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Schwarze Küsse

Schwarze Küsse

Titel: Schwarze Küsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joaquín Guerrero-Casasola
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Kriminalpolizist empfand. Weit weg, zusammen mit meiner neuen Familie, Teresa Sábato, Rotznase Saúl und Rhett Butler …
    Nach Analyse all meiner Möglichkeiten blieb nur eine: die Pistole unter meinen Eiern hervorzuziehen. Sie allein würde mir allerdings nichts nützen. Wichtig war, dass sie geladen war. Alles, was ich brauchte, war ein wenig Glück.
    Die Tür hatte eine Klingel, stand jedoch offen. Ich stieß sie langsam auf und betrat einen Innenhof, in dem allem Anschein nach ein Kinderfest gefeiert wurde, mit einem Typen, der als Kaninchen verkleidet war, einer siebenstöckigen Torte, vielen Gästen, Kindern und Geschrei. Ich näherte mich vorsichtig, den Rucksack fest in der Hand. Niemand beachtete mich, nur der Kaninchenmann winkte mit einer schmutzigen Plüschpfote.
    Das Handy klingelte in meiner Hosentasche. Ich hielt es ans Ohr.
    »Bist du schon dort?«, fragte die Stimme. »Ja«, gab sie sich selbst die Antwort, »ich kann dich riechen. Geh weiter bis zur letzten Tür.«
    Ich stieß fast mit einer alten Frau zusammen. »Haben Sie schon gegessen, junger Mann?« Sie bot mir einen Teller mit einem Tamal in einem Bananenblatt an.
    Ich schüttelte den Kopf, offenbar mit finsterer Miene, denn sie trat so eilig beiseite, als hätte sie den kopflosen Mann aus der Legende ihres Dorfes gesehen.
    Der Innenhof war L-förmig angelegt, und ich bog nach rechts ab. In diesem Teil des Hofes war niemand zu sehen. Es gab nur eine Tür, die sich öffnete, noch bevor ich klopfen konnte.
    »Komm rein, Kumpel …«
    Wintilo blieb nicht stehen, um auf mich zu warten, sondern machte auf dem Absatz kehrt und ging ins Haus hinein. Er trug weite, bequeme Sportkleidung.
    »Stell den Koffer dort auf den Tisch«, sagte er.
    Ich stellte meinen Rucksack neben einen Teller mit Tamales.
    »Nimm dir einen.« Wintilo ging zur Kochnische und füllte zwei Gläser mit Whisky und ein wenig Leitungswasser.
    »Erstkommunion, Alter, das ist der Anlass dort draußen im Hof.« Er gab mir einen der Whiskys.
    »Und was ist der Anlass für das hier?«
    »Wie erkläre ich dir das bloß, ohne dass du dir wie ein Idiot vorkommst?«
    Ich zuckte mit den Schultern.
    »Schon gut, Bruder, wir haben dich zum Idioten gemacht, wozu um den heißen Brei herumreden …«
    »Du und Carcaño?«
    »Ich und Carcaño.«
    Durch die angrenzende Tür war ein Klagelaut zu hören.
    »Scheiße, was will sie denn jetzt schon wieder?«, beschwerte sich Wintilo und ging zur Tür. Ich folgte ihm.
    Im Zimmer lag ein mit Handschellen ans Bett geketteter Typ mit zerschlagenem Gesicht. Ich erkannte ihn nur an der Perücke, die wie eine tote Ratte neben ihm lag. Er weinte, als er mich sah.
    Wintilo ergriff eine Pistole, die auf einem runden Nachttisch lag, und richtete sie auf mich.
    »Gibst du mir deine, Kumpel?«
    Ich zog die 45er hervor und reichte sie ihm mit dem Knauf voran.
    »Danke.« Er steckte sie zusammen mit seiner in den Hosenbund.
    Judith schluchzte.
    »Sie will schon wieder, dass ich es ihr besorge.« Wintilo ging zu dem Transvestiten, drehte ihn auf alle viere und besorgte es ihm wie angekündigt, ohne mich aus den Augen zu lassen und ohne, dass das Grinsen aus seinem Gesicht wich. »Yeeeha! Yeeeha!«, rief er wie ein Cowboy aus dem Wilden Westen. Als er fertig war, versetzte er Judiths Kopf einen Schlag mit dem Kolben seiner Waffe und ging zum Nachttisch, um sich aus einer Marlboro-Schachtel eine Zigarette zu nehmen und sie anzuzünden.
    »Auch wenn es vielleicht nicht so aussieht, Alter, der Sklave in diesem Raum bin ich.«
    Er bot mir die Zigarettenschachtel an. Ich bewegte mich nicht vom Fleck.
    »Was soll ich dir sagen? Mal sehen, immer der Reihe nach …« Er setzte sich. »Oder willst du mir Fragen stellen und ich beantworte sie dir? Nein? Staunen macht anscheinend stumm … Gut, hast du schon kapiert, dass Roberto nicht der Sohn von Richter Oviedo ist, oder immer noch nicht? Er heißt mit Nachnamen Oviedo, genau wie der Richter, so kam ich auf die ganze Idee. Ich dachte, du würdest es schon schlucken, und genauso war es. Auch wenn du es fast wieder ausgespuckt hättest. Es war reiner Zufall, dass dein Besuch beim Richter nicht funktioniert hat. Wenn er dir erklärt hätte, dass er keinen blassen Schimmer hat, wer Roberto ist, wären wir jetzt vielleicht nicht hier. Aber du siehst schon, Bruder, diese Leute schweben in anderen Sphären, für die sind wir ein Haufen Scheiße. Du warst ihm noch nicht einmal eine Erklärung wert, er hat dir nur seine beiden Hunde

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