Schwarze Blüte, sanfter Tod

sollen sie dumm, eingebildet und krachscharf sein. Nun neigen wir Chinesen ohnehin nicht dazu, die Leute so pauschal einzusortieren, und außerdem pflegen wir uns nicht auf Kosten von Frauen zu amüsieren, blond oder schwarz, möglicherweise auch rot. Wir haben keine Vorurteile, was die Weiblichkeit angeht. Und wenn ich anfangs die Dame etwas reserviert beurteilt hatte, so wuchs doch jetzt mein Interesse. Ihre halblaute Frage klang für mich ganz anders als eines der Angebote, die man gelegentlich bekommt, wenn eine Frau neugierig auf einen ist. Deshalb machte ich, auch weil ich überrascht war, ein möglichst ernstes Gesicht und erwiderte ihr: »Aber ja, jederzeit geht das. Paßt es Ihnen heute abend?«
    Als sie nickte, schlug ich schnell vor: »Sonnenuntergang im ›Surf Room‹. Weil ich da in der Gegend wohne. Oder möchten Sie anderswo?«
    Â»Nein, nein, das ist mir recht!« Sie war tatsächlich nicht der Typ der neugierigen, gelangweilten Großstadtblüte, das vermeinte ich zu erkennen.
    Â»Ich hätte auch ein paar Fragen an Sie«, gab ich ihr zu verstehen. Und weil ich vorbeugen wollte, daß sie mich für einen Gelegenheitsabstauber hielt, fügte ich so ernst wie es mir gelang hinzu: »Vermutlich können Sie mir über Ihren verschwundenen Chef eine Menge sagen, was mir hilft, ihn zu finden. Und über ein paar andere Leute auch ...«
    Sie nickte wieder. Sagte nichts. Es hatte den Anschein, als befürchte sie, im Zimmer könnte eine Wanze installiert sein. Deshalb drang ich nicht weiter auf Einzelheiten.
    Es wäre auch nicht viel zu bereden gewesen, denn die Tür flog auf, und Osborn platzte herein. Schimpfte auf irgendwelche Idioten, die nicht wußten, daß man heutzutage Trompeten entweder zurücknehmen oder den Trompeter solo spielen lassen muß, wozu er aber ein As sein müsse. Daß er den ewigen Quatsch mit den musikalischen Selbstverwirklichern satt habe, dies sei schließlich keine Einrichtung zur Seelenpflege für Notenspinner, sondern ein Unternehmen, das Gewinn zu machen habe ...
    So ging das eine Weile, wobei der strichfeine Schnurrbart des jungen Herrn mit der Oberlippe zusammen gefährliche Zuckungen ausführte. Bis er mich schließlich wahrnahm.
    Â»Was kann ich für Sie tun?«
    Ich kam gleich zur Sache. Erklärte ihm, noch im Beisein der Vorzimmerdame, weswegen ich mit Miß Hana Teoro verabredet gewesen war, weswegen ich mich überhaupt in Honolulu aufhielt, daß Miß Teoro nicht gekommen sei, und ob er wisse, wo ich sie erreichen könne.
    Er ließ Miß Hall, so hieß die Blondine, sogleich in ihrer Wohnung anrufen, und als sich da niemand meldete, ließ er im Polynesischen Kulturzentrum nachfragen.
    Wir erfuhren, daß sie – wie geplant – abgereist war.
    Â»Sie fährt einen französischen Sportwagen«, klärte mich Osborn überflüssigerweise auf, dann bewegte er etwas hilflos die Schultern und gestand mir mit der Miene eines schmerzgeplagten Mannes, es falle ihm nichts ein, was er im Augenblick noch für mich tun könnte. Vielleicht habe sie sich ja nur verspätet, und ich solle Geduld haben.
    Worauf er sich wieder an Miß Hall wandte und sich erkundigte, ob der Pilot sich schon gemeldet habe.
    Ich wußte nicht, was es mit dem Piloten auf sich haben könnte, und vorsichtshalber zündete ich mir eine Zigarette an, um Zeit zu überbrücken, bis mir wieder etwas einfiel, was mich weiterbrachte. Miß Hall richtete aus, der Pilot habe angerufen, es sei alles wie geplant vorbereitet.
    Osborn brummte zufrieden, dann erkundigte er sich zu mir gewandt: »Einen Bourbon?«
    Ich fragte ihn lächelnd, ob er mich umbringen wolle, und er beteuerte, er habe nur die besten Absichten. Wünschte mir, daß ich bald das Vergnügen hätte, Miß Teoro zu sehen. Er war jetzt kurz angebunden, aber das war es nicht, was mich störte. Vielmehr hatte ich den Einduck, er wolle mich so schnell wie möglich loswerden.
    Warum? Was störte mich an dem Charmeur mit dem Strichbärtchen? Bildete ich mir schon wieder etwas ein?
    Wir verabschiedeten uns nach den wenigen Worten, die wir gewechselt hatten, wie alte Freunde. Er verschwand in seinem Büro. Ich telefonierte noch mit Laureen, aber auch sie hatte nichts Neues zu sagen. Hana Teoro hatte sich bei ihr nicht gemeldet.
    Also schlug ich noch etwas Zeit tot, indem ich erst nach Pearl Harbor rollte,