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Schwarze Pest aus Indien

Schwarze Pest aus Indien

Titel: Schwarze Pest aus Indien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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wie
hinten beim Denkmal ein Käuzchen schrie.
    Ab und zu kehrte ein Wagen aus der
Stadt zurück. Etliche der Schüler, die über 18 waren, verfügten über einen
vierräderigen Untersatz. Sogar mehrere englische Roadster waren dabei und ein
nagelneuer Porsche. Also die totale Verwöhnung der Noch-Schüler durch die
wohlhabenden Eltern, die mit solchen Geschenken ihr Gewissen beruhigen — weil
sie in all den Jahren zwar geschäftlichen Erfolgen nachgejagt sind, aber keine
Zeit hatten für ihren Nachwuchs. Der wurde abgeschoben ins Internat.
    Bei mir ist das anders, dachte Tim.
Hätte ich meinen Vater noch, wäre ich nicht hier. Aber Mutti ist berufstätig.
Kommt meistens erst spät nach Hause, ich würde sie kaum sehen. Um so mehr
freuen wir uns auf die Ferien. Wie gut wir uns verstehen — so was ist selten.
Morgen werde ich wieder einen Brief an sie schreiben.
    Tim sah auf die Weckeruhr.
    Viel fehlte nicht an Mitternacht.
    Seit einer Weile kamen keine Wagen mehr
zurück. Auch die ältesten Schüler hatten sich inzwischen die Zähne geputzt und
horchten jetzt an der Matratze.
    Drüben im Paukersilo brannte freilich
noch Licht: Hinter den beiden Fenstern von Assessor Alois Keismar, genannt
Moderlieschen.
    Der war Nachtmensch. Auf seinen
Mittagsschlaf — manchmal von zwei bis vier, egal ob die Sonne schien und der
herrlichste Herbsttag wie in Gold zerfloß — verzichtete er nie.
    Aber nachts schlich er herum, gieperte darauf,
rauchende Pennäler oder leise spielende Radios zu erwischen. Ein boshafter
Mensch. Daß man ihn auf die heranwachsende Jugend losließ, war eine Panne im
Lehrplan.
    Komisch! Tim richtete sich auf. Wieso
kann ich heute nicht schlafen? Bei Vollmond, Sternenhimmel oder bevorstehendem
Aufbruch zu nächtlicher Tour — da ist klare Birne und Hallowach-Sein angesagt.
Aber jetzt könnte der Sandmann endlich kommen.
    Er stützte die Ellbogen aufs
Fensterbrett und das Kinn in die Hände, starrte hinaus und begann die Ulmenblätter
zu zählen, die an der Hoflaterne vorbeischwebten.
    ...63, 64, 65... Ja, wie haben wir’s
denn? Bin ich blöd?
    Er wollte sich abwenden.
    In derselben Sekunde wurde sein Blick
angezogen von einer Bewegung drüben beim Angestelltenhaus, dem potthäßlichen
,Grauen Reaktor’.
    Jemand schlüpfte durch die Haustür ins
Freie.
    Einen Moment später huschte Claudia
Tümmel eilfüßig unter der Laterne vorbei — in Richtung Fahrradschuppen, wo sich
der Parkplatz anschließt und dann die Straße zum Tor.
    Die Küchenhelferin trug keine
stadtfeine Kluft, sondern einen lappigen Jogginganzug, der um die Hüften sehr
breit machte — trotzdem!
    Sie schlich heimlichtuerisch, als
wollte sie einbrechen.
    Jetzt tauchte sie in die Dunkelheit und
war verschwunden.
    Wahnsinn! Die Küchenschabe traf ihren
Knobel!
    Tim fuhr in die Jeans, war schon im
Sweatshirt, verzichtete auf Strümpfe, erwischte für den linken Fuß einen
Basketball-Stiefel und für den rechten einen Indoor-Schuh der Marke Leisetritt.
    „Was ist los?“
    Tims Lärm hatte Klößchen geweckt.
    Er saß im Bett und rieb sich die Augen.
    „Die Tümmel türmt stadtwärts.“
    „Was?“
    Tim war schon an der Tür. „Ich kann
nicht auf dich warten. Habe nicht mal Zeit für unsere Strickleiter. Ich
klettere so aus dem Fenster.“
    „Bist du lebensmüde? Das Gitter fürs Weinlaub
hält dich nicht.“
    „Ich schaffe es. Sei leise!“
    Tim schloß die Tür hinter sich und
rannte über den Flur bis zu dem Fenster zwischen Altbau und Anbau, das sich
seit langem als Schlupfloch bewährt hat: für nächtliche Ausflüge.
    Bekanntlich liegt das Fenster an einem
Mauervorsprung. Weinlaub verkleidet die Fassade bis hierherauf — in den zweiten
Stock. Ein Holzgeländer stützt die kletternde Pflanze, und das hängt an einem
stabilen Haken in der Mauer.
    Diesen Haken benutzen Tim und Klößchen
gewöhnlich für ihre Strickleiter, wenn sie heimlich das Gebäude verlassen. Es
ist der einzige Weg. Denn nachts sind sämtliche Räume im Erdgeschoß
abgeschlossen, Haustür sowie Nebentüren werden verrammelt, und der EvD hat den
Schlüssel.
    Natürlich gibt es einen zweiten für
Notfälle.
    Aber dieser Schlüssel hängt neben dem
Feuerlöscher in einem Glaskasten. Nur bei Gefahr - z. B. wenn das Gebäude in
Flammen steht — darf man die Scheibe einschlagen und den Schlüssel
herausnehmen.
    Sie darf mir nicht entwischen!
    Tim achtete nicht auf seine Umgebung.
    Der Flur war dunkel. Nur die
Notbeleuchtung brannte.
    Der TKKG-Häuptling öffnete das

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