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Schwarze Fluten - Roman

Schwarze Fluten - Roman

Titel: Schwarze Fluten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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Sachen?«, fragte ich, weil ich mich genauso begriffsstutzig stellen kann wie jedermann.
    »Ihre heikle Wäsche.«
    Ich konnte nicht entscheiden, ob sie die Metallsäge nach dem Waschen stärken sollte oder nicht, weshalb ich den Kissenbezug behielt und sagte: »Mr. Wolflaw muss sehr hohe Ansprüche haben. Das Haus ist absolut makellos.«
    »Es ist ein wirklich schönes Haus. Es verdient es, perfekt gepflegt zu sein.«
    »Ist Mr. Wolflaw ein Tyrann?«
    Ohne ihre Arbeit zu unterbrechen warf Victoria mir einen Seitenblick zu. Sie schien wegen dieser Kritik an ihrem Chef ernsthaft gekränkt zu sein. »Wie kommen Sie den darauf?«, fragte sie.
    »Na ja, so reiche Leute wie er können manchmal ziemlich anspruchsvoll sein.«
    »Er ist ein wunderbarer Arbeitgeber«, erklärte sie in missbilligendem Ton, weil ich es gewagt hatte, die Integrität des Herrn von Roseland anzuzweifeln. »Ich wollte nie einen anderen haben.« Mit der Zärtlichkeit eines verliebten Schulmädchens fügte sie hinzu: »Nie im Leben.«
    »Das habe ich mir auch gedacht. Er scheint ein wahrer Heiliger zu sein.«
    Sie runzelte die Stirn. »Warum haben Sie ihn dann als Tyrannen bezeichnet?«
    »Aus Vorsicht. Ich möchte mich nämlich um einen Job bewerben.«
    Nun erwiderte sie wieder meinen Blick und sagte abweisend: »Es gibt keine freien Stellen.«
    »Ich hab den Eindruck, es fehlen noch ein paar Wachleute.«
    »Zwei von denen sind im Urlaub.«
    »Ach so. Henry Lolam sagt, er hat acht Wochen frei. Das ist eine großzügige Regelung.«
    »Aber es sind keine Stellen frei.«
    »Henry hat nur drei von seinen acht Wochen Urlaub genommen. Er sagt, die Welt da draußen würde sich zu sehr verändern. Nur hier fühlt er sich sicher, sagte er.«
    »Natürlich fühlt er sich hier sicher. Wer würde das nicht tun?«
    Es war anzunehmen, dass die vierunddreißig toten Frauen im Keller des Mausoleums sich irgendwann nicht mehr sicher in Roseland gefühlt hatten. Ich verzichtete jedoch darauf, das Thema anzuschneiden, um nicht mit der Tür ins Haus zu fallen.
    Wenn ich mir je vorgestellt hätte, mich bei der CIA als Verhörspezialist zu bewerben, dann hätte ich das Interesse daran verloren, als man gesetzlich festlegte, Terroristen Informationen nur noch mithilfe von Süßigkeiten zu entlocken. Nun freute ich mich jedoch, von Victoria allerhand interessante Neuigkeiten zu erfahren, ohne auch nur einen Schokoriegel zu riskieren.
    Da ich inzwischen meine Technik geändert und begonnen hatte, leichte Nadelstiche zu setzen, nahm die Unterhaltung womöglich einen feindseligen Charakter an. In diesem Fall musste ich das Problem, das Victoria darstellte, lösen, bevor sie irgendjemandem im Haus von meiner Anwesenheit berichtete.
    Leider war mir noch nicht eingefallen, was ich mit ihr anstellen sollte. Sie gleich zu erschießen, das passte mir nun ganz und gar nicht.
    Sie war fast damit fertig, die Wäsche zu sortieren.
    »Henry Lolam hat mir gesagt, Roseland sei ein ungesunder Ort, aber das war wohl scherzhaft gemeint, wenn er doch nicht ertragen kann, davon weg zu sein.«
    »Henry liest zu viele bescheuerte Gedichte, er denkt zu viel, und er quatscht viel zu viel«, sagte Victoria. Nun klang sie überhaupt nicht mehr wie ein Schulmädchen.
    »Hoppla!«, sagte ich. »Ihr seid ja wirklich wie eine große Familie.«
    Einen winzigen Augenblick lang verriet der Hass in ihren Augen mir, dass sie mir am liebsten die Nasse abgebissen und mich dann Paulie Sempiterno ausgeliefert hätte, damit der mir eine Kugel in den Kopf schießen konnte.
    Aber Victoria Mors war eine wahre Verwandlungskünstlerin. Während ich meinen provisorischen Wäschesack auf den Boden legte, zog sie die Krallen ein, blinzelte das Gift aus ihren Augen und wusch den Essig aus ihrer Stimme, die honigsüß wurde.
    »Es tut mir leid, Mr. Odd«, sagte sie mit der Emotionalität eines reizenden Kindes, das die Ehre seines geliebten Vater verteidigt.
    »Keine Ursache.«
    »Bitte verzeihen Sie mir.«
    »Schon geschehen.«
    »Es ist bloß so, na ja, ich ertrage es einfach nicht, wenn jemand unfair über Mr. Wolflaw spricht, weil er wirklich so … unglaublich ist.«
    »Das verstehe ich. Mich beispielsweise bringt es auf die Palme, wenn jemand was Übles über Wladimir Putin sagt.«
    »Über wen?«
    »Vergessen Sie’s.«
    Victoria hatte die Wäsche fertig eingeräumt. Nun rang sie die Hände, als hätte sie viel Zeit damit verbracht, sich beim Betrachten melodramatischer Stummfilme schauspielerische Fertigkeiten

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