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Schwarze Fluten - Roman

Schwarze Fluten - Roman

Titel: Schwarze Fluten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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gehen.«
    »Aber, Sir, wieso sollten irgendwelche Aliens sich denn dafür interessieren, ob ich Darmkrebs habe?«
    »Vielleicht, weil sie Anteil an uns nehmen«, sagte Henry.
    Eins hatte ich gelernt: Wenn ich auf ein bestimmtes Thema zu sprechen kommen wollte, musste ich erst einmal auf Henrys bizarre Faszination von außerirdischen Proktologen eingehen. Das bedeutete allerdings nicht, dass ich mich von seinen Fantasien mitreißen ließ, und deshalb blieb ich skeptisch.
    »Ich glaube, sie sind einfach sehr fürsorglich«, erklärte Henry beharrlich.
    »Fünfzig Lichtjahre weit zu reisen, um mir eine Koloskopie zu verpassen, kommt mir so fürsorglich vor, dass es mich gruselt.«
    »Hör mal, Odd, für die sind fünfzig Lichtjahre vielleicht so wie für uns fünfzig Meilen.«
    »Egal. Auch wenn jemand bloß fünfzig Meilen anreist, um mir ohne meine Erlaubnis eine Sonde in den Hintern zu schieben, kommt mir das reichlich pervers vor.«
    Henrys Gesicht leuchtete vor Begeisterung über die Vorstellung, es gebe Aliens, aber man sah darin auch das Vergnügen, das jeder Lausbub verspürt, wenn er eine scheinbar legitime Chance kriegt, über Hinterteile und Ähnliches zu reden.
    »Wahrscheinlich nehmen sie dabei auch DNA -Proben«, sagte er.
    Ich zuckte die Achseln. »Dann stelle ich ihnen lieber ein paar Haare zur Verfügung.«
    Verträumt lächelnd, drehte er aufgeregt das Buch in seinen Händen. »Manche Ufo-Experten meinen, die Aliens haben den Tod überwunden und wollen uns die Unsterblichkeit schenken.«
    »Jedem von uns?«
    »Sie sind eben sehr fürsorglich.«
    »Lady Gaga ist zwar cool«, sagte ich, »aber ich hab keine Lust, mir in tausend Jahren ihr siebenhundertstes Album anzuhören.«
    »So langweilig würde das schon nicht werden. Wenn man unsterblich ist, kann man immer wieder den Beruf wechseln. Dann kannst du Sänger werden wie Lady Gaga, und sie stellt sich dafür an den Grill.«
    Ich schnitt eine Grimasse. »Ich kann nicht singen, und ich hab so eine Ahnung, dass Lady Gaga gar nicht kochen kann.«
    Henry blätterte mit dem Daumen unablässig das Buch durch, ohne es anzuschauen. Es rauschte, als würde er Spielkarten mischen. »Mit extraterrestrischer Technologie werden wir alles absolut perfekt machen können.«
    »Wieso sollten wir dann überhaupt noch etwas machen?«
    »Was meinst du damit?«
    »Wenn es nichts mehr zu lernen gibt, weil wir alles schon wissen, was wäre dann die Herausforderung? Wieso sollten wir uns noch irgendwelche Mühe geben? Was wäre der Sinn und Zweck?«
    Einen Moment lang blätterte er weiterhin in seinem Buch, dann erstarrten seine Hände, und sein Lächeln schwand.
    Ich wartete auf seine Antwort, doch er gab keine. »Eigentlich sollte ich jetzt im Urlaub sein«, sagte er nach einer Weile. »Acht Wochen Hawaii.«
    Noah Wolflaw kam mir nicht wie ein Typ vor, der für seine Angestellten den Weihnachtsmann spielte. Trotzdem verbiss ich es mir zu bemerken, wie großzügig ein zweimonatiger Urlaub war.
    Henry betrachtete den Falken, der träge am Himmel kreiste und geduldig auf das Erscheinen einer Beute wartete. Auf seinem Gesicht hatte sich eine leichte, aber unverkennbare Trostlosigkeit ausgebreitet, die nicht zu seinem jungenhaften Aussehen passte. Offenbar war er innerlich aufgewühlt. Wenn ich jetzt einfach schwieg, sagte er vielleicht etwas, das nützlich für mich war.
    »Ich hab zwei Wochen in Hawaii verbracht, bis ich es einfach nicht mehr aushalten konnte«, fuhr er fort. »Dann bin ich für eine Woche nach San Francisco geflogen, aber da war’s auch nicht besser.«
    Der Wanderfalke glitt lautlos durch den Himmel, und ich fühlte mich ihm verwandt, weil ich den Wachmann geduldig umkreiste und auf eine Bemerkung wartete, die mir als Beute dienen konnte.
    »Es lag nicht an den Orten selbst«, sagte Henry. »Wo man heute auch hinkommt, ist alles durcheinander, oder etwa nicht? Ich weiß nicht, weshalb, aber es ist so.«
    Ich hatte nicht den Eindruck, dass er einen Kommentar von mir erwartete. Er schien nur laut zu denken.
    »Die Leute sind so anders als früher. So hastig. Es öffnen sich eben unglaublich viele Möglichkeiten.«
    Damit er nicht so unergründlich wurde wie Annamaria, bemühte ich mich um Klärung: »Meinen Sie das Internet und die ganze Technologie?«
    »Die Technologie verändert gar nichts. Die Menschen waren schon vor der Erfindung von Dampfmaschinen und Flugzeugen so, wie sie eben sind. Aber jetzt ist es irgendwie anders. Wände. Das ist es. Das Problem

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