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Schwarze Fluten - Roman

Schwarze Fluten - Roman

Titel: Schwarze Fluten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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ich.
    »Chiang, lass uns einfach zur Chronosphäre«, mischte sich Timothy ein. »Ich will dorthin zurück, wo ich hingehöre.«
    Irgendwie kam mir bei diesen Sätzen dieses alte Lied von David Bowie in den Sinn. Selbst in gefährlichen Momenten macht mein Verstand manchmal merkwürdige Umwege.
    Der vermeintliche Gärtner hatte seine gütige Buddhafassade zusammen mit seiner Gärtnermaske fallen lassen. Hass zog sein rundes Gesicht in die Länge, und in seinen Augen flackerten die Spiegelungen der Deckenlampen wie Schlangenzungen.
    »Wenn es nach mir ginge, du kleine Kröte, dann würde ich dich aufschlitzen und krepieren lassen, während du versuchst, dir deine Eingeweide wieder in den Bauch zu stopfen. Und dann würde ich mit dir zehn Minuten in die Vergangenheit zurückreisen, damit ich alles noch mal wiederholen kann.«
    »Tja«, sagte ich, weil dies keine jener unangenehmen Unterhaltungen zu sein schien, die eine positive Wendung nahmen.
    Timothy drängte sich näher an mich. Vielleicht hatte er erkannt, dass seine jahrzehntelange Einkerkerung womöglich nur ein Vorspiel zu den Qualen darstellte, die ihm ein einfallsreicher Kerl wie der hier zufügen konnte.
    »Du hast eine letzte Chance, die Waffe auf den Boden zu legen, Trottel-Odd. Sonst blase ich dir das Hirn aus dem Schädel und reise mit euch beiden zurück, um noch mal von vorn anzufangen.«
    »Es reicht völlig aus, mich einmal zu töten, Sir«, sagte ich. »Ich will Ihnen keine unnötige Mühe machen.«
    Weil mir nichts anderes einfiel, ging ich leicht in die Knie und fing an, die geliebte Beretta auf den Boden zu legen. Das tat ich schön langsam und vorsichtig, wie man es mir befohlen hatte, genauer gesagt so langsam und vorsichtig, dass ich womöglich noch einen weiteren Geburtstag erlebte, bevor die Waffe unten ankam.
    Ich hoffte, dass mir irgendeine brillante Finte einfiel, mit der ich Jam Diu so verblüffen konnte, wie Jackie Chan seine Gegner in seinen Martial-Arts-Filmen verblüfft. Leider bin ich kein Jackie Chan, weshalb mich die wesentlich primitiveren Kampfkünste von jemand anders retten mussten.
    Gut fünf Meter hinter Jam Diu flog die Tür zum Weinkeller auf, und eines der Biester stürmte in den Flur. Es war kein Exemplar mit Buckel, deformiertem Schädel und zu langen Armen, sondern ein normaler Vertreter seiner Art – soweit man davon sprechen konnte. In dem schweineartigen Kopf grinste ein Maul mit scharfen Zähnen unter fleischigen Nüstern; die gelben, fiebrigen Augen waren die einer Gestalt, wie sie durchs moosige Dunkel eines Sumpftraums kriechen mochte.
    Offenbar hatte das Ding die Geheimtür in der Wand des Mausoleums entdeckt, die ich nicht hatte schließen können. Dann hatte es sich durch die beiden Keller und den Tunnel bis hierher vorgearbeitet.
    Jam Diu wandte sich nach der Tür um, als er sie krachen hörte, aber das Schweineding war flinker, als es aussah. Es packte ihn am rechten Arm, den es brechen ließ wie einen trockenen Holzstab. Während Jam Diu, Fürst der Zeit und ein Gott unter schwachen Menschen, vor Schmerz aufschrie, prasselte eine Ladung Schrot harmlos an die Decke.
    Ich brüllte Timothy zu, er solle wegrennen, doch der hatte sich bereits in Bewegung gesetzt. Als ich ihm folgte, war ich dankbar, dass ich die Beretta noch in der Hand hatte. Im Nahkampf mit diesen Biestern war eine Neun-Millimeter-Pistole allerdings womöglich nicht wirkungsvoller als der Versuch, einen Tyrannosaurus Rex mit Rasenpfeilen in Schach zu halten.
    Kurz vor der Treppe, über die wir vor drei Minuten und damit in deutlich friedlicheren Zeiten heruntergekommen waren, warf ich einen kurzen Blick zurück und sah Jam Diu auf eine Weise aus den Fugen gehen, an die ich mich nicht mehr erinnern will. Hinter dem ersten Biest war ein zweites in den Flur getreten, und hinter dem zweiten kam gerade ein drittes.

43
    Nachdem wir den ersten Teil der Treppe hinaufgerannt waren, dachte Timothy offenbar genau wie ich, dass es ein Fehler gewesen wäre, ins Obergeschoss weiterzustürmen. Er stieß die Tür des Treppenhauses auf und lief in die Diele, wo er in der Mitte stehen blieb, sich umsah und nicht weiterwusste.
    Mit uns im Haus befanden sich nun nicht mehr nur dessen schwer bewaffnete Bewohner, sondern auch drei Schweinebiester, weshalb wir wahrscheinlich kein ruhiges Eckchen finden würden, um bei einer Tasse Tee ungestört über schöne Literatur zu plaudern. Und je früher wir ins Obergeschoss gelangten, desto früher hatten wir keinen

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