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Schwarze Fluten - Roman

Schwarze Fluten - Roman

Titel: Schwarze Fluten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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genug gegen seine Konkurrenten in der Hand, um die auch unter Druck zu setzen. Er hatte keine politischen Feinde wie William Hearst, und als er sich nach Roseland zurückgezogen hat, scheinbar voll Kummer und deprimiert, da hat man ihn in Ruhe gelassen.«
    »Deine Asche … das heißt, die Asche von diesem anderen Timothy ist in einer Urne im Mausoleum?«
    »Ja.«
    »Und wessen Asche ist in der Urne deiner Mutter?«
    »Da ist gar nichts drin. Offiziell wurde ihre Leiche nie gefunden. Ihre Beerdigung war rein symbolisch. In der Urne meines Vaters ist natürlich auch keine Asche.«
    Die Säge durchtrennte den letzten Rest des Armbands, das vom Handgelenk des Jungen glitt.
    »Jahrelang hat man mich eingesperrt oder angeleint, bis sich die Technik so weit entwickelt hatte, dass man mich mit dem Ding da überwachen konnte.«
    Ich ließ die Säge fallen und stand auf.
    Auch Timothy erhob sich von seinem Sessel. »Ich bin tot«, sagte er, »und trotzdem am Leben. Mein Lebensfaden wurde in jener Nacht durchtrennt, und dennoch bin ich hier. Mein Verstand ist komplex geworden und gereift, aber körperlich verändere ich mich nie. Als Jugendlicher und Erwachsener habe ich nur durch Bücher gelebt, nur indem ich darüber gelesen habe, wie es ist, wenn man älter als neun Jahre wird. Ich bin für immer ein Kind, und das bin ich schon länger, als ich es ertragen kann.«

42
    Ich hatte allmählich genug. Genug Tod. Genug Wahnsinn. Genug Überraschungen von der Sorte, wie man sie nicht unter den Weihnachtsbaum legt. Genug Merkwürdigkeiten. Genug von Roseland. Falls man daraus je eine Frühstückspension machte, würde ich die bestimmt nicht empfehlen.
    Vorsichtig führte ich Timothy durch den Südflur der oberen Etage. Es war so still im Haus, als ob ich taub geworden wäre, hätten meine Eingeweide mir nicht den Genuss von Mr. Shilshoms Quiche und Käsekuchen vorgehalten.
    Wie Timothy mir noch erzählt hatte, manipulierte Nikola Teslas unheimlich lautlose Maschinerie nicht nur die Zeit, sondern verwendete die dabei entstehende thermodynamische Energie auch, um den gesamten Elektrizitätsbedarf des Anwesens zu erzeugen. Im Grunde handelte es sich um ein Perpetuum mobile, ein perfektes Beispiel für grüne Energie. Gut, mit Ausnahme der humanoiden Schweine, die darauf versessen waren, alles umzubringen, was ihnen über den Weg lief.
    Laut Timothy vergingen normalerweise mehrere Jahre zwischen den Perioden, in denen die fantastische Maschinerie aus irgendeinem Grund Momente aus der Zukunft in die Gegenwart zog; manchmal geschah das jedoch auch häufiger. Offenbar hatte ich das Glück gehabt, in der Hochsaison einzutreffen, die wesentlich aufregender war als das berühmte Herbstlaub in Vermont.
    Solange die Besucher aus Kenny Mountbattens grässlicher Zukunft ständig im derzeitigen Moment von Roselands Geschichte auftauchten und ihn wieder verließen, würden Fenster und Türen mit Stahlplatten verschlossen bleiben. Als einziger Ausweg aus dem Haus bleib damit die Route, auf der ich mich hereingeschlichen hatte.
    Sobald Constantine Cloyce und seine Leute Victoria Mors hinter dem Kessel im Heizungsraum fanden, kamen sie bestimmt voll ungerechter Empörung aus dem Keller gestürmt, um einen gewissen Grillkoch kaltzumachen. Wir mussten also irgendwohin, wo wir an ihnen vorbeikamen und den mit Kupfer ausgekleideten Tunnel zum Mausoleum erreichen konnten.
    Die breite, offene Haupttreppe gefiel mir gar nicht. Die von unten ebenfalls gut einsehbare Wendeltreppe in der Bibliothek gefiel mir auch nicht. Und die beiden Hintertreppen gefielen mir ebenso wenig, denn über die würden wahrscheinlich die tollwütige Victoria Mors und ihre Spießgesellen heraufkommen.
    Gefallen hätte mir lediglich, an jeden gewünschten Ort gebeamt zu werden wie in Star Trek , aber so eine praktische Reisemethode war noch nicht erfunden worden. Die Pistole in der Hand, ging ich mit dem Jungen zum Ende des Flurs, am oberen Eingang der Bibliothek vorbei und durch den Westflügel zur dortigen Hintertreppe.
    Ich bin zwar nicht in der Lage, gleichzeitig Kaugummi zu kauen und Basketball zu spielen – genauer gesagt, kann ich nicht mal ohne Kaugummi Basketball spielen – , aber ich kann im Gehen blitzschnell denken. Das muss ich auch, weil ich nie etwas vorausplane. Es hat nämlich keinen Sinn, etwas vorauszuplanen, wenn jederzeit irgendwelche abgedrehten Sachen passieren können. Da ich meine Entscheidungen also unterwegs treffe, muss ich rasch dazu in der Lage sein,

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