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Schwarze Engel

Schwarze Engel

Titel: Schwarze Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Auf dem Parkplatz der Hollywood Station angekommen, ließ Bosch jeden bei seinem Auto raus und schärfte allen noch einmal ein, am nächsten Morgen um acht im Parker Center zu sein. Dann stellte er seinen Slickback ab, gab aber den Schlüssel nicht ab, weil die Schachteln mit den Unterlagen aus Elias’ Kanzlei noch im Kofferraum waren. Nachdem er den Wagen abgeschlossen hatte, ging er zu seinem Auto.
    Als er auf der Wilcox losfuhr, sah er auf die Uhr. Halb elf. Er wußte, es war spät, aber er beschloß trotzdem, noch etwas zu erledigen, bevor er nach Hause fuhr. Als er durch den Laurel Canyon ins Valley fuhr, mußte er immer wieder an den Mann in dem begehbaren Kleiderschrank denken, und wie er das Gesicht abgewandt hatte, um nicht erkannt zu werden. Nach all den Jahren beim Morddezernat konnten ihn die Greuel, die sich die Menschen gegenseitig zufügten, nicht mehr überraschen. Aber mit den Greueln, die die Menschen für sich selbst aufsparten, war das eine andere Sache.
    Er nahm den Ventura Boulevard nach Sherman Oaks. Es war Samstag abends, weshalb ziemlich viel los war. Mochte die Stadt auf der anderen Seite des Hügels auch ein Pulverfaß sein, in den Bars und Cafés entlang der Vergnügungsmeile des Valley schien reger Betrieb zu herrschen. Bosch sah rotlivrierte Parkwärter durch die Gegend hasten, um Autos vor das Pinot Bistro und die anderen hochklassigen Restaurants am Boulevard zu bringen. Er sah Teenager mit zurückgeklapptem Verdeck spazierenfahren. Niemand war sich des Hasses bewußt, der in anderen Teilen der Stadt schwelte und ganz dicht unter der Oberfläche vor sich hin brodelte wie eine noch nicht entdeckte Verwerfungslinie, die nur darauf wartete, sich aufzutun und alles zu verschlingen.
    An der Kester fuhr er nach Norden und bog dann rasch in eine Gegend, wo sich lauter Einfamilienhäuser zwischen den Boulevard und den Ventura Freeway zwängten. Die Häuser waren klein und unscheinbar. Das Rauschen des Freeways war allgegenwärtig. Typische Polizistenhäuser, außer daß sie zwischen vier- und fünfhunderttausend Dollar kosteten und für die meisten Polizisten zu teuer waren. Boschs ehemaliger Partner Frankie Sheehan hatte früh gekauft und gut gekauft. Er saß auf einer Viertelmillion Dollar Zugewinn. Seine Pension, wenn er es bis ins Rentenalter schaffte.
    Bosch fuhr vor Sheehans Haus an den Straßenrand und ließ den Motor laufen. Er holte sein Handy heraus, schlug Sheehans Nummer in seinem Adreßbuch nach und wählte sie. Nach dem zweiten Läuten nahm Sheehan ab. Seine Stimme hörte sich an, als wäre er noch wach gewesen.
    »Frankie, hier Harry.«
    »Mein Lieber.«
    »Ich stehe vor dem Haus. Komm doch raus, dann machen wir eine kleine Spritztour.«
    »Wohin?«
    »Egal.«
    Stille.
    »Frankie?«
    »Okay, aber ich brauche noch ein paar Minuten.«
    Bosch legte das Telefon weg und tastete in seiner Jackentasche nach einer Packung Zigaretten, die nicht da war.
    »Mist«, zischte er.
    Während er wartete, dachte er an die Zeit mit Sheehan zurück, als sie mal nach einem Drogendealer fahndeten, der im Verdacht stand, daß er, um einen Konkurrenten auszuschalten, einfach mit einer Uzi in ein Crack-Haus marschiert war und alle Anwesenden erschossen hatte – insgesamt sechs Menschen, Kunden und Dealer, alle ohne Unterschied.
    Sie hatten mehrere Male an die Wohnungstür des Verdächtigen geklopft, aber es hatte sich nichts gerührt. Während sie noch überlegten, was sie tun sollten, hörte Sheehan ganz schwach eine Stimme aus der Wohnung kommen. »Herein, herein.« Sie klopften noch mal und riefen, sie seien von der Polizei. Sie warteten und lauschten. Wieder rief die Stimme: »Herein, herein.«
    Bosch probierte den Türknopf, und er ließ sich drehen. Die Tür war nicht abgeschlossen. Sie nahmen die Combat-Haltung ein und drangen in die Wohnung ein, mußten jedoch feststellen, daß sie leer war – bis auf einen großen grünen Papagei in einem Käfig im Wohnzimmer. Und auf dem Küchentisch lag ganz offen eine zum Reinigen zerlegte Uzi-Maschinenpistole. Bosch ging zur Tür zurück und klopfte noch einmal dagegen. Prompt rief der Papagei: »Herein, herein.«
    Ein paar Minuten später kam der Verdächtige mit dem Waffenöl, das er zum Reinigen der Uzi geholt hatte, aus dem Eisenwarenladen zurück und wurde verhaftet. In der Ballistik wiesen sie nach, daß die Morde mit seiner Waffe verübt worden waren, und da sich der Richter weigerte, die Ergebnisse der Wohnungsdurchsuchung für unzulässig zu

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