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Schwarze Fluten - Roman

Schwarze Fluten - Roman

Titel: Schwarze Fluten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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und suchte nach festem Halt.
    Neben mir tauchten zwei Cowboystiefel aus rotschwarzem, geprägtem Leder auf. Hinter der Pranke, die sich mir hilfreich entgegenstreckte, sah ich einen muskelbepackten Arm, auf dem sich bis zum Bizeps kreischende Hyänen tummelten.

34
    Ich ergriff die Hand, die mir zweimal so groß wie meine eigene vorkam, und der tätowierte Koloss half mir auf die Beine. Gemeinsam stolperten wir zur Kuppe des steilen Hangs.
    Im Westen glitzerte das von der Sonne betupfte Meer wie ein Piratenschatz. Fast wären die zum Zubeißen gebleckten Zähne der monströsen Schweine das Letzte gewesen, was ich auf Erden sah.
    Die Narben auf dem Gesicht meines Retters waren so violett wie bei unserer ersten Begegnung, und die Zähne waren nicht weniger morsch und gelb, aber auf dem Fieberbläschen an der Oberlippe glänzte nun eine schützende Salbenschicht.
    »Odd Thomas!«, sagte er. »Kennst du mich noch?«
    »Kenneth Randolph Fitzgerald Mountbatten.«
    Er strahlte. Offenbar freute er sich, weil ich mich an seinen Namen erinnerte, als wäre der so unauffällig gewesen, dass man ihn sofort wieder vergessen hätte.
    Am Himmel segelte eine einsame Möwe, die sich weiter als gewöhnlich vom Ozean entfernt hatte. Sie schwang sich auf und nieder, als würde sie eine Symphonie dirigieren, die nur sie selbst hören konnte. Nachdem ich gerade erst dem Tod durch Schwein entkommen war, konnte ich die Freude des Vogels, am Leben zu sein, gut nachempfinden.
    »Danke, dass Sie mir dass Leben gerettet haben.«
    Kenny zuckte die Achseln und sah verlegen drein. »Hab ich doch eigentlich gar nicht.«
    »Doch, Sir, das haben Sie definitiv getan.«
    Er schlang sich den Gurt seines Sturmgewehrs über die Schulter und ließ den Blick in die Runde schweifen. »Tja, Waffen und Kämpfen liegen mir einfach, das ist alles«, sagte er. »Töten oder getötet werden – da gibt’s aus meiner Sicht nur eine einzige Option. Jeder von uns hat irgendeine Gabe. Was ist deine Gabe, Odd Thomas?«
    Ich steckte meine Pistole ins Holster, um zu beweisen, dass ich mir vorstellen konnte, ewige Freundschaft mit ihm zu schließen. »Grillen und Braten«, sagte ich. »Wenn ich eine Pfanne in der Hand habe, bin ich unschlagbar.«
    Sein Nacken war fast so dick wie sein Kopf. Selbst seine Ohren sahen so muskulös aus, als würde er jeden Morgen einohrlappige Liegestütze machen.
    »Ein Grillkoch«, sagte er. »Das ist gut. Essen braucht der Mensch mehr als alles andere.«
    »Na ja, vielleicht ebenso viel wie alles andere, aber nicht mehr.«
    Die Luft roch frisch. Sie war gemischt mit einer Spur Ozon, die manchmal fast verschwand, jedoch immer wiederkehrte. Aber sie war nie stark genug, als dass sie unangenehm gewesen wäre.
    »Ich hab im Gästeturm nachgeschaut«, sagte Kenny in entschuldigendem Ton. »Da wohnt momentan niemand.«
    »Halten Sie mich etwa schon wieder für eine Dumpfbacke, die man nicht durchs Tor hätte lassen sollen?«
    Er rollte die Augen und schüttelte den Kopf. »Das hab ich nicht so gemeint. Ich bin halt so. Ist meine Art, jemanden zu begrüßen.«
    »Ich sage normalerweise: Freut mich, Sie kennenzulernen.«
    »Jedenfalls«, sagte er, »hab ich’s inzwischen rausbekommen. Du bist tatsächlich ein Gast, aber hier, nicht dort, was mich nichts angeht, da mein Job dort, nicht hier ist, und da ich bloß selten hier bin und nicht mal weiß, wieso, wenn ich es bin.«
    »Offenbar seid ihr alle zur selben Schule gegangen«, sagte ich.
    »Was für ’ne Schule?«
    »Wo man lernt, so zu reden.«
    »Wie – so?«
    »So verwirrend.«
    Kenny zuckte die Achseln. »Ich mein ja nur.«
    »Sir, ich muss das Gartenmobil wiederfinden.«
    »Das elektrische Dingsbums, mit dem du durch die Gegend gegondelt bist?«
    »Genau das.«
    »Ich hab dich gesehen und mir gleich gesagt: Dieser bekloppte kleine Scheißer wird bestimmt ’nem Haufen Keiler vor die Hufe laufen, und das ist ja auch passiert.«
    »Ich dachte, man nennt sie Biester.«
    »Schon möglich, dass man die hier Biester nennt, aber wir sagen Keiler. Was mich angeht, so sag ich immer Keiler, hier und dort, ganz egal.«
    »Konsequenz ist eine gute Eigenschaft.«
    »Schon möglich«, sagte Kenny. »Jedenfalls hab ich das Ding gefunden, als die drei Dreckskerle gerade hinter dir hergerannt sind. Ich kann dir zeigen, wo es steht.«
    »Das wäre toll, Sir. Der Akku ist zwar leer, aber auf dem Vordersitz liegt etwas, das ich unbedingt brauche.«
    »Na, dann mal los«, sagte er und schritt die Anhöhe

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