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Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)

Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)

Titel: Schwarze Blumen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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Oberarmen. Ich hielt sie behutsam, aber fest, versuchte, ihr Mut zu machen, und widerstand der Versuchung, sie zu schütteln. Widerstand der Ungeduld. Sie war ein Opfer, das durfte ich nicht vergessen, auch wenn mich der brennende Wunsch trieb, hier irgendwo Ally zu finden. Ich konnte nicht einmal ansatzweise erfassen, was diese Frau in den letzten … zehn Jahren durchgemacht haben musste.
    Gott.
    »Lorraine. Wo ist sie? «
    Doch sie sah mich nicht einmal an, sondern schüttelte nur den Kopf, teils aus Verwirrung, teils vor Angst. Es schien, als hätte sie zu lange in einem Alptraum gelebt und irgendwann vergessen, dass es nur ein Traum war. Als sie antwortete, wurde deutlich, dass sie das, was vor sich ging, nicht einordnen konnte.
    »Sie wären besser nicht hergekommen.«
    »Ich bin aber hergekommen. Wo ist sie?«
    »Nein, Sie wären besser nicht gekommen.«
    »Die Polizei kommt auch bald. Es wird alles gut.«
    Doch das war eine grenzenlos dumme Behauptung. Natürlich würde es nicht gut. Vor langer Zeit hatte man sie mit ihrem Sohn entführt. Seitdem war sie all die Jahre hier gewesen. Falls es ein Mädchen ist, behalten wir es, hatte der alte Mann gesagt. Ich hatte keinen Zweifel, dass Kent Haggerty tot war und dass sie den Mord vielleicht sogar mit angesehen hatte. Ich konnte nicht einmal ansatzweise erahnen, was sie durchgemacht haben musste, doch es würde ganz offensichtlich nie wieder gut.
    »Wo ist sie?«, fragte ich erneut. »Wo ist Ally?«
    »Sie hätten nicht kommen dürfen. Sie sollten jetzt lieber gehen.«
    Ich ließ ihre Arme los.
    »Sie hätten nicht kommen dürfen.«
    Es war nicht klar, ob sie das zu mir sagte oder den Satz nur vor sich hin sprach. So oder so war sie nicht in der Lage, mir zu helfen, und ich musste sie in Ruhe lassen.
    »Die Polizei kommt«, sagte ich noch einmal. »Es ist vorbei.«
    Bitte, Hannah, dachte ich, beeil dich.
    Und bitte bring einen Haufen Verstärkung mit.
    Lorraine hielt sich mit der einen Hand den Ellbogen, die andere an den Mund, während ein Ausdruck blanken Entsetzens über ihr Gesicht huschte, als wäre ihr eben etwas eingefallen.
    »O Gott.«
    Und dann rannte sie wieder ins Haus.
    Ich nahm die Grabgabel und folgte ihr. Hinter der Haustür stand man direkt in einem spartanischen Wohnzimmer. Links ging eine Treppe nach oben, die Lorraine hinaufhastete, und eine offene Tür am hinteren Ende des Raums führte in eine nebelgraue Küche. Ich sah mich um. In diesem Zimmer stand noch ein altes Sofa, ein kreisrunder roter Teppich lag auf den Dielen. Eine alte Stehlampe summte leise in der Ecke. Alles, worauf das Licht fiel, wirkte schmutzig, abgenutzt und fadenscheinig. Ich konnte fast die Maserung des Holzes riechen.
    Ich brüllte, so laut ich konnte: »Ally?«
    Es kam keine Antwort. Ich blickte in die Küche – leer – und rannte Lorraine die Treppe hinauf hinterher. Hier oben waren drei Räume. An der Rückseite, über der Küche, befand sich ein stinkendes altes Badezimmer, dessen weiße Keramikfliesen von einem Netz schwarzer Risse durchzogen waren. Der Bereich direkt über dem Wohnzimmer war in zwei Zimmer aufgeteilt. Im vorderen lagen lauter unbezogene Matratzen kreuz und quer auf dem Boden, und da stand Lorraine …
    Ich verharrte im Türrahmen und starrte hinein.
    »Lorraine«, sagte ich.
    Sie stand mitten im Zimmer und hielt ein Baby auf dem Arm. Wiegte es. Ein Kleinkind – ein Junge – kauerte nackt und ängstlich hinter ihren Beinen. Er starrte mich mit runden Augen wie Kupfermünzen an.
    »Lorraine …«
    »Weg da!«, sagte sie. »Kommen Sie nicht näher.«
    »Nehmen Sie sie irgendwohin mit, wo sie sicher sind. Sehen Sie um Gottes willen zu, dass Sie hier rauskommen.«
    »Weg da.«
    Ich folgte ihrer Aufforderung und trat auf den Treppenabsatz. Auf dieser Seite befand sich nur noch eine weitere Tür, und die war mit einem Vorhängeschloss versehen. Ally. Ich stemmte mich mit dem Rücken gegen die Flurwand und trat mit aller Macht gegen den Querbalken an der Tür. Sie flog mit einem Krach wie ein Pistolenschuss auf, so dass nur noch ein zersplittertes Paneel am Schloss hängen blieb.
    Drinnen war es dunkel. Ich trat ein. Und suchte auf einer Seite nach einem Schalter.
    »Ally?«
    Eine nackte Glühbirne erleuchtete den Raum.
    Niemand da. Es war ein Büro oder vielleicht eine Abstellkammer. Am einen Ende stand ein Schreibtisch, mit Aktenschränken links und rechts davon. Links von der Tür stapelten sich massenweise alte, stockfleckige Taschenbücher

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