Schwarze Heimkehr
Leute, die Ihnen gestattet haben, das DICTRIB zu übernehmen, wissen nicht, was sie vorhaben. Sie würden einem heißen Krieg zwischen zwei Abteilungen nie zustimmen.«
»Unsere Leute haben Kabinettsrang«, sagte Darling. »Sie würden zustimmen, und sie haben es bereits getan.«
»Aber warum?«
»Lateinamerika, Kumpel. Da wird das nächste Wirtschaftswunder wie ein Raumschiff abheben, allerdings mit dem Unterschied, daß es diesmal auf der anderen Seite des Pazifiks stattfindet. Und zwar direkt vor unserer Haustür, weil Mexiko der Schlüssel für ganz Lateinamerika ist. Und das Profitpotential ist einfach atemberaubend.« Darling blickte Croaker an. »Die Situation sieht so aus: Gunn hat sich in diese Sache verrannt. Sogar seine eigenen Leute wissen das. Aber sie sind entweder zu gierig oder haben zuviel Angst, um ihm die Flügel zu stutzen. Und hier kommt Dicktribe ins Spiel. Wir drängen uns dazwischen, übernehmen Gunns Spiel und bringen es unter unsere Kontrolle.«
»Das heißt, sie schleusen Ihre eigenen Leute in die entsprechenden Positionen«, sagte Croaker.
»Besser unsere als Gunns, Kumpel. Glauben Sie's mir.«
»Aber zuerst muß Barbacena aus dem Verkehr gezogen werden.«
Darling nickte. »Durch seine unbezahlbaren Kontakte südlich der Grenze ist er die Schlüsselfigur. Ohne ihn ist Gunns Plan wertlos.« Er schwieg angespannt und schien die ganze Umgebung auf einmal in sich aufzunehmen. »Der Name des Spiels heißt Kontrolle«‚ sagte er. »Und es gibt nur eine Regel: Wer am meisten Kontrolle ausübt, streicht alle Profite ein. Glauben sie mir, heutzutage geht es nur um den Profit. Besonders für die Politiker. Für die ist das alles eine völlig neue Welt, und was sie da sehen, gefällt ihnen überhaupt nicht. Sie werden allmählich ängstlich. Die Leute wechseln sie schneller als die Fernsehsender. Dies ist die Zeit der Unabhängigen, und das macht alle nervös. Glauben Sie, daß es dem Parlamentsvorsitzenden oder dem Oppositionsführer gefällt, wenn die Leute mitten in ihrer Rede zu zappeln beginnen? Verdammt unwahrscheinlich.«
»Okay, das ist klar. Aber was hat Gunn mit Barbacena vor?«
Darling erstarrte, und jetzt konnte auch Croaker sie hören - unter das Dröhnen des Kompressors hatten sich unregelmäßige und sprunghafte Geräusche gemischt: Gunns Leute, die ihn suchten.
Croaker wußte, daß die Verfolger in der Nähe waren. Drei bewaffnete Männer. Drei blinde Mäuse. Ein weiteres Geräusch hinter ihnen veranlaßte Croaker, sich umzudrehen. Also waren sie doch nicht blind. Sie hatten eine Falle aufgestellt und näherten sich von vorn und von hinten. Croaker begriff, warum sie so viel Krach machten. Das war der Grundgedanke der Jagd: sie waren die »Treiber«, die ihre Beute in den Tod trieben.
»Sie müssen mit Infrarotdetektoren ausgerüstet sein«‚ flüsterte er Darling ins Ohr. Der andere nickte. Mit Infrarotdetektoren konnte man die Körperwärme eines Menschen lokalisieren. Selbst die absolute Dunkelheit würde sie nicht schützen.
»Verhalten sie sich ruhig«, entgegnete Darling. »Es gibt hier genug Metall und Beton, um die Strahlen abzulenken.«
Doch bevor Darling eine Chance hatte, ihn aufzuhalten, rutschte Croaker durch den Lüftungsschacht auf ein großes abnehmbares Gitter zu. Während er durch das Gitter spähte, sah er an der Betonwand eine Leiter, die in den Keller hinabführte. Dort wurde die Dunkelheit durch ein paar altmodische Notlichter mit gelblichen Glühbirnen gemildert, die angegangen waren, als sie die Elektrizitätsleitung durchtrennt hatten. Ihr schwaches Glühen erstreckte sich in kleinen Kreisen über die nackten, blauschimmeligen Betonwände. Es spielte keine Rolle, was Darling dachte. Croaker wäre verloren gewesen, wenn er sich in einem engen Raum hätte fangen lassen, wo er keinerlei Bewegungsfreiheit hatte. Er zog die 38er aus der Tasche und lud sie mit den Dark-Star-Geschossen.
Dann schob er das Metallgitter zur Seite und ließ sich durch die Öffnung hinabgleiten. Es roch unangenehm und modrig, und die Sprossen der Leiter waren vom Rost und dem öligen Dreck, der sich über wer weiß wie viele Jahre angesammelt hatte, verdreckt. Er hatte etwas weniger als die Hälfte der Strecke nach unten zurückgelegt, als eine Sprosse unter seinem linken Fuß nachgab. Er rutschte ab und prallte dann wieder gegen die Metalleiter. Die Rückseite seiner rechten Hand krachte gegen eine Sprosse, und die Pistole entglitt ihm. Sie landete auf dem steinharten
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