Schwarze Madonna
die Madonna geklaut?«, fragte Justus abrupt. »Sein ganzes Wohnzimmer steht voller Statuen – war sie eine davon?«
»Nein, sie lag auf dem Speicher.« José ging zur Tür. »Ich dachte, sie sei wertlos. War sie wohl nicht. Und sie hat mich krank gemacht. Ich wollte, dass ihr sie ihm zurückgebt – mehr nicht. Ich wollte bloß noch meine Ruhe haben. Und ich wünschte, ich hätte das Ding nie angerührt.«
»Wie kann dich denn eine Statue krank machen?«, fragte Bob. »Du glaubst doch nicht wirklich, dass es ein Fluch ist, oder?«
»Ah, hat Gonzales euch von dem Fluch erzählt?« José quälte sich ein Grinsen ab. »Ja, der glaubt an so etwas.«
»Und du nicht?«, fragte Justus.
José zuckte nur die Achseln.
»Wie sieht die Statue denn nun aus?«, fragte Justus.
»Das ist ja jetzt auch egal.«
»Nein, nun warte doch mal! Sie ist ja noch immer verschwunden und wir können dir helfen –«
José antwortete nicht einmal mehr. Er verließ die Zentrale, kletterte ziemlich langsam, aber geschickt über Eisenträger und Automotoren auf den Zaun und schwang sich hinüber.
Ein böser Fehler
»Und damit«, sagte Peter und kam aus der Dunkelkammer, »ist dieser Fall beendet. Tut mir Leid, dass ich euch das eingebrockt habe. Was war eigentlich mit den Fotos im Entwickler, Bob? Ich habe sie zum Trocknen aufgehängt, aber sie sind ziemlich schwarz.«
»Na toll!«, sagte Bob erbittert. »Ich war doch gerade dabei, meine Fotos vom Festival zu entwickeln, als dieser Komiker hier hereinkam und mir sein Messer an den Hals hielt. Ein paar waren fertig, aber der Rest ist jetzt natürlich hinüber.«
»War etwas Wichtiges drauf?«, fragte Justus.
»Keine Ahnung, ich hatte sie mir noch nicht angesehen.« Bob holte die noch brauchbaren Fotos von der Wäscheleine und breitete sie auf dem Tisch aus. Er hatte Menschen und Stände fotografiert, mittelalterliche Spielleute, die Zeltstadt auf dem Strand, die Straßen von Carino Beach und –
»Pentecost!«, entfuhr es Justus. »Du hast Pentecost erwischt!«
»Was?« Bob beugte sich vor. »Wo?«
»Der kleine Dicke da, hinter dem Stand! Er redet mit einem Händler.«
»Und ich weiß auch, wer der Händler ist«, sagte Peter mit plötzlich belegter Stimme. »Das ist der Beifahrer aus dem Auto hinter uns. Der mit der –«, er schluckte, »– Pistole.«
Bob wurde blass. Justus’ Augen begann zu funkeln. »Bist du ganz sicher?«
»Absolut. Ich sagte doch, dass ich die blonden Stoppelhaare und das hässliche T-Shirt wiedererkenne.«
»Sehr gut«, sagte Justus. »Wir haben also einen sehr reichen, ziemlich durchgeknallten Transporthändler, Sammler und Kunstförderer, der vier Männer losschickt, um einen kleinen Dieb zu zwingen, ihm etwas zurückzugeben. Dabei schreckt er weder vor Körperverletzung noch vor Einbruch oder Sachbeschädigung zurück. Was schließen wir daraus?«
»Dass ihm die Madonna sehr wichtig ist?«
»Dass sie zumindest absolut nicht so wertlos war, wie José glaubte.«
»Das verstehe ich noch immer nicht«, sagte Bob. »Wieso klaut José eine Madonnenstatue, die er für wertlos hält? Ich meine, wie kann er sie für wertlos halten, wenn er doch weiß, dass Pentecost solche Statuen ebenso besessen hortet wie Dagobert Duck seine Goldtaler?«
»Vielleicht ist Gold darin versteckt?«, schlug Peter vor. »Oder eine Schatzkarte? Sie ist doch ziemlich alt und könnte ein Geheimfach haben!«
»Kann schon sein, aber ich glaube es nicht«, meinte Justus. »Nehmen wir doch einmal an, es ist wirklich die Statue aus dem Museum. Dann könnte man Pentecost eine Beteiligung an den Diebstählen nachweisen. Und davor hat er natürlich Angst.«
»Es ist aber nicht die gleiche Statue«, sagte Bob. »Sie ist schwarz. Nicht bunt.«
»Ja, inzwischen ist mir das auch aufgefallen. Aber es muss einen Beweis für meine Theorie geben. Ich möchte zu gerne wissen, was Pentecost in seinem Arbeitszimmer versteckt – vielleicht bringt uns das weiter!«
»Wir haben aber keinen Auftraggeber mehr«, wandte Bob ein.
»Formalitäten«, sagte Justus entschieden.
»Das ist keine Formalität. José hat uns verboten, uns noch einmal in seine Angelegenheiten einzumischen. Wahrscheinlich hat er unseretwegen noch mehr Ärger mit Pentecost bekommen. Wir sollten uns aus der Sache heraushalten.«
»Außerdem wartet der doch nur darauf, dass wir kommen!«, sagte Peter.
»Glaube ich nicht«, sagte Justus. »Und ist euch schon mal der Gedanke gekommen, dass José uns vielleicht nur deshalb
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