Schwarze Diamanten (Bruno Bd 3)
Kosten“, antwortete sie ruhig.
„Überzeugt Sie das?“
„Natürlich nicht.“
„Was könnte Ihrer Meinung nach der wahre Grund sein?“
„Keine Ahnung. Das heißt, ich weiß nicht, ob es einen Grund gibt. Didier
ist ein Mann, der es offenbar nötig hat, zu zeigen, dass er am Ruder steht.“
„Kochen Sie deshalb auch Kaffee?“
„Nein, ich mache den Kaffee, weil ich diesen Job brauche“, entgegnete sie
matt. Ihre distanzierte Art irritierte ihn, zumal sie das genaue Gegenteil der
Warmherzigkeit jener Menschen war, mit denen er sonst verkehrte.
„Glauben Sie wirklich, Sie könnten Ihre Arbeit verlieren, wenn Sie sich
weigerten, Kaffee zu machen?“
„Ich bin eine Teilzeitkraft mit befristetem Vertrag und habe meinen
Arbeitsplatz nicht sicher. Ich möchte kein Risiko eingehen.“
„Wie bedauerlich, dass Sie das mit der Zubereitung eines bescheidenen
Kaffees zeigen müssen!“, meinte Bruno provozierend, um ihr eine Reaktion zu
entlocken. „Eine Frau mit Ihrer Bildung und Intelligenz könnte hervorragenden
Kaffee kochen, wenn sie wollte.“
Sie lächelte breit. Es war kein überzeugendes Lächeln, aber Bruno fühlte
sich trotzdem so ermutigt, dass er es aushalten konnte, eine Weile nichts zu
sagen.
„Ich bin es nicht gewöhnt, mit der Polizei zu tun zu haben“, sagte sie.
„Wer hat Ihnen gesagt, ich sei Polizist? Ich führe hier nur eine
Sicherheitsüberprüfung durch.“
„Sie sind Bruno aus Saint-Denis. Ich habe Sie gesehen, als das Sägewerk
geschlossen wurde.“
„Haben Sie mit den Grünen protestiert?“
„Ja, ich bin Parteimitglied - wie übrigens viele andere Wissenschaftler
auch.“
„Ich sehe hier, dass Sie Ihre akademische Ausbildung in Paris
abgeschlossen haben. Was hat Sie hierher verschlagen?“
„Heirat. Und während es mit meiner Ehe bergab ging, ist mir die Gegend
ans Herz gewachsen. Ich will, dass meine Kinder hier großwerden. Deshalb ist
mir mein Job so wichtig.“
„Würden Sie auch die Augen vor Unregelmäßigkeiten verschließen?“
„Nein, mir sind diese Unregelmäßigkeiten längst aufgefallen. Ich kann
aber nichts beweisen und weiß nicht einmal, wer was tut. Sicher ist nur, dass
die Mauscheleien in Sachen chinesischer Trüffeln nur die Spitze des Eisbergs
sind.“
„Das verstehe ich nicht „, sagte er.
Sie musterte ihn prüfend, als versuchte sie, seinen Charakter zu
ergründen und einzuschätzen, ob sie ihm vertrauen konnte. Er hielt ihrem Blick
stand, bezweifelte aber sehr, dass er seine Gesichtszüge ebenso unter Kontrolle
hatte wie diese Frau ihre.
„Sie könnten zum Beispiel die Preise prüfen, die am Ende des Tages für
die nicht verkaufte Ware in der abschließenden Auktion erzielt werden“, sagte
sie schließlich. „Was dabei herausspringt, ist lachhaft wenig, und das kann
kein Zufall sein.“
„Sie vermuten, dass bei diesen Auktionen manipuliert wird?“
„Ja, aber ich kann mich natürlich auch irren. Wer wäre ohne Vorurteile?“
Sie sah ihn vielsagend an.
Bruno stutzte. Dann dämmerte es ihm. Er war sich ziemlich sicher, was
sie mit Vorurteil meinte, denn beim Treffen mit Didier war ihm aufgefallen, wie
der mit Florence umsprang. Er hätte ihr seinen Verdacht gern feinfühliger vorgetragen,
aber weil er nicht wusste, wie, hoffte er, dass sie eine offen ausgesprochene
Frage zu schätzen wüsste.
„Sehen Sie mich bitte an, Madame“, sagte er. Als sie widerwillig ihren
Blick auf ihn richtete, wartete er einen Herzschlag lang, bevor er sprach.
„Sind Sie an Ihrem Arbeitsplatz sexuell belästigt worden?“
„Nicht mehr als im üblichen Rahmen und jetzt zum Glück überhaupt nicht
mehr“, sagte sie so energisch, dass ihre Antwort fast sachlich klang, obwohl
ihre Augen zornig funkelten. „Ich kann damit umgehen. Er ist ein Schwein, aber
er ist auch ein Feigling.“
Chapter 5
Der Markt von Saint-Denis, der sich im Sommer an jedem
Dienstagvormittag über die gesamte Länge der Rue de Paris vom Rathausplatz bis
zur Gendarmerie erstreckte, schrumpfte im Herbst, wenn die Touristen abgereist
waren, auf einen kleinen Rest. In den ruhigen Monaten November bis Februar
füllten die wenigen Stände kaum den Rathausplatz. In den Wochen vor Weihnachten
aber nahm er wieder an Größe zu. Dann entbrannte ein eifriger Wettbewerb um die
günstigsten Stellplätze unter den Kolonnaden des Rathauses. Wer zuerst kam,
hatte die freie Wahl, aber trotzdem gab es manchmal Streit darüber, wer denn
wirklich als Erster da gewesen
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