Schwarze Diamanten (Bruno Bd 3)
Er blätterte durch sein Notizbuch, fand schließlich die
Seite, nach der er suchte, und blickte auf. „Piguin aus Siorac steht auf
unserer Liste für Zahnärzte, die wir zur Identifizierung der Leiche aufsuchen
wollten. Übrigens haben wir das hier in Pons' Mercedes gefunden. Ich habe nur
einen flüchtigen Blick hineingeworfen. Es scheint sich um eine Art Tagebuch zu
handeln.“
Er holte ein in Leder gebundenes Buch aus seiner Aktentasche, das in
einer Zellophantüte steckte.
„Könnte ich Handschuhe haben?“, fragte Bruno. Der Bürgermeister reichte
ihm ein Paar aus einer Spenderpackung, die auf einem kleinen Tisch lag. Bruno
streifte sie über, nahm die Tüte von Jofflin entgegen und zog das Buch heraus,
bei dem es sich offenbar um Hercules Trüffeljournal handelte. Auf dem
Innendeckel stand kein Name, aber die erste Seite war datiert - Dezember 1982 - und fing
an mit den Worten: „Drei schöne brumales, gefunden
unter einer Eiche nahe dem Hochsitz gleich hinter dem Forstweg nach Vergt,
zusammen 340 Gramm.“
Bruno blätterte weiter und hielt inne, als er eine Bleistiftskizze
entdeckte, bei deren Anblick er vor Rührung einen Kloß im Hals verspürte. Sie
zeigte Gigi mit erhobener Pfote und aufgerichtetem Schwanz, die Schnauze
schnuppernd in die Luft gereckt. Auf der nächsten Seite war eine liebevolle
Karikatur des Barons zu finden nebst einem Hinweis auf die Weine, die sie zu
dritt zum Abendessen getrunken hatten. Darunter standen die GPS -Koordinaten einer Fundstelle tief im Wald. In seinem
letzten Eintrag hatte Hercule Brunos Verkaufserfolg auf dem Markt von Sainte
Alvere vermerkt mit dem abschließenden Satz: „Wenn es jemand schafft, den
Schwindel aufzudecken, dann Bruno.“
„Das ist es“, sagte Bruno. „Hercules Trüffeljournal, das er mir vermacht
hat.“
„Und wie kommt es in Pons' Auto?“, fragte der Bürgermeister.
Bruno konnte ihn kaum verstehen, so laut war der Hubschrauber, der
gerade auf dem Sportplatz hinter dem medizinischen Versorgungszentrum gelandet
war. Er schaute aus dem Fenster und sah, wie Jean-Jacques und der Brigadier mit
eingezogenen Köpfen aus der Maschine stiegen.
„Dass es darin lag, beweist zumindest seine Mittäterschaft an der
Ermordung Hercules. Ich muss trotzdem dringend zu Pons' Haus. Dort werden wir
weitere Beweise finden, zum Beispiel ein Testament zugunsten seines Sohnes.
Wahrscheinlich auch Unterlagen zum Trüffelhandel und jede Menge Bargeld von
seinen chinesischen Freunden, das er auf dem Markt waschen wollte. Jedenfalls
glaube ich schon jetzt, sicher sein zu können, dass -“
In diesem Moment drängten sich Jean-Jacques und der Brigadier an Pamela
und dem Baron vorbei, die immer noch in der Tür standen.
„... dass Pons mit dem Mord an Hercule zu tun hat“, ergänzte Bruno.
„So sieht's in der Tat aus“, schaltete sich gleich der Brigadier ein.
Wir hätten da auch ein Motiv. Aber sollten Sie nicht im Bett liegen?“
„Allerdings“, sagte Fabiola.
„Was für ein Motiv?“, wollte Bruno wissen.
„Führen Sie bitte die Herrschaften nach draußen, Jean-Jacques“, sagte
der Brigadier und wartete schweigend darauf, mit Bruno und dem Kommissar
allein im Zimmer zu sein. Als alle gegangen waren, schloss Jean-Jacques die Tür
hinter ihnen und lehnte sich dagegen. Der Brigadier nickte ihm dankend zu.
„Wir haben Hercules Bankschließfach geöffnet“, begann er. „Darin war ein
persönlicher Bericht zu finden, der sich mit den Fehlern auseinandersetzt, die
wir in Indochina und Algerien gemacht haben. Es geht darin unter anderem um
politische Überheblichkeit und nicht zuletzt um Foltervorwürfe. Hercule
bezichtigt Pons, während des Algerienkrieges selbst gefoltert und darüber
hinaus krumme Geschäfte gemacht zu haben, und zwar in einem Gefangenenlager namens
Ameziane. Was dort passierte, ist lange Zeit vertuscht worden. Hercule
behauptet, Pons habe sich schmieren lassen und Gefangene gegen Geld auf freien
Fuß gesetzt beziehungsweise deren Familien erpresst, die teuer bezahlen
mussten, um ihren Angehörigen die Folter zu ersparen. Bekannt gewesen sei Pons
vor allem auch dafür, dass er Minderjährige eingesperrt, sich an ihnen
vergangen und dann von deren Eltern Lösegeld verlangt hat.“
„Warum hat er so lange gezögert, diesen Skandal publik zu machen?“ Bruno
erinnerte sich, wie der Baron gesagt hatte, dass Pons bei seiner Rückkehr aus
Algerien genug Geld gehabt habe, um ein Sägewerk aufzubauen. Woher dieses Geld
gekommen war, wusste
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