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Schwarze Heimkehr

Schwarze Heimkehr

Titel: Schwarze Heimkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric van Lustbader
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Süden.
    Sie waren ganz allein auf der Straße und jagten durch die unruhige Großstadtnacht.
    Der Gestank der Stadt, die nach heißem, rußigem Beton, Benzinabgasen und abgenutzten Gummireifen roch, vermischte sich mit einem anderen Geruch - dem des Wassers, das sich träge wie Schlamm bewegte.
    Sie näherten sich dem Miami River. Croaker hatte langsam Gefallen an dem Spiel gefunden.
    Der Fahrer des BMWs erkannte seine Schritte und reagierte darauf, und Croaker reagierte auf seine Gegenzüge. So hatte sich eine Art unsichtbarer Verbindung zwischen ihnen ergeben. Sie hatten wie Gegner, die mit dem Messer fuchtelten und durch ein kurzes Seil miteinander verbunden waren, die Stadt durchquert, und keiner von ihnen hatte Boden verloren oder gewonnen. Die Arena war immer noch der Abstand zwischen dem Thunderbird und dem BMW.
    Doch das sollte sich jetzt ändern.
    Croaker sah etwas Großes und Klotziges über sich aufragen, das zum Teil aus massiven Stahlträgern, zum Teil aus Beton bestand. Im Zwielicht der Straßenlaternen wirkte das Monstrum wie das Skelett eines Dinosauriers, der sich von seinem pechschwarzen Totenbett erhob - die neue Brickell Avenue Bridge. Er fuhr darauf zu.
    An der Brücke wurde bereits seit über einem Jahr gebaut, und der Unterbau aus Beton war erst halb fertiggestellt. Der Rest des Gerüstes bestand aus nackten Stahlträgern. Die Zufahrtsstraße war gesperrt und mit hölzernen Prellböcken verbarrikadiert. Reihen von blinkenden bernsteinfarbenen Lichtern und eine mobile, elektronische Anzeige verkündeten:
    STRASSE GESCHLOSSEN. GEFAHR
    Natürlich.
    Während Croaker sich näherte, sah er die Silhouette von Kränen und Bulldozern, etliche Rohrnetze aus Stahl, Holzgerüste und Zementsäcke. Er fuhr direkt auf die noch nicht fertiggestellte Brücke zu. Dort, im dichten Dunkel wollte er den Fahrer des BMWs attackieren. Wenn er nicht vorher mit Höchstgeschwindigkeit in den Fluß stürzte.
    Er schaltete die Scheinwerfer aus, riß das Steuer hart nach links und steuerte den Thunderbird in eine Straße auf der noch Stunden zuvor starker Gegenverkehr geherrscht hatte. Er beschleunigte den Wagen mit quietschenden Reifen und mobilisierte die unter der Kühlerhaube verborgenen Pferdestärken, um die Barrieren mit einem einzigen Energieschub zu durchbrechen und auf der noch im Bau befindlichen Brücke zu landen.
    Croaker hatte seinen Verfolger mit den Scheinwerfern geködert. Er hatte sich in der Schattenzone verborgen, damit der Fahrer des BMWs gezwungen war, sich auf das Scheinwerferlicht zu konzentrieren, wenn er Croaker folgen wollte. Als er sich gerade an die Lichter seiner Scheinwerfer gewöhnt hatte, hatte Croaker sie abgeschaltet.
    Er steuerte den Thunderbird mit der Konzentration eines Akrobaten, der über ein Hochseil balanciert, über die unfertige Brücke. Unter seinen Reifen waren blanke Eisenschienen. Wenn sich ein Reifen des Thunderbirds in den Lücken, die dazwischen klafften, verfangen hätte, wäre er sofort außer Gefecht gesetzt gewesen.
    Croaker nahm den Fuß vom Gaspedal. Der Thunderbird glitt wie eine Lokomotive über die Eisenträger der Brücke. Dann trat Croaker auf die Bremse.
    Das gelbe Flackern der Warnlichter beleuchtete die Umgebung mit den rhythmischen Explosionen eines Feuerwerks. Er stieg aus dem Wagen, fand eine Lücke zwischen den Prellböcken und verschwand auf der dunklen Baustelle. Er sah etwas Metallisches glitzern. Zu beiden Seiten waren Rohre und Stahlträger gestapelt. Sie wurden durch dunkle Schatten gestreift, die von einer behelfsmäßigen Rampe aus Brettern und Sperrholzplatten geworfen wurden, welche sich direkt links von ihm befand. Durch die Zwischenräume sah man die bernsteinfarbenen Warnlichter wie gigantische Juwelen blinken. Unter seinen Füßen war ein anderes metallisches Glitzern. Wasser rann in dunklen Rinnsalen durch den unteren Rohbau der Brücke.
    Aus westlicher Richtung hörte er das Dröhnen eines Automotors, das sich mit dem unaufhörlichen Summen des Verkehrs auf der I-95 vermischte. Aber er war weit von diesem Geräusch entfernt, das dem eines Bienenkorbs ähnelte, und befand sich an einem düsteren und gefährlichen Ort. Es wurde ihm bewußt, daß der Job, den er hier zu erledigen hatte, mit dem Verkehrsstrom so wenig zu tun hatte wie mit den großen Schiffen, die in den nahegelegenen Inselhäfen vertäut waren. Er war allein in der Nacht und von allen und jedem so abgeschnitten wie auf der Captain Sumo, wenn er sie Meilen vom Strand entfernt

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