Schwarze Heimkehr
Monitor besagten, daß riesige Geldsummen aus den Vereinigten Staaten an verschiedene Orte in Lateinamerika flossen. Croaker machte verwirrende Entdeckung: Zu den Kapitalbewegungen existierten nur Zielcodes. Was die Bürokratie anging, nahm man es im Justizministerium eigentlich ziemlich genau. Bei allen Anforderungen und Bewilligungen von Weisungen waren ein Herkunfts- und ein Zielcode erforderlich, damit man die fürchterlichen Drachen in der Finanz- und Buchhaltungsabteilung bedienen konnte, die daran gewöhnt waren, einen mit ihrer Pfennigfuchserei zum Wahnsinn zu treiben. Bei diesen ACTF-Kapitalbewegungen gab es keinen Herkunftscode.
Das konnte nur besagen, daß es sich um eine mit schwarzen Geldern finanzierte Operation handelte. Der Ausdruck »Schwarzfinanzierung« bedeutete, wie Croaker während seiner Arbeit für die ACTF gelernt hatte, daß eine Operation ohne die Zustimmung und sogar ohne das Wissen des Kongresses finanziert wurde. Offiziell existierte sie überhaupt nicht. Die Politiker hielten Schwarzfinanzierungen für ihre Machtinteressen für erforderlich, ja sogar für lebenswichtig, um verdeckte Operationen oder ganze Abteilungen finanzieren zu können, auch wenn die angewandten Methoden einer Überprüfung in Washington nie standgehalten hätten.
Die maßgeblichen Leute bei schwarzfinanzierten Operationen benutzten in ihren Dossiers - im Computernetz oder in Ausdrucken - immer Tarnnamen. Diese Pseudonyme hatten oft geheime Bedeutungen, die nur jenen bekannt waren, die den Namen ausgewählt hatten. Hier wurde der Name ›Sero‹ genannt.
Croaker erinnerte sich mit einem Gefühl wachsenden Entsetzens daran, was Estrella Leyes ihm über das besondere Verhältnis zwischen Bennie und seinem Großvater erzählt hatte.
Humaitá
hatte einen Geheimnamen für Bennie, den er immer benutzte, wenn sie zusammen waren. Er nannte ihn Sero. Sero, der Berg.
Angesichts dieses schrecklichen Geheimnisses wurde Croaker schwindlig. Konnte es wahr sein? War es möglich, daß Bennie fürs FBI arbeitete? Äußerte er sich deshalb nur so geheimnisvoll und vage über seine Geschäfte?
Und worin bestanden Seros Aktivitäten?
Croaker sah, daß sich die Indizien auf dem Computermonitor häuften. Es wurden nicht nur Geldsummen, sondern auch Waffen verschoben. In ganz Lateinamerika wurden taktische Kommandostrukturen und ein strategisches Netz von ACTF-Mitarbeitem aufgebaut. Das Ganze war von Sero abgesegnet, der die Aktivitäten auch leitete.
Von Bennie?
Was zum Teufel hatte er vor? Wann immer Croaker einen neuen Zielcode überprüfte, fand er neue Beweise über dieses hochgradig feine und sorgfältig geplante Netzwerk. Das ging sogar so weit, daß er an einem bestimmten Punkt begriff, daß er es offenbar mit den Vorbereitungen für die Endphase einer Operation zu tun hatte. Was zum Teufel passierte da unten? Was den Aufbau eines Agentennetzes und die Waffenlieferungen betraf, schien es, als braute sich ein heißer Krieg zusammen. Die Entwicklung schien so weit fortgeschritten zu sein, daß die Situation jeden Augenblick explodieren konnte.
Dann war Croaker am Ende der Datei angelangt. Die Daten waren so verdorben, daß alle seine Versuche fehlschlugen, sie auf die Festplatte zu kopieren. Es gab Beweise, daß Sero der Boß von Juan Garcia Barbacena war. Barbacena war sein Top-Agent und sein Informant vor Ort.
Der Schmerz über Bennies Betrug war so schlimm, daß Croaker fast zusammengebrochen wäre. Jetzt wußte er warum der geheime mitternächtliche Bootstrip für Bennie so wichtig war. Er mußte Barbacena treffen und eine Form der Beförderung finden, die absolut sicher war. Was lag näher, als sich für ein privates Charterboot zu entscheiden dessen Skipper ein Freund war? Und so wußten nur zwei Menschen über die Modalitäten Bescheid, bevor er Barbacena informierte: Bennie und Croaker.
Seine Freundschaft zu Bennie war also auf einen einzigen Zweck zusammengeschrumpft - Barbacena ins Land zu schleusen, ohne daß die Sicherheitskräfte etwas davon mitbekamen.
Croaker machte weiter und schaffte es, zwei unvollständige Rechnungen zu retten, die ihm Details über Schiffstransporte verrieten, deren Fracht als Medikamentenlieferung deklariert war. Aber dann sah er eine sechstellige Zahl, die für den Ort stand, wo die Fracht - die angeblichen Medikamente - geladen worden war, und das Blut gefror ihm in den Adern. Er kannte den Code von seiner Arbeit für die ACTF. Es handelte sich um das Waffenarsenal des FBIs in
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