Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarze Fluten - Roman

Schwarze Fluten - Roman

Titel: Schwarze Fluten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
Vom Netzwerk:
von mir, sich mit ihr auseinanderzusetzen.
    Wenn ich so handelte, wie mir diese Idee suggerierte, dann konnte das zu nichts Gutem führen. Dann zerstörte ich mich selbst und verlor das Einzige, das mir seit dem schlimmsten Tag meines Lebens in Pico Mundo Hoffnung gegeben hatte, für immer. Allerdings kann man eine Idee nicht an die Wand stellen und hinrichten. Man kann sie auch nicht in besseres Wissen eintüten und im Mülleimer des Vergessens versenken. Eine Idee kann das Gefährlichste sein, was es gibt, vor allem, wenn es sich um eine Idee handelt, die dir das ganz besondere, köstliche Glück verspricht, nach dem du dich schon immer gesehnt hast.
    Als Timothy und ich die Küche betraten, hatte ich mich darauf vorbereitet, dort die zerfetzten Überreste von Shilshom vorzufinden, die Gedärme als Herdschmuck und den Kopf auf dem Schneidebrett neben der Spüle. Glücklicherweise war die Küche jedoch nicht zum Schlachthaus geworden. Shilshoms Todesschrei musste anderswo im Haus erschollen sein.
    Kaum hatte ich die Tür zur Treppe in den Weinkeller geöffnet, als ich unter mir schwere Tritte hörte. Schnaubend und knurrend kamen da mindestens zwei Biester herauf. Ein verzerrter Schatten zuckte über die Wand, einen oder zwei Schritte vor der Kreatur, die ihn warf.
    Wir hatten keine Zeit, aus der Küche zu fliehen. Ich zog Timothy zur Speisekammer, schob ihn hinein und folgte ihm. Dann zog ich die Tür zu und hielt den Knauf fest.
    Fast im selben Moment trat Victoria Mors, ohne Knebel und in doppelter Bedeutung entfesselt, vom Büro nebenan ebenfalls in die Speisekammer und zog die Tür zu. Sie war ebenso überrascht, uns zu sehen, wie umgekehrt. Als ich die Beretta hob, packte sie den Jungen an seinem Pullover, zog ihn an sich und presste ihm die Mündung ihrer Pistole an den Hals.
    Obwohl meine Waffe aus einer Entfernung von kaum zwei Metern auf ihren Kopf gerichtet war, wagte ich nicht zu schießen, weil sie den Abzug ihrer Pistole schon gespannt hatte. Im Augenblick ihrer Todeszuckung hätte sie womöglich reflexartig ganz durchgezogen und Timothy getötet, während ich sie tötete.
    Wenn ich aber meine Pistole sinken ließ, versuchte sie vielleicht, mich umzulegen, obwohl die Schüsse den Biestern verraten hätten, wo wir zu finden waren. Ein klassisches Patt.
    Timothys Augen waren vor Angst geweitet, und er presste die bleichen Lippen aufeinander, als hätte er beschlossen, tapfer zu sein und zu überleben. Dennoch fürchtete ich, dass er auf die Idee kam, Victoria könnte für ihn dasselbe tun, was er mit der Chronosphäre zustande bringen wollte – indem sie mit einem Schuss seine unnatürlich lange, deprimierende Kindheit beendete und ihm den Tod und damit den Frieden verschaffte, der ihm schon 1925 bestimmt gewesen war.
    Schnaubend, knurrend und schnüffelnd kamen die Biester in der Küche an wie die drei märchenhaften Bären, an deren Breischüsseln sich Goldlöckchen zu schaffen gemacht hat. Es waren mindestens zwei, vielleicht auch drei.
    In der Hand, mit der Victoria den Jungen gepackt hatte, hielt sie einen Schlüssel mit einem elastischen Band aus rosa Kunststoff. »Nimm ihn!«, flüsterte sie. Da sie so eine elfenhafte Schönheit mit funkelnden blassblauen Augen war, schien sie mir keinen gewöhnlichen Schlüssel anzubieten, sondern einen magischen Talisman, mit dem wir verborgene Schätze finden und Drachen herbeirufen konnten. »Das Schlüsselloch ist in der Stahlplatte da!«
    Sie ließ den Jungen eine Sekunde los, um mir den Schlüssel zuzuwerfen, und packte ihn gleich wieder, bevor er sich ihr entziehen konnte.
    Um den Schlüssel aufzufangen, musste ich den Türknauf loslassen. Falls allerdings eines der Biester versuchte hereinzukommen, hätte ich die Tür sowieso nicht lang zuhalten können.
    »Eine Vierteldrehung nach rechts, zurück und dann den Schlüssel wieder herausziehen«, flüsterte Victoria.
    Die Tür, an der ich stand, hatte kein Schloss. Das Schlüsselloch, das sie meinte, befand sich in einer kleinen Stahlplatte an der Wand direkt daneben.
    Um zu tun, was sie von mir wollte, musste ich sie aus den Augen lassen. »Wozu?«, fragte ich.
    In der Küche wurden Schranktüren aufgerissen und zugeschlagen. Irgendetwas fiel klappernd auf den Boden.
    »Verdammt!«, flüsterte Victoria scharf. »Mach schon, bevor sie uns alle umbringen!«
    Vielleicht fanden die Brutalos in der Küche den Käsekuchen, die Mandelcroissants und die Keksdose, falls dort eine war, und ließen sich davon

Weitere Kostenlose Bücher