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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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mittelmäßiger TV-Programme.
    Verändert schien nichts zu sein. Aber es war jemand hier gewesen, das erkannte ich. Unweit des Eingangs stand eine vollgepackte Reisetasche. Ein Blick in das Durcheinander von benutzter Nylonunterwäsche und Flatterkleidchen belehrte mich, daß es das Reisegepäck einer Dame war – Hana Teoro, mit hoher Gewißheit.
    Sie war also zu Hause gewesen. Wieder gegangen und nicht im »Surf Room« angekommen. War sie überhaupt dorthin aufgebrochen?
    Ich probierte das Telefon aus. Der Druck auf die Wiederholtaste brachte mir diesmal die sanfte Stimme einer jungen Frau, die mich im Namen von Aloha Records begrüßte. Ich legte auf, ohne mich zu entschuldigen. Aloha Records . Nichts verdächtig daran. Warum sollte eine Künstlerin nicht ihre Agentur anrufen?
    Da fiel mir auf, daß das Adreßbuch, dessen Eintragungen ich neulich in harter Arbeit auf die Kassette des Recorders kopiert hatte, nicht mehr da war. Ich zog die Schublade des Südstaaten-Schreibsekretärs auf, wo ich den Brief mit der Drohung aus ausgeschnittenen Zeitungslettern entdeckt hatte, und auch hier fand sich nichts mehr. Aufschlußreich.
    Ich durchsuchte vorsichtshalber noch das Bad, weil sich die meisten Leute, die in einer Wohnung eine Tote zurücklassen, eigenartigerweise immer das Bad als Aufbewahrungsort für die Leiche wählen. Mein Freund Bobby Hsiang in Hongkong, der ebenso lange in der Branche ist wie ich, führt das darauf zurück, daß abgemurkste Personen meist bluten, wenn man sie nicht gerade erwürgt hat, und daß selbst Mörder Reste von Sauberkeitsliebe aufweisen; sie rechnen damit, daß Badfliesen sich leichter reinigen lassen als Nadelfilz. Ich weiß zwar nicht, ob Bobby mit der Vermutung recht hat, aber die Häufigkeit ist unbestritten. Das erzähle ich Ihnen nur, damit Sie eine gewisse Vorstellung von der Kombinationsgabe eines Detektivs bekommen, egal ob er nun in Hongkong arbeitet oder anderswo ...
    Verzeihen Sie die Abschweifung. Es mag an Hongkong liegen, daß ich, sobald ich in einem anderen Land bin, immer an zu Hause denke, selbst wenn es sich um Leichen handelt und um deren Fundorte. Jedenfalls hatte ich ein neues Rätsel zu lösen. Warum erschien Hana Teoro nicht im »Surf Room«, wo wir verabredet gewesen waren? Und was mochte sie wohl mit Aloha Records zu besprechen gehabt haben? Wes Blair gab es dort nicht. Lediglich den Geschäftsführer, dessen Privatadresse sie in ihrem Büchlein vermerkt gehabt hatte. Und – wo war der Drohbrief geblieben?
    Nach und nach verstärkte sich bei mir die Vorstellung, daß mir ein Besuch in der Schallplattenfirma vielleicht einigen Aufschluß bringen könnte.
    Ich machte mich auf zur Queen Emma Street, nachdem ich mich vom Monteur wieder in einen Touristen in hellem Anzug verwandelt hatte.
    Â»Hallo!« sagte die Blondine in Frank Osborns Vorzimmer. Sie war ebenso distanziert freundlich wie eine Hebamme zu einer Schwangeren, deren Entbindung sie in die schmalen Hände nehmen soll. Wies auf einen Sessel und setzte sich mir gegenüber. Als ich beiläufig nach Osborn fragte, ließ sie mich wissen, es werde einige Zeit dauern, er sei im Studio, da werde gerade eine Produktion abgenommen. Aber ich könnte Kaffee, Tee, Likör, Bier, Cola oder eisgekühltes Bananenblütenwasser haben, wenn ich erschöpft sei.
    Ich wählte das Wasser, das ich aus Kanton kannte, noch aus der Zeit, in der es Coca Cola schwer gehabt hatte, sich dort zu etablieren. Als ich das der Dame sagte, lächelte sie müde. Sie machte auch kein fröhlicheres Gesicht, als sie mir das angelaufene Glas servierte.
    Weil sich ein solcher Test immer lohnt, wie ich aus langjähriger Praxis weiß, erkundigte ich mich beiläufig: »Schwer, so einen Betrieb ohne die Seele der Sache weiterzuführen, wie?«
    Sie nickte. »Wir haben schon Schwierigkeiten, ja.«
    Ich zeigte Verständnis. »Wissen Sie, es gibt heute in keiner Stadt der Welt zwei Geschäftsleute, die Ihnen vorbehaltlos sagen, sie seien mit dem Geschäft zufrieden!«
    Während ich trank, dabei bemüht, die eisige Flüssigkeit möglichst an meinen empfindlichen Zähnen vorbeizuschleusen, hörte ich die Blondine betont leise sagen: »Mister Lim Tok, ich würde gern kurz mit Ihnen sprechen, aber nicht hier, geht das?«
    In Europa, höre ich, soll es Witze über Blondinen geben. Danach

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