Schwarze Küsse
sich nicht etwa bei mir, sondern schlug den gleichen tadelnden Tonfall an wie Wintilo. Allerdings legte er mir nahe, die Angelegenheit schnellstmöglich zu vergessen und nach vorne zu schauen. Um mich in die Enge zu treiben, erwähnte er meinen Vater.
»Willst du ihn doch nicht zurückhaben? Dann sag es mir jetzt, bevor ich Geld investiere und meine Leute mobilisiere. Suchen wir weiter nach ihm oder erklären wir ihn für tot?«
Ich schwieg.
»Gib mir Wintilo.«
»Verstehe, hmm … ja«, sagte Wintilo, während ich in den Spiegel spähte und entdeckte, dass meine Visage auf die Größe eines Elefantenarschs angeschwollen war. »Ja, Chef, natürlich, hmm. Ich versuche ja schon, ihm das verständlich zu machen. Natürlich, das sehe ich genauso, die neuen Kleider, sein Vater … Gerechtigkeit. Selbstverständlich, Teniente. Machen Sie sich keine Sorgen. Alles wird so laufen, wie Sie es sich vorgestellt haben … Eins nach dem anderen, ja, eins nach dem anderen.«
Wintilo ging wieder zum Kühlschrank, brachte ein weiteres kaltes Bier mit und gab es mir. Ich hielt es mir an die Stirn.
Er beendete sein Gespräch mit Carcaño und setzte sich neben mich.
»Du hast echt Nerven, Alter. Der Chef beschleunigt tatsächlich die Sache mit deinem Vater. Andererseits kommen ihm langsam Zweifel, ob man dir trauen kann. Es interessiert dich vermutlich nicht, aber du hast mich in eine heikle Lage gebracht. Bis jetzt hast du nichts anderes getan, als dich zu beschweren, und das, ohne den blassesten Schimmer zu haben, wo Roberto sein könnte. So hat es Carcaño jedenfalls gerade ausgedrückt. Aber er hat auch von deinem Vater geredet … Willst du wissen, was er über deinen Vater gesagt hat?«
Ich antwortete nicht.
»Er glaubt, dass er lebt. Er hat Spuren gefunden, aber darüber kann er noch nicht mit dir sprechen.«
»Was für Spuren?«
»Mehr kann ich dir nicht sagen.«
Mit diesem Satz steckte er die Hand in die Hemdtasche und zog ein Notizbuch und einen abgekauten Stift hervor. Er notierte etwas auf einem Blatt, riss es ab und legte es aufs Sofa.
»Er heißt Paulo Pila und war der Erste, der Roberto Trost und Wärme spendete. Wir glauben nicht, dass er viel weiß, weil das schon viele Jahre her ist, aber vielleicht hast du ja Glück.«
Er gab mir einen Klaps aufs Bein und fügte hinzu: »Vermassle es nicht noch einmal, Gil. Das Leben deines Vaters hängt von dir ab. Das gebe ich dir gerne schriftlich.«
Dann ging er.
Ich nahm das Blatt Papier in die Hand und las Name und Anschrift von Paulo Pila. Anschließend knüllte ich es zusammen, steckte es in den Mund und spuckte es weit weg.
Ich ging ins Bad und holte eine Dosis Morphium aus der Hausapotheke. Als ich mir gerade die Nadel in den Arm jagen wollte, klingelte es an der Tür und mir fiel die Spritze auf den Boden. Weil ich nicht die Kraft hatte, mich zu bücken, kickte ich sie mit dem Fuß hinters Klosett.
Wie der bucklige Assistent von Doktor Frankenstein humpelte ich zur Tür. Dahinter erwarteten mich ein schüchternes Lächeln und zwei Hände, die eine graue Katze hielten, die mindestens genau so zerlumpt aussah wie ich.
Es war Teresa Sábato. Wie die Katze hieß, weiß ich nicht, sie hatte noch keinen Namen.
I ch wünschte, ich würde jeden Tag eine Tracht Prügel beziehen«, sagte ich zu Teresa Sábato, während sie mit ihren Fingern auf den Verletzungen in meinem Gesicht eine Salbe verstrich, die nach milden, mentholhaltigen Kräutern roch. Sie lächelte, blieb aber stumm. Ich stellte eine dumme Frage: »Studierst du oder arbeitest du?«
Ihr Lächeln wurde breiter.
»Warum holst du deine Sachen nicht hierher? Dann brauchst du nicht immer so viel Geld fürs Taxi auszugeben.«
Ihre Hände hielten auf meinem Nasenrücken inne.
»Bring alles mit, auch den Kleinen.«
Ich fügte hinzu, dass die Worte aus meinem Herzen sprachen, auch wenn ich es vielleicht nicht am richtigen Fleck hatte. Aber Teresa antwortete nicht. Sie zog ihre Hände zurück und fragte: »Wie willst du ihn nennen?«
Sie meinte den Kater.
»Wo hast du ihn denn gefunden?«
»Unter einer Nobelkarosse.«
»Dann nenne ich ihn Butler …«
»Dafür sieht er viel zu gut aus.«
»Oder meinetwegen Rhett Butler.«
»Der ist vielleicht ein bisschen antiquiert.«
»Welcher Name würde dir gefallen?«
»Ich weiß nicht, es ist doch deine Katze.«
»Und wenn ich überhaupt keine Katzen mag?«
»Du magst Katzen.«
»Habe ich dir das in Kuba
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