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Schwarze Fluten - Roman

Schwarze Fluten - Roman

Titel: Schwarze Fluten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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dir.«
    »Mag sein«, sagte ich. »Aber ich habe Angst vor mir.«
    Das war nur zu wahr. Mit der Ausflucht, ich würde Unschuldige beschützen, habe ich Dinge getan, die sich in meiner Erinnerung winden wie Würmer in einem faulen Apfel. Wenn ich schlafe, kommen sie hervor, um durch Träume zu kriechen, aus denen ich schweißgebadet erwache.
    Vor Kurzem erst hatte Victoria mir erzählt, sie tue nie etwas Gefährliches, selbst wenn es relativ harmlos sei wie das Erklettern einer Eiche. Offenbar kehrte ihre Abneigung gegen Risiken nun zurück, denn sie schloss die Augen und erzitterte.
    Ich beschloss, an den letzten Fetzen Anstand zu appellieren, der womöglich noch in ihrem Herzen geblieben war. Deshalb nahm ich die Pistole von ihrem Gesicht und sagte in einem Tonfall, in dem sich gleichermaßen Ekel und das Bedürfnis ausdrückten, dies alles zu verstehen: »Ist das hier vielleicht eine Art Sekte, in die du hineingeraten bist, und jetzt siehst du keinen Ausweg mehr? Ist Noah Wolflaw euer Messias?«
    »Leute, die sich Sekten anschließen, sind gestört«, sagte sie. »Ahnungslos und gestört. Wir und eine Sekte? Nein. Wir sind die vernünftigsten Menschen aller Zeiten.«
    »Ach ja?«
    »Leute wie du sind auch gestört, und das wisst ihr nicht mal.«
    »Dann klär mich auf.«
    Jeder Zug ihres Gesichts verzerrte sich zu einem höhnischen Grinsen, in dem sich Machtgier und Überheblichkeit ausdrückten. »Ihr ertragt der Zeiten Spott und Geißel, wie ein Kerl namens Hamlet mal gesagt hat, aber das tun wir nicht und werden es nie tun. Ihr ertragt es, und es treibt euch in den Wahnsinn.«
    »Tja, das erklärt alles«, sagte ich und fragte mich, ob irgendein Voodoo-Priester, an den ich mich nicht erinnerte, mich mit einem Fluch belegt hatte, der mich dazu verdammte, mein Leben lang mit Leuten zu verbringen, die grundsätzlich in Rätseln sprachen.
    Victorias Gesicht wurde rot und dunkel vor Hass, und die Verachtung in ihrer Stimme wog so schwer, dass sie die Zunge zu lähmen schien. » Eure Gedanken sind Sklaven eines Narren, aber das werden unsere niemals sein«, schwadronierte sie weiter.
    Trotz ihres Leugnens hörte sich das nach Sektengeschwätz an, nach Sprüchen, die vom obersten Führer verkündet und von den Jüngern nachgeplappert wurden, wobei diese alles nur halb begriffen, es aber wie ein Mantra wiederholten, egal, ob es zum jeweiligen Moment passte oder nicht.
    Da sie nun endlich den Mund aufmachte, versuchte ich, mehr über die toten Frauen im Mausoleum herauszubekommen. »Du hast Wolflaw einen der größten Menschen genannt, die je geboren wurden. Wie kannst du ihm so unterwürfig folgen, wenn er die Frauen dort unten wie Puppen behandelt hat, mit denen man spielt, sie zerstört und dann wegwirft?«
    Dass Victoria ebenfalls eine Frau war, entlockte ihr keinen Tropfen Mitgefühl. »Das waren keine Frauen, wie ich eine bin. Sie waren nicht wie wir, sondern wie ihr . Tiere, keine Götter. Wandelnde Schattenbilder, arme Komödianten . Ihr Leben hat nichts bedeutet.«
    Je mehr sie sagte, desto wahnsinniger wirkte sie auf mich. Die Vernunft, von der sie gesprochen hatte, war ihr inzwischen weit entglitten.
    Dennoch kamen mir ihre Worte irgendwie vertraut vor, so als hätte ich manche schon einmal gehört, allerdings in einem rationalen Zusammenhang und zu einem edleren Zweck.
    Ich ekelte mich vor dieser Victoria, die wie der böse Zwilling des netten Dienstmädchens aus der Waschküche wirkte, aber das hinderte mich nicht daran, sie weiter unter Druck zu setzen. »Wo sind diese Frauen hergekommen? Wie hat Wolflaw sie dazu gebracht, ihm hierher zu folgen?«
    Sie grinste wie ein Kind, das genussvoll ein schmutziges Geheimnis verrät. »Wenn Noah Roseland verlässt, fährt er nie weiter als bis zur Stadt. Für ihn sucht Paulie weit und breit nach Frauen. Auch Henry geht fischen, in ganz Kalifornien und in Nevada, überall.«
    »Dann … machen die beiden mit?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Es kümmert sie nicht, was er mit diesen Weibern tut, bloß haben sie selbst keine Lust darauf. Aber du hast mich unterbrochen, bevor ich dir das Beste erzählen konnte.«
    »Nur zu!«
    »Ich bin besser als die beiden, besser als Paulie und Henry, wenn es darum geht, den Köder auszuwerfen und die hübschen Dinger an den Haken zu kriegen. Sobald ich eine gefunden habe, die so aussieht, wie Noah es mag, sorge ich dafür, dass wir uns kennenlernen. Ich spreche sie an. Die finden mich eigentlich immer nett und sind gern mit mir

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