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Schwarze Heimkehr

Schwarze Heimkehr

Titel: Schwarze Heimkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric van Lustbader
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Schälmesser und begann geschickt die Haut einer Zitrone in dünnen Streifen abzutrennen. »Also, es geht darum Diese Symbole ….« Er biß sich auf der Unterlippe herum. »Diese Symbole sind praktisch die Grundpfeiler der Gedankenwelt meines Großvaters.« Die Narben in Bennies Gesicht erschienen in diesem Licht bläulich. »Damit meine ich, daß sie für seinen Glauben und seine Zauberkräfte zentral waren, die Zauberkräfte‚ die er den Bonitas vermittelte.« Einen unendlichen Augenblick lang herrschte in dem großen Haus Schweigen. Das Zischen der Espressomaschine weckte sie wieder auf.
    »Die Bonitas waren Schüler deines Großvaters?« fragte Croaker.
    Bennie nickte unglücklich, während er die kleinen Espressotassen holte und in beide eine Zitronenscheibe fallen ließ. »Er hat sie in die Kunst der Guarani-Heilkunde eingeweiht, die den Eingeborenen meines Heimatlandes vertraut ist. Die Guarani nennen sie
Hetá I
, was frei übersetzt ›Viele Wasser‹ heißt.« Bennies Augen waren weit aufgerissen und starr, als hätte sich seine Perspektive von einer abgeschlossenen Vergangenheit in eine unergründliche Zukunft erweitert. »Aber was sie getan haben, Lewis, war unverzeihlich. Sie haben die Kunst der Heilkunde in ihrem Wahnsinn pervertiert und sie zu einer furchtbaren, bösartigen Macht gemacht.«
    Croaker dachte über diese erschütternde Neuigkeit nach und erkannte, daß sich ein weitreichendes Netz zu bilden begann. Bennie schenkte Espresso ein. »Was bedeuten diese Symbole?« fragte Croaker.
    »Man kann Macht durch sie ansammeln. Jedes Symbol steht für eine der vier Himmelsrichtungen. Wenn man sie alle vier zusammen hat, werden die Geister angerufen, und es ergibt sich eine Verbindung der Macht.«
    Croaker nahm die Espressotasse entgegen. »Aber in Sonias Kühlschrank haben wir nur zwei Symbole gefunden.«
    Bennie nickte. »Das dritte ist ein Kreuz innerhalb von drei konzentrischen Kreisen, das vierte der Umriß eines menschlichen Auges mit zwei Pupillen.« Er hob die Tasse hoch, trank aber nicht. »Jeder, der initiiert wird, wählt ein Symbol für sich aus. Das Auge mit der doppelten Pupille war das Symbol meines Großvaters.«
    Croaker spürte, wie ihm ein kleiner Schauer über das Rückgrat kroch, und er erzählte Bennie, daß er dieses Symbol in seiner Vision und in seinem Traum gesehen hatte.
    Bennie stellte seine Tasse langsam ab und verließ die Küche. Croaker folgte ihm neugierig. Bennie öffnete eine Schiebetür und trat auf die seitliche Veranda hinaus. Als Croaker neben ihm stand, sah er, daß sein Freund bleich geworden war. »Alles in Ordnung, Bennie?«
    Bennie schien lange darüber nachzudenken. »Um aufrichtig zu sein, Lewis, bin ich mir da nicht ganz sicher«, antwortete er endlich. Er klammerte sich ans Geländer und starrte auf die Reflexionen der Lichter, die wie elektrische Aale im Wasser schwammen. »Als mein Großvater starb, hat es zehn Tage lang ohne Unterbrechung geregnet. Ich war fünfzehn Jahre alt und kann mich daran erinnern, daß ich in dem Regen saß, der sehr kalt war. Mein Großvater starb am kältesten Wintertag. Er wurde von Fischern aus dem Paraguay River gezogen, an dem er lebte. Er war damals schon sehr alt, über neunzig, und alle behaupteten, daß erin der Dunkelheit das Gleichgewicht verloren habe, gefallen und mit dem Kopf auf den Steinen aufgeschlagen sei. Ich habe nie daran geglaubt. Mein Großvater war so sicher auf den Füßen, daß er Fische mit ihnen fangen konnte. Ich habe es oft beobachtet und immer darüber gelacht.«
    Bennies Arme glichen Stahlträgern, als er sich auf das Geländer stützte. Das Blut war immer noch nicht in seine Wangen zurückgekehrt. »Wie dem auch sei, weil mein Großvater ein Heilkundiger war, mußte er verbrannt werden. Wir errichteten einen Scheiterhaufen für die Bestattung und legten ihn darauf. Dann haben wir sein Lieblingspferd geschlachtet, das Fleisch gekocht und es zu seinen Ehren gegessen, während der Scheiterhaufen brannte. Das Holz brannte trotz des Regens, und alle sagten, daß das ein Wunder sei.«
    Bennie senkte den Kopf. Seine Brust war geschwollen, als würde er an einem Asthmaanfall leiden. Croaker hörte die Grillen und die Laubfrösche wie aus weiter Ferne. »Ich saß in einem Baum«, sagte Bennie, »und beobachtete, wie sein Körper verbrannte. Mein Großvater hat mir immer erzählt, daß er zum Teil ein Tier sei. Als ich ihn mal fragte, was für ein Tier genau, lächelte er und sagte: ›Beobachte mich,

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