Schwarze Küsse
sollte.
»Wir rufen wieder an. Aber sag diesen Nervensägen von Spezialaufgaben, dass sie aufhören sollen, in der Scheiße herumzurühren, sonst ist dein Vater Geschichte. Die Sache bleibt zwischen dir und mir.«
Damit war das Gespräch beendet.
E s will mir einfach nicht in den Kopf, dass Sie dem Klischee des notgeilen Pfarrers aus den Pfarrerwitzen entsprechen«, sagte ich mit leiser, aber deutlicher Stimme. »Sagen Sie mir, wenn ich mich irre. Könnte man über Sie und Ihr Verhalten Witze reißen?«
Ich bekam keine Antwort. Die dunklen Wände des Beichtstuhls rochen nach altem Holz.
»Haben Sie gehört, was ich gerade gesagt habe, Pater Pila?«
»Was hast du mir zu beichten?«, fragte er mit gepresster Stimme.
»Nichts, denn ich habe keine Sünden. Ich esse sie alle auf, schlucke sie Tag für Tag hinunter. Wissen Sie, wie Sünden schmecken, Pater Pila? Bitter, salzig und sauer, aber man hat das Gefühl, dass alles wieder gut wird, wenn man sie hinunterschluckt. Ich behaupte nicht, dass Sünden eine gute Ernährung sind, verstehen Sie mich nicht falsch. Man isst sie allein mit der Absicht, sie wieder auszuscheißen. Und jetzt erzählen Sie mir von Roberto. Erzählen Sie mir davon, wie Sie ihm den Schwanz reingesteckt haben. Ich drücke mich deshalb so explizit aus, damit wir dieses Thema schnell hinter uns bringen und Sie mir verraten, wo er sich aufhält.«
Als Antwort vernahm ich ein jähes Geräusch und hastige Schritte. Ich verließ den Beichtstuhl und sah den Pater den Mittelgang der Kirche entlanghasten, wobei ihn die Soutane am Rennen hinderte. Ich nahm die Verfolgung auf. In der Nähe der Tür saßen einige Gemeindemitglieder und sahen uns nach.
Draußen hielt der Pater ein Taxi an, aber ich erreichte ihn noch rechtzeitig und packte ihn beim Arm, bevor er einsteigen konnte.
»Jetzt machen Sie keine Dummheiten und kommen Sie mit!«
Wir gingen zu seinem Auto, wo ich ankündigte, dass wir zu ihm nach Hause fahren würden. Als er endlich aufgehört hatte zu zittern, begann er sich zu rechtfertigen: »Ich war jung damals, und krank. Aber ich habe mich geändert.«
»Wo ist Roberto?«
»Ich habe ihn aus den Augen verloren. Das schwöre ich dir, mein Sohn.«
»Ich bin nicht Ihr verdammter Sohn. Fahren wir zu Ihnen und genehmigen wir uns einen der guten Weine, die Sie sicher in Ihrer persönlichen Hausbar haben. Und während wir uns dann besser kennenlernen, entspannen Sie sich und strengen Ihr Gedächtnis an …«
»Ich schwöre dir, dass …«
Ich verpasste ihm eine jähe Ohrfeige, die ein wenig zu heftig geriet. Wir stiegen ins Auto. Ein schickes Auto mit Ledersitzen. Als ich mir den Rückspiegel einstellte, wurde mir bewusst, dass Teresa vollkommen recht hatte: Mein Gesicht war das eines Monsters.
Paulo Pila wohnte in einem eleganten alten Haus im Stadtviertel Condesa. Sein geschmackvoll eingerichtetes Wohnzimmer erweckte in mir den Wunsch, ohne allzu große Gewaltanwendung zusammen mit ihm Wein zu trinken. Er schenkte zwei Gläser ein, und ich fragte, ob es Cabernet Sauvignon sei. Tempranillo, antwortete er. Der Name gefiel mir, er hätte gut zu einem Pferd gepasst.
»Glauben Sie an die Hölle, Pater?«
Die Antwort kostete ihn sichtlich Mühe.
»Meinst du, ob sie existiert, oder ob ich glaube, dass sie existiert?«
»Was ist der Unterschied?«
»Ich kann glauben oder nicht glauben, das ändert die Dinge nicht.«
»Und glauben Sie?«
»Manchmal ja, manchmal nein.«
»Warum zweifeln Sie, wo Sie doch Priester sind?«
»Aber ich bin gleichzeitig ein Mensch.«
»Sie zweifeln also …«
»Ich zweifle, aber sie existiert trotzdem.«
»Wie können Sie sich da so sicher sein?«
»Weil ich glaube.«
»Und ich glaube, dass Sie sich über mich lustig machen.«
»Das sind ernsthafte theosophische Fragen.«
»Dass wir hier nicht über Gastronomie reden, war mir klar. Glauben Sie, dass die Bösen in die Hölle kommen?«
»Einfach ausgedrückt ja, dorthin kommen die Bösen.«
»Ein Fegefeuer, in dem die armen Sünder von Dämonen gepiesackt werden?«
»Vielleicht ja, vielleicht aber auch ganz anders. Jedenfalls etwas, das dem Geist Schmerzen zufügt.«
Ich schenkte ihm Wein nach. Dann zog ich meine 45er aus der Tasche und legte sie auf den Tisch. Der Pater blinzelte.
»Wer sind die Bösen, Pater?«
»Das ist schwierig zu erklären«, stammelte er.
»Sie scheinen generell Schwierigkeiten zu haben, die Dinge zu erklären.«
»Ich schwöre dir, das ist schon sehr
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