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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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sollten sie gegrillt werden, überlegte ich. Selten hatten mich bei einem Auftrag so viele unterschiedliche Anhaltspunkte so unsicher gemacht wie hier. Nichts war greifbar. Nichts schien schlüssig zu sein. Nichts paßte zusammen. Dazu mußte ich noch fürchten, daß jemand mich erkannte, weil es dann sein konnte, daß ich wiederum im Pazifik landete. Und es war nicht sicher, daß es einen Henry Kalapano gab, der mich herausholte.
    Wußte die Gegenseite, von der ich nur die Gewißheit hatte, daß Mister Imai dazu gehörte, daß ich auf der richtigen Spur war? Hatte das den Grund geliefert, mich über die Kaimauer zu werfen? Sie konnten es nur vermuten, und wenn ja, war die Vermutung sehr abenteuerlich, um nicht zu sagen falsch. Denn ich war streng genommen noch auf gar keiner Spur! Ich tappte im dunkeln. Und dann, wer war überhaupt – abgesehen von diesem Imai – die Gegenseite?
    Hatte ich mich überschätzt, als ich hierher kam, um Laureens Auftrag zu übernehmen? Es war die eine Sache, in Hongkong, wo ich nahezu jeden Ganoven und jeden einschlägigen Trick kannte, zu ermitteln. Es war eine andere Sache, hier zu arbeiten, wo ich ein Fremder war, ohne genaue Ortskenntnisse, ohne Verbindungen, ohne Zugang zu Leuten, die mir einen Tip geben konnten, und mit einem Polizisten im Rücken, dem es, wie ich vermutete, absolut gleichgültig war, womit ich mich beschäftigte, wenn ich ihm nur seine Ruhe ließ. Oder täuschte ich mich da?
    Auf fremdem Boden war ein Detektiv wohl doch nur halb soviel wert wie zu Hause, das war in jedem Falle die Erkenntnis, die mir zu schaffen machte. Um mich herum summte das Strandleben, wie ich es auch von Hongkong her kannte. Aber es roch anders, vorausgesetzt, ich bildete mir das nicht nur ein. Der Geruch Chinas fehlte. Dieses Gemisch von Duft und Gestank. Ich vermißte es hier, wo nicht nur das Sonnenöl eine Wohltat für die Nase war, auch die Blumen schienen anders zu riechen, die Menschen sowieso, und was da in der Luft an Salz und Tang erinnerte, kam mir vor wie in einer Filiale von McDonalds gefertigt – es hielt keinen Vergleich mit der Atmosphäre aus, wie man sie etwa bei uns zu Hause am Strand von Cheung Chau schnuppern kann, im Sand oberhalb des Dschunkenhafens, wenn das Mittelherbstfest gefeiert wird, wenn der Vollmond wie ein reifer Kürbis am Nachthimmel hängt und sich der mit Weihrauchstäbchen gespickte Feuerdrachen an den staunenden Menschen vorbeiwindet ...
    Ich saß bereits eine Stunde im »Surf Room«, bei mehreren Tropenbieren, von denen es hier ebensoviele Sorten gab wie in Hongkong, die ich aber nur trank, weil ich keine gelbe Limonade auftreiben konnte und die Kellnerin jeden, der ganz trocken herumsaß, mit mitleidigem Blick musterte. Ich fürchtete, sie würde mir einen Dollar schenken, wenn ich nichts kaufte.
    Ereignet hatte sich bisher nichts. Nach einer weiteren Stunde, in der ich Heineckens, Carlsberg und Tuborg konsumierte, alles Sorten, um die ich zu Hause einen Bogen schlug, dämmerte mir, daß die Dame mich wohl zu versetzen beabsichtigte, wie der gebildete Herr das ausdrückt, und wie man es bei Damen ja öfters hat, egal wie man es nennt.

Ich griff auf meinen erprobten Trick mit dem blauen Arbeitsanzug für Schnellreparaturen zurück, den ich mir von der »Laureen« holte, und dann rollte ich gemächlich in meinem Chevy, obwohl der nicht so ganz zu einem Monteur paßte, auf den Parkplatz des Moana Towers.
    Der Eingang lag im Schatten, und deshalb stand er angelweit offen, es wurde wohl gerade wieder einmal gelüftet, was bei diesen Burgen so wichtig ist wie bei einer Toilette im Tanzpalast von Wanchai. Also probierte ich erst einmal, Miß Teoro per Telefon aus der Halle zu erreichen, und als das erfolglos blieb, fuhr ich nach oben und erlebte auf mein Klingeln wieder das Schweigen, das ich schon von meinem ersten Besuch kannte. Also griff ich in die Arbeitstasche, die ich nicht lediglich zu Dekorationszwecken umgehängt hatte, und mein kleiner ungesetzlicher Helfer öffnete mir schließlich mühelos die Tür des Appartements.
    Alles war wie bei meinem ersten Besuch. Sand Island war heute klarer zu sehen, das lag am Wetter. Auch über der Koolau-Kette regnete es noch nicht. Man hätte dieses höchste Appartement, das sich so stolz Penthouse nannte, allein wegen der Fernsicht mieten können. Sie ersetzte eine ganze Anzahl

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