Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarze Engel

Schwarze Engel

Titel: Schwarze Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
Vom Netzwerk:
Und von Harris war dabei nicht die Rede. Jemand –«
    »Wer?«
    »Das weiß ich nicht. Aber ich versuche die Sache von seiner Warte zu sehen. Wenn er jemand anders als Harris hatte, wie zum Teufel sind dann diese Fingerabdrücke auf –«
    »Elias war ein richtiges Schwein. Sobald der Kerl unter der Erde ist, werde ich eines Abends rausfahren und eine dieser irischen Jigs meines Großvaters auf seinem Grab tanzen. Und dann pisse ich drauf und denke nie wieder an Elias. Ich kann dazu nur eines sagen: Wirklich ein Jammer, daß Harris nicht mit ihm in dieser Seilbahn war. Der Kerl ist ein Mörder. Das wäre vielleicht ein Ding gewesen, die beiden auf einen Schlag umgelegt.«
    Sheehan hob seinen Bierkrug zu einem Toast auf Elias’ Mörder und nahm einen kräftigen Schluck. Bosch konnte den Haß, der von ihm ausging, fast spüren.
    »Dann hat also niemand ein bißchen nachgeholfen«, sagte Bosch. »Die Abdrücke sind okay.«
    »Hundertprozentig. Der Raum wurde von der Streife plombiert. Niemand ist rein, bis ich angekommen bin. Und dann habe ich alle Maßnahmen beaufsichtigt – wir hatten es mit den Kincaids zu tun, und mir war klar, was das hieß. Der Autozar hat ja immer wieder durch großzügige Spenden von sich reden gemacht. Ich nahm also alles extra genau. Die Abdrücke waren auf einem Schulbuch – dem Erdkundebuch der Kleinen. Die Spurensicherung bekam vier Finger auf einer Seite und einen Daumen auf der anderen – als ob er das Buch hinten am Rücken genommen hätte. Der Typ muß geschwitzt haben wie eine Sau, als er es angefaßt hat, denn die Abdrücke hätten gar nicht deutlicher sein können.«
    Er trank seinen Krug leer und hielt ihn hoch, damit der Barmann sah, daß er Nachschub brauchte.
    »Ich kann immer noch nicht glauben, daß man jetzt nicht mal mehr in einer Kneipe rauchen darf«, brummte Sheehan. »Blöde Saftsäcke.«
    »Allerdings.«
    »Jedenfalls, wir überprüfen alles und kriegen Harris. Hat schon mal wegen Körperverletzung und Einbruch gesessen und hat ungefähr genausoviel einleuchtende Gründe, in ihrem Zimmer zu sein, wie ich Chancen habe, im Lotto zu gewinnen – und ich spiele wohlgemerkt nicht. Also klingelingeling, wir haben unseren Mann. Wir kaufen uns den Burschen. Und vergiß nicht, zu diesem Zeitpunkt war die Leiche der Kleinen noch nicht aufgetaucht. Wir handelten also in dem Glauben, sie könnte noch am Leben sein. Dem war zwar nicht so, aber das wußten wir damals nicht. Also schnappen wir uns den Vogel, schaffen ihn nach Downtown und knöpfen ihn uns vor. Bloß will dieser motherfucker nicht mit der Sprache rausrücken. Drei Tage, und wir kriegen nicht ein Wort aus ihm raus. Nicht mal nachts haben wir ihn in eine Zelle gebracht. Er wurde zweiundsiebzig Stunden am Stück ausgequetscht. Wir haben in Teams und Schichten gearbeitet, aber dem Kerl war einfach nicht beizukommen. Nicht mal einen Furz hat diese Sau gelassen. Ich will dir mal was sagen, ich würde dieses Stück Scheiße liebend gern umlegen, aber was das angeht, muß ich sagen, Hut ab! Er war der beste, mit dem ich es je aufgenommen habe.«
    Sheehan nahm einen doppelten Schluck von seinem frischen Bier. Bosch hatte sein erstes erst bis zur Hälfte geschafft. Er begnügte sich damit, Sheehan reden zu lassen, ohne ihn mit Fragen zu unterbrechen.
    »Am letzten Tag ist ein paar von uns dann der Gaul ein bißchen durchgegangen.«
    Bosch schloß die Augen. Er hatte sich in Sheehan getäuscht.
    »Mir auch, Harry.«
    Er sagte es sachlich, so, als täte es ihm gut, es endlich laut auszusprechen. Er trank mehr Bier, drehte sich auf seinem Hocker herum und blickte sich in der Bar um, als sähe er sie zum erstenmal. In einer Ecke war ein Fernseher angebracht, in dem ESPN lief.
    »Das bleibt doch unter uns, oder, Harry?«
    »Sicher.«
    Sheehan drehte sich wieder um und beugte sich in einer verschwörerischen Geste zu Bosch hinüber.
    »Was Harris behauptet hat … ist tatsächlich passiert. Aber das ist keine Entschuldigung für das, was er getan hat. Er vergewaltigt und erwürgt dieses kleine Mädchen; wir stecken ihm einen Bleistift ins Ohr. Na, und wenn schon? Er wird freigesprochen, und ich bin der neue Mark Fuhrmann – ein rassistischer Cop, der Verdächtigen belastendes Material unterschiebt. Ich würde nur mal gern von jemandem hören, wie ich seine Fingerabdrücke auf dieses Buch gekriegt haben soll.«
    Er wurde laut. Zum Glück bekam es nur der Barmann mit.
    »Ich weiß«, sagte Bosch. »Es tut mir leid, Mann. Ich hätte

Weitere Kostenlose Bücher