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Schwarze Küsse

Schwarze Küsse

Titel: Schwarze Küsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joaquín Guerrero-Casasola
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trotzigen Blick zu und ließ sich auf den Boden fallen, wo er wie ein Gummiball sofort wieder auf die Füße sprang.
    »Ich möchte mit Benjamín reden«, sagte ich.
    »Soll er ihn halt befragen«, ordnete Carcaño an.
    Wintilo warf mir einen vorwurfsvollen Blick zu.
    Auch der Teniente sah mich an, musterte mich von Kopf bis Fuß und sagte zu Wintilo, er solle mit mir Anzüge, Hemden und Krawatten kaufen gehen.
    »Hast du schon ein Spezialaufgaben-Handy bekommen?«
    »Ich gebe es ihm gleich heute«, beeilte sich Wintilo zu versichern.
    »Dann wäre das geklärt«, sagte Carcaño und beendete das Gespräch, indem er sich vom Tisch erhob.
    »Wie läuft die Sache mit meinem Vater?«, fragte ich.
    Wie ein Peitschenhieb zuckte Wut durch Carcaños Blick.
    »Wir sind an der Sache dran …«
    Auf einmal hasste ich Carcaño ebenso sehr wie die Reste seines Hamburgers, die auf dem Tisch vor sich hingammelten.
    Eine Frau, deren Gesichtsausdruck an ein Radiomelodram erinnerte, näherte sich.
    »Meine Frau«, stellte Carcaño sie vor.
    Wintilo und ich grüßten höflich und machten, dass wir davonkamen.

 
     
     
     
     
     
    I m Auto warf mir Wintilo vor, ihn vor seinem Chef bloßgestellt zu haben. »Wir machen einen Deal«, schlug ich vor. »Sobald Carcaño mir meinen Vater zurückgebracht hat, hast du deinen Scheißjob wieder für dich alleine.«
    »Huiuiui, pass bloß auf, was du da von dir gibst! Erstens: Warum sagst du, wenn der Teniente mir meinen Vater zurückbringt? Hat er ihn dir etwa weggenommen, du kleiner Wichser?«
    »War nur so dahergesagt …«
    »Dahergesagt, dass ich nicht lache! Der Teniente und ich helfen dir. Wir sind nicht verpflichtet dazu, deinen Vater zu finden, dass das klar ist! Wir sind weder die Heiligen Drei Könige noch eine alberne Fernsehsendung und auch nicht die Anti-Entführungseinheit. Wir tun es, weil wir eine gute Erziehung genossen haben. Du stehst in unserer Schuld, du Arsch, ich hoffe, das ist dir klar, sonst kommen wir nicht weit. Und noch etwas: Frag mich, bevor du den Mund aufmachst. Warum bist du mit dieser Scheiße herausgeplatzt, dass du den Hotelmanager befragen willst? Hättest du mir das nicht unter vier Augen sagen können? Wo zur Hölle soll ich den Drecksack denn jetzt herzaubern?«
    »Wieso? Hattest du nicht gesagt, ihr hättet ihn auf dem Revier?«
    »Was hätte ich sonst sagen sollen? Ist dir eigentlich klar, was du mir da eingebrockt hast? Das tut echt weh, Alter, dass du mich so verraten hast. Du weißt gar nicht, wie weh das tut.«
    »Wo ist Benjamín?«
    »Abgehauen! Das Vögelchen ist davongeflattert, auf und davon! Kein Hosenscheißer mehr da!«
    »Warum? Er hat doch gar nichts getan.«
    »Du verdammter Vollidiot! Von deiner Naivität krieg ich noch in der Arschritze Gänsehaut! Wir haben ihm die Nase zertrümmert, erinnerst du dich? Und dann hat ihn ein Auto angefahren, weil er aus dem Hotel gerannt ist. Wir haben seine Eier unter Strom gesetzt, ihn mit dem Kopf ins Klo getaucht, ihm die Fingernägel mit der Zange gezogen. Wir haben seiner Mutter in seinem Beisein gesteckt, dass wir uns gegenseitig einen runterholen, haben ihn gezwungen, ihr zu sagen, dass er uns den Schwanz lutscht … Glaubst du, der will mehr?«
    »Du hast es versaut, du elender Dreckskerl …«
    »Wie hast du mich genannt? Weißt du was? Halt an!« Er zeigte auf eine Straße. »Halt dort an, du kleiner Stricher!«
    Ich fuhr weiter.
    »Du sollst anhalten, habe ich gesagt!«
    »Warum?«
    »Damit wir uns prügeln. Ist deine Waffe geladen?«
    Ich verneinte.
    »Hast du Angst vor mir, du Schwuchtel?«
    Dass er es wirklich ernst meinte, hatte mir gerade noch gefehlt. Dass wir aus dem Auto stiegen und uns gegenseitig die Köpfe einschlugen. Ohne Roberto, ohne Benjamín Sánchez, ohne meinen Vater. Und ohne gegessen zu haben, denn wir hatten ja nicht einmal Zeit gehabt, uns einen von diesen doppelten Hamburgern zu bestellen. Aber drücken konnte ich mich nicht, das war eine Frage des Territoriums. Ich musste ihm klarmachen, dass ich die Dinge auf meine Weise anpacken würde. Also hielt ich an und öffnete die Tür.
    Wintilo brach in schallendes Gelächter aus und fragte:
    »Wie kommst du auf die Idee, dass ich meinem besten Freund die Fresse polieren würde?«
    Ich fuhr weiter, ohne ihm zu sagen wohin. Dabei versuchte ich, diesen Typen zu verstehen, den ich seit der Kindheit kannte und der gleichzeitig ein vollkommen Fremder für mich war. Als Junge hatte er sich hinter seinen Gewaltausbrüchen

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