Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)

Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)

Titel: Schwarze Blumen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
Vom Netzwerk:
umzubringen, wieso zu diesem Zweck nach Whitkirk fahren? Vielleicht hatte der Ort für ihn ja eine besondere Bedeutung oder einen Erinnerungswert, doch ich hatte den Namen noch nie gehört. Und auch wenn ich verstand, dass er mir nicht zumuten wollte, derjenige zu sein, der ihn fand – mir wenigstens diesen Horror zu ersparen –, musste er doch nicht gleich quer durch das Land fahren.
    Ergo hatte er in Wahrheit nach etwas gesucht.
    Wieso, Dad?, dachte ich. Was ist dort?
    Woran hast du gearbeitet?
    Der Wasserkocher blubberte immer lauter, bis er überzukochen schien und das Plastik auf der Konsole rappelte, bevor sich der Apparat ausschaltete. Ich stand trotzdem nicht auf, sondern saß – immer noch in Gedanken, immer noch die Finger an den Schläfen – da und horchte in die eingetretene Stille.
    Außer …
    Es war nicht hundertprozentig still.
    Von draußen drang irgendein Geräusch herein: ein leises, brummendes Geräusch. Das Küchenfenster lag an der Rückseite des Hauses, mit Blick auf den schmalen Weg hinter dem Hof. Ich stand auf, hob eine der Lamellen in der Jalousie hoch und spähte hinunter.
    Dort stand ein Lieferwagen. Das Geräusch kam vom Motor im Leerlauf.
    Außerdem war es ein alter Wagen. Das Metall sah verrostet aus. Ich konnte die Farbe nicht ganz erkennen, doch es war etwas zwischen Rot und Braun. Es waren sämtliche Lichter aus, doch dafür lief der Motor. Der Wagen wurde so eben vom Schimmer einer Straßenlaterne am Ende des Wegs erfasst, so dass sich ein bernsteinfarbener Dolch auf die Windschutzscheibe legte und zu erkennen gab, dass der Fahrer im Wagen saß, wenn auch nicht viel mehr. Die eher breite Gestalt sprach für einen Mann, und er schien eine Art großen Mond auf die Vorderseite seines T-Shirts gedruckt zu haben: einen blassen, verzerrten Kreis.
    Plötzlich duckte sich der Kreis nach hinten weg und verschwand.
    Mist.
    Ich ließ die Lamelle mit einem scharfen klickenden Geräusch herunterfallen. Das war sein Gesicht gewesen. Er hatte sich vorgebeugt und mir durch die Windschutzscheibe genau entgegengestarrt.
    Draußen veränderte sich das Geräusch des Motors. Ich blickte noch einmal hinaus und sah nur noch das Heck des Transporters, wie es langsam, aber stetig außer Sichtweite verschwand. Aus diesem Blickwinkel hatte ich keine Chance, das Nummernschild zu sehen, und einen Moment später hörte ich nur noch von fern das leise Schnurren des Fahrzeugs, als es auf die Hauptstraße einbog, und das kurze Dröhnen, als es mit Vollgas davonfuhr.
    Mein Herz schlug wieder wie wild.
    Es kann nicht sein Gesicht gewesen sein.
    Wie auch immer – was hatte jemand um diese Zeit da draußen hinter dem Haus zu suchen? Ein Einbrecher, der die Gegend sondiert? Vielleicht. In diesem Fall hatte ich ihn gesehen, er mich, also war er wahrscheinlich verschwunden und kam so schnell nicht wieder. Schließlich waren Einbrecher Opportunisten – sie machten sich das Leben nicht gerne unnötig schwer.
    Und es war wenig sinnvoll, Schatten nachzujagen.
    Immerhin horchte ich wachsam und sah immer mal wieder hinaus. Die Gasse blieb leer, die Welt blieb still. In einem solchen Fall ist es – für einen Erwachsenen zumindest – leicht, sich wieder zu beruhigen und herunterzuspielen, wie seltsam einem etwas vorgekommen war. Wenn man erwachsen wird, kann man seine Ängste rationalisieren.
    Allerdings brauchte ich eine Weile. Als ich schließlich die Lamelle fallen ließ und zum Tisch zurückging, um mir diesen Kaffee zu machen, berührte ich den Wasserkocher und stellte fest, dass ich ihn noch einmal anstellen musste.
    Kein Grund zur Sorge, redete ich mir gut zu, während er kochte.
    Nicht der geringste Grund.

    An jenem Morgen war das Wetter stürmisch und wechselhaft, die Wolken schmutzig weiße Fetzen vor grauem Stahl. Ein bewölkter, trüber Tag. Ally und ich machten uns im Haushalt zu schaffen, tranken Kaffee, räkelten uns auf dem Bett, sahen fern – was mich betrifft, versuchte ich es zumindest, während ich mit den Gedanken woanders war. Am Nachmittag gingen wir zum Supermarkt in die Stadt und kehrten, mit schweren Plastikbeuteln bepackt, in einem Wirbel von Herbstlaub, das wie Vögel durch die Luft flog, zurück.
    Inzwischen hatte ich den Lieferwagen fast vergessen. Dieser nächtliche Vorfall, wie auch immer ich ihn einordnen wollte, schien lange her zu sein, so wie sich die Wahrnehmung oft verzerrt, wenn man nicht den nötigen Schlaf bekommen hat. Egal, Ally und ich redeten nicht viel. Meine

Weitere Kostenlose Bücher