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Schwarze Fluten - Roman

Schwarze Fluten - Roman

Titel: Schwarze Fluten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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zusammen. Ich bringe sie leicht dazu, mich zu mögen und mir zu vertrauen. Schließlich bin ich zierlich und fast wie ein Kind. Und ich hab so ein koboldhaftes Gesicht. Wer würde einem Kobold wohl misstrauen?«
    »Wie eine Elfe, habe ich zunächst gedacht, eine hübsche, kleine Elfe.«
    Victoria setzte ein warmes, kesses Lächeln auf und zwinkerte mir zu. Einen Moment lang war die Maske aus koboldhafter Unschuld und Charme so gut gemacht, dass ich nichts von dem Dämon sehen konnte, der dahinter lauerte, obwohl ich ihn doch bereits bestens kannte.
    »Über kurz oder lang treffen wir uns dann zum Mittagessen«, sagte Victoria. »Ich hole sie bei der Arbeit oder zu Hause ab. Im Restaurant kommen wir allerdings nie an. Ich habe eine kleine Betäubungspistole, und das Mittel wirkt fast sofort. Wenn sie aufwacht, manchmal Stunden, manchmal Tage später, je nachdem, wie weit wir fahren müssen, ist sie an einen Pfosten von Noahs Bett gefesselt. Dann erfährt sie, was sie ist und was wir sind.«
    Kobold oder Elfe, bei ihrem Anblick wurde mir übel. »Und was seid ihr?«
    »Außenseiter«, sagte sie mit theatralischer Betonung. »Wir sind Außenseiter, ohne Grenzen, ohne Regeln, ohne Angst.«
    Wenn das auch nominell keine Sekte sein mochte, so war es doch eine in jeder Beziehung, auf die es ankam.
    »Wolflaw ist offenbar eine besondere Sorte Messias«, sagte ich. »Einer wie Charles Manson.«
    »Manchmal lässt er mich zuschauen.« Als sie sah, wie mich das anwiderte, grinste sie hämisch. »Armer Junge, du wirst es nie begreifen. Du bist ein wandelndes Schattenbild, wirklich nur ein armer Komödiant. Du bist ohne Bedeutung.«
    Diese Worte, die sie ähnlich schon einmal gesprochen hatte, kamen mir wieder vertraut vor.
    Ein Teil von mir wollte noch immer begreifen und einen Grund finden, weshalb sie keine andere Wahl hatte, als sich Wolflaw zu unterwerfen. »Er muss dich doch irgendwie in der Hand haben«, sagte ich.
    »Liebe«, sagte sie. »Ewige Liebe.«
    Offenbar bedeutete Liebe bei diesen Leuten, dass man nie sagen musste, irgendetwas tue einem leid.
    Darüber zu sprechen, was Wolflaw mit den angelockten Frauen tat, machte Victoria offenbar den Mund wässrig, denn sie spuckte mir mit aller Kraft besonders kräftig ins Gesicht. »In dieser Stunde noch wird der Fuß auf deinem Nacken sein!«, verkündete sie.
    Ich wischte mir mit dem schon feuchten T-Shirt-Fetzen das Gesicht ab. »Was für ein Fuß ist das denn?«
    »Der unhörbare, leise Fuß.«
    »Ach ja, genau der!« Ich würde ihr wohl nichts Nützliches mehr entlocken. Deshalb ballte ich den Fetzen zusammen und sagte: »Sei ein braves Mädchen und mach den Mund auf. Schön weit.«
    Sie presste die Lippen zusammen. Ich kniff ihr das kecke Näschen zu. Sie hielt den Atem an, bis sie schließlich doch Luft holen musste, und da stopfte ich ihr rasch den Knebel in den Mund.
    Ihre Aussprache war nun zwar nicht mehr ganz klar, aber ich glaube, sie bezeichnete mich als dämlichen Dicken. Dafür gab es nun schon gar keinen Grund, aber vielleicht sah sie nach den Schlägen an den Schädel doppelt.
    Anschließend versuchte sie, den Knebel mit der Zunge rauszuschieben, aber ich hielt ihr den Mund zu. Mit einigem Vergnügen.
    Ich griff nach dem letzten Stoffstreifen und band ihn um den unteren Teil ihres Gesichts, während sie vergeblich versuchte, mich zu beißen. Der Knoten kam an den Hinterkopf. Nun hatte sie keine Chance mehr, den Knebel auszuspucken.
    Als ich die Pistole ins Holster schob, war ich erleichtert, dass es nicht nötig gewesen war, sie zu verwenden. Eine Frau hatte ich schon erschossen, und obwohl die mörderische Pläne gehegt hatte, war das traumatisch genug gewesen, um mir für mein restliches Leben zu reichen.
    In einem ausgebrannten Indianerkasino habe ich einmal beobachtet, wie sich ein riesiger Puma von hinten an eine Frau anschlich, die sich wirklich nach Kräften bemühte, richtig böse zu sein. Sie hatte mich mit einer Pistole bedroht, und statt eine Kugel in die Eingeweide und eine zweite in den Kopf zu bekommen, hatte ich sie nicht gewarnt, worauf die große Katze sich auf sie stürzte wie ein hungriger Kiffer auf einen doppelten Cheeseburger. Mich so verhalten zu haben gefiel mir nicht besonders – eigentlich überhaupt nicht – , aber damit konnte ich irgendwie leichter leben als damit, den Abzug einer Waffe zu betätigen.
    An Füßen und Händen gefesselt, geknebelt und fest an ein Wasserrohr gebunden, schoss Victoria Mors aus ihren

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