagte nur: »Wir müssen abwarten.«
»Und wenn sich das Schlimmste bewahrheitet?«
Wie um den unangenehmen Gedanken so weit wie möglich wegzuscheuchen, winkte sie entschlossen ab.
Nur daà sie dabei etwas sagte, was ich immerhin realistisch fand. Und interessant: »Selbstverständlich würde ich das Geschäft weiterführen. Ich wäre schon durch unsere gemeinsamen letztwilligen Verfügungen dazu verpflichtet. Aber â können wir nicht über etwas sprechen, das weniger traurig macht?«
Sekundenlang dachte ich, sie sagt kein Wort darüber, daà sie im Falle des Ablebens von Mrs. Ronaldo über Nacht eine steinreiche Frau wäre. Warum? Aber ein Blick in ihre unschuldigen Augen lieà mich die Frage glatt verschlucken. Ich staunte wieder über mich selbst, als sie mich bat: »Vergeben Sie mir meine Unhöflichkeit! Eigentlich wollte ich Sie nach etwas ganz anderem fragen. Vielleicht gibt es da eine Beobachtung, die Sie zufällig gemacht haben ...«
Ich fing es vorsichtig an, denn ich befürchtete, wenn ich sie zu forsch anging, könnte sie sich ganz verschlieÃen. Also begann ich, etwas umständlich, eine Geschichte zu erzählen, die »Wirklichkeit mit gewissen Korrekturen« war.
»Da gibt es diesen Mister Bai Liu. Sie hatten mich auf ihn aufmerksam gemacht. Weil er mit Mrs. Ronaldo verabredet war, an jenem Unglückstag, an dem sie verschwand. Sie erinnern sich?«
Sogleich nickte sie, wieder ganz erholt und aufmerksam. »Natürlich, Mister Bai Liu, ja. Er wollte bei der Vorführung seiner Kollektion Schmuck von uns verwenden ... Mrs. Ronaldo hatte vor, das mit ihm auszuhandeln.«
»Das tat sie wohl auch.« Ich gab mir Mühe, es so unbefangen wie möglich klingen zu lassen. »Mister Bai Liu hatte die Freundlichkeit, mit mir darüber zu reden. Er war
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