Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarze Fluten - Roman

Schwarze Fluten - Roman

Titel: Schwarze Fluten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
Vom Netzwerk:
vorstellen können, dass sie das wörtlich meinte.
    »Mit seinem ersten Schuss hat er mich getötet, und ich bin vom Pferd gefallen. Der zweite Schuss hat Magic getroffen, ohne ihn zu töten. Man hat mir erzählt, dass meine Mutter sitzen blieb, während Magic in die Knie ging, bis der dritte Schuss sie getötet hat. Dann ist mein Vater zu Magic gegangen, um ihn endgültig zu erledigen. Auf meine Mutter hat er auch noch zweimal geschossen, obwohl sie schon tot war.«
    Ich durfte mich von nichts, was ich hörte, verwirren lassen, selbst wenn es mir völlig unmöglich vorkam. Bestimmt hatten die beiden Suchtrupps bald den Keller erreicht, falls sie nicht schon dort waren, und dann dauerte es nur noch Minuten, bis sie Victoria Mors entdeckt hatten.
    Angesichts der Bondage-Spiele, die Victoria offenbar regelmäßig mit Cloyce trieb, hatte sie es womöglich genossen, als ich sie geschlagen, gefesselt und geknebelt hatte. Mir ins Gesicht zu spucken hatte sie jedenfalls enorm genossen, das wusste ich.
    Mit zitternden Händen nahm ich das zerbrochene Sägeblatt aus dem Bügel. »Tot«, sagte ich, »das verstehe ich nicht. Du kannst doch nicht tot sein! Schließlich sitzt du lebendig vor mir.«
    »Warst du im Mausoleum, wie ich es dir gesagt habe?«, fragte er mit seiner glockenklaren Chorknabenstimme, die wieder zu ernst für ein Kind klang.
    »Ja. Auch im Keller … und in dem tieferen Keller.«
    Selbst im warmen Licht der Lampe war sein Gesicht aschfahl, und seine Lippen waren bleich. »Also hast du es gesehen.«
    »Ja.«
    »Weißt du Bescheid über Nikola Tesla?«
    »Ja. Unter dem ganzen Anwesen, bis in die Mauer um den Garten, ist eine von ihm konstruierte Maschine, mit der die Zeit manipuliert wird.«
    »Die Gebäude und der Garten«, sagte Timothy, »werden in einem Zustand erhalten, der … tja, man könnte sagen, das Leben wird angehalten, aber das ist es eigentlich nicht.«
    »Eine Art Stillstand«, sagte ich.
    »Aber der Strom, der alles so erhält, lässt die Menschen nicht jung bleiben. Wenn sie älter werden, als sie es sein wollen, müssen sie einen anderen Teil der Maschine verwenden. Der ist oben im … «
    »… Gästeturm«, sagte ich, während ich das neue Sägeblatt einspannte. »Gesehen habe ich ihn nicht. Das war lediglich geraten.«
    Mein Zittern erschwerte mir die Arbeit mehr als nötig, und ich fragte mich, woher es kam. Nichts, was Timothy mir erzählt hatte, war schlimmer als all das, was ich bisher in Roseland entdeckt hatte.
    »Den Teil der Maschine bezeichnen sie als Chronosphäre«, sagte der Junge. »Wenn du dir die Vergangenheit als Tiefe der Zeit und die Gegenwart als deren Oberfläche vorstellst, dann bewegt sich dieses Objekt durch die Zeit wie ein Tauchboot im Ozean. Zumindest tut es das in einer Richtung.«
    Ich justierte die Spannung des neuen Blatts. Dabei zitterten meine Hände noch schlimmer als vorher, so als wäre ich der in Roseland herrschenden Verwirrung der Zeit erlegen und so stark gealtert, dass ich an Parkinson litt.
    »Wenn sie darin in der Zeit zurückreisen«, fuhr der Junge fort, »fallen die Jahre von ihnen ab. Ihr Körper wird jung und kräftig, weil ein Körper etwas Materielles ist. Die Wirkung des Alterns auf das Gehirn wird auch repariert, aber die Persönlichkeit, das Wissen und die Erinnerungen bleiben, wie sie sind, weil der Geist unkörperlich ist.«
    »Und wieso altern sie nicht, wenn sie in die Gegenwart zurückkehren?«
    »Weil sie nicht durch die Zeit zurückreisen. Das tun sie außerhalb der Zeit. Die Chronosphäre ist nicht bloß eine Zeitmaschine, die erst zurück und dann vorwärts reist, sie bewegt sich auch zur Seite durch die Membran zwischen der Zeit und dem, was außerhalb der Zeit ist. Kapieren tue ich das nicht. Ich glaube, auch von denen kapiert es keiner. Nur Tesla hat Bescheid gewusst, weil der wahrscheinlich der Einzige ist, der so was überhaupt kapieren kann. Außer Einstein.«
    Im Hintergrund meines Hirns winkte mir eine noch nicht vollständig ausgebildete Idee zu wie ein am anderen Ende des Raums spukendes Phantom. Ich versuchte, sie zu verdrängen, weil ich spürte, sonst unweigerlich handeln zu müssen und damit nicht nur mich selbst, sondern auch alles, was mir wichtig war, zu zerstören. Aber auch ohne ihr nachzugehen, kannte ich nun den Grund für mein Zittern.
    »Sie reisen in der Maschine einfach in die Vergangenheit und kehren dann wieder zurück«, sagte er alterslose Junge. »Es ist nicht ratsam, zu einem anderen Zeitpunkt

Weitere Kostenlose Bücher