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Schwarze Blüte, sanfter Tod

Schwarze Blüte, sanfter Tod

Titel: Schwarze Blüte, sanfter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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ganz Unrecht hatte.
    Er erkundigte sich, ob ich mein Auto auch abgeschlossen hätte, und als ich ihn aufmerksam machte, daß es bereits im Hof seiner Kneipe stand, was für Gäste wie mich erlaubt war, wiegte er bedächtig den Kopf: »Hongkong ist auch nicht mehr das was es einmal war!« Wem sagte er das!
    Er brachte mir ein Kirin-Bier, das er exklusiv im Ausschank hatte, und erkundigte sich, wie es mir denn so ginge.
    Hung Tom entsprach eigentlich der Pauschalvorstellung von einem chinesischen Kneipenwirt. Er war klein, dick, glatzköpfig, guckte mit seinen schwarzen Äuglein gemütlich, und seine weiße Schürze hätte eine Wäsche vertragen. Zu alledem kam, daß er das Naturell eines Mannes von der Heilsarmee hatte, er fühlte sich verpflichtet, jedermann Gutes anzutun, vorwiegend in Form von gediegenen Mahlzeiten. Daß er dafür Geld nahm, war eigentlich seltsam. Andrerseits aber bewies der Umsatz, den Hung Tom machte, daß sich sein Image, das er sorgsam hütete, immerhin auszahlte.
    Bobby Hsiang pflegte zu solcherlei Überlegungen lakonisch zu bemerken: »In dieser Kolonie hat jeder die Chance, seine Masche auszuprobieren und Geld zu machen, wenn er es nur geschickt genug anstellt!«
    Ob jeder weiterhin die Chance dazu haben würde, wenn wir nicht mehr Kolonie waren, konnte heute keiner so genau beantworten. Auch Bobby Hsiang nicht, als er kam und der Wirt ihn danach fragte.
    Er sah genauso mürrisch drein wie zu der Zeit, als wir noch zusammen durch ein etwas weniger hektisches Hongkong Streife gegangen waren, und zwar in Straßen, deren Häuser den Blick in den Himmel nicht ganz versperrten.
    Â»Pilze mit Schweinefleisch gefüllt?« fragte ich ihn, bevor er explodieren konnte. Nach meiner Erfahrung war das die beste Methode, ihn von seinem Ärger abzulenken, und Ärger hatte er gehabt, das sah man ihm an.
    Er nickte, ohne eine Miene zu verziehen.
    Ich machte schnell weiter: »Salat von Bambussprossen?«
    Â»Hm ...«
    Â»Also auch. Geschmorte Rippchen?«
    Er nickte wieder. Sein Gesicht entspannte sich mit jedem Gericht, das ich vorschlug – meine Technik zog. »Vorher Nudelnester und Tofu mit Hackfleisch?«
    Er schien munter zu werden: »Hast du beim Hunderennen gewonnen?«
    Ein Zeichen, daß man vernünftig mit ihm reden konnte. »Du weißt, ich setze nicht auf Hunde. Als Nachtisch Geflügelreissuppe?«
    Â»Wenn du das alles bezahlst ...«
    Â»Vielleicht lieber Huntunsuppe?«
    Er winkte ab. »Meinetwegen auch Huntun. Mach Schluß. Hier gibts keine Chance für ein Schläfchen danach!«
    Er reagierte wieder menschlich! Der Wirt hatte bisher still neben mir gestanden und die Bestellung aufgenommen. Jetzt zog er die Augenlider hoch, so daß seine Augen plötzlich wie Tischtennisbälle mit einem schwarzen Punkt aussahen, und krähte: »Aber, aber – die Herren können jederzeit in der ersten Etage eine Stunde ruhen! Wir kennen und schließlich lange genug!«
    Und da bewies mir Bobby Hsiang, daß er den dienstlichen Streß tatsächlich hinter sich gelassen hatte, wie das ein anständiger Chinese tut, wenn er sich zum Essen niederläßt. Noch dazu zu einem, das er nicht selbst bezahlt.
    Er grinste Hung Tom gemütlich an und erkundigte sich: »Mädchen und Gras?«
    Der Wirt spielte Empörung. Aber er kannte Bobby Hsiang und mich lange genug, um sie eben nur zu spielen.
    Er zuckte die Schultern und bemerkte: »Es war ein Angebot. Hier ist noch eins – Mao Tai?«
    Wir waren beide nicht abgeneigt, die Mahlzeit mit einem Schälchen dieses hochprozentigen, kräftig riechenden Schnapses zu krönen. Wobei ich schon die Erfahrung habe, daß beispielsweise Europäer, aber auch Amerikaner den unverwechselbaren Duft unseres Hirseschnapses weniger schätzen, aber das hat damit zu tun, daß wir unterschiedliche Nasen haben. Nicht zufällig tragen Amerikaner, Russen und andere Leute aus dem Westen bei uns den Kosenamen »Langnase«.
    Bobby Hsiang griff nach dem Bierglas, das der Wirt auch ihm hingestellt hatte. Ein Glas wie aus der TV-Werbung, mit einer genau richtig dimensionierten Schaumkrone. Er nahm einen tiefen Zug, der das Glas halb leerte, achtete überhaupt nicht darauf, daß ich ebenfalls trank, und als er absetzte, wischte er sich den Schaum von der Oberlippe und bekannte: »Jetzt bin ich wieder ein Mensch!«
    Was danach kam, war

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