Schwarze Piste
Und Herr Krugger ist vorläufig festgenommen, wird uns also auch nicht verlassen. Wenn Sie gehen wollen – bitte! Ich kann Sie nicht dran hindern.«
Wallner hatte während des Geplänkels zwischen Tischler und dem Anwalt Krugger im Auge behalten. Er hatte immer wieder in eine bestimmte Richtung geblickt und dabei so getan, als sehe er sich nur um. Krugger war ein schlechter Schauspieler. »Herr Krugger, was ist da hinten?«
»Wo hinten?«
»Wo Sie die ganze Zeit hinsehen.«
Krugger schwieg.
»Glauben Sie, wir werden den Garten nicht durchsuchen? Zeigen Sie’s uns. Dann haben Sie uns hingeführt. Das wird der Staatsanwalt zu Ihren Gunsten werten.«
»Du machst gar nichts, verstanden. Überlass einfach mir das Reden.«
Tischler verdrehte die Augen und raunte Krugger zu: »Es geht mich ja nichts an. Aber wenn Sie den behalten, kostet Sie das einige Jahre Gefängnis.«
»So!«, sagte der Anwalt mit erstickter Stimme. »Das gibt a Dienstaufsichtsbeschwerde.«
»Stellen Sie sich hinten an.« Tischler wandte sich wieder Krugger zu. »Was wollten Sie uns jetzt zeigen?«
Krugger atmete tief ein und ging auf die Gartenhecke zu.
Sie standen in einiger Entfernung zu dem Platz, den Krugger ihnen gezeigt hatte. Oliver und ein weiterer Beamter hoben vorsichtig die Schneedecke ab. Der Erdboden darunter war ein paar Zentimeter tief gefroren, weshalb es den Beamten Mühe bereitete, mit ihren Spaten hineinzustechen. Es dauerte einige Minuten, bis das Spatenblatt auf einen Gegenstand stieß. Oliver hielt inne und kniete sich auf den Boden, um den Gegenstand zu untersuchen. Es war eine Damenhandtasche, halbwegs gut erhalten in Anbetracht der Tatsache, dass sie die letzten drei Jahre in der Erde verbracht hatte. Janette und Wallner verglichen sie mit dem Foto der Tasche aus dem Münchner Trachtenladen. Kein Zweifel, das war sie.
Ein paar Spatenstiche später tauchte der erste Knochen aus dem Erdreich auf. Baptist Krugger hatte sich abgewandt, starrte in das kahle Astwerk der Büsche und rührte sich nicht.
Ein Mann von sechzig Jahren kämpfte sich durch den tiefen Schnee bis zu Wallner, Tischler und den anderen Ermittlungsbeamten durch. »Was ist hier los?« Er sah zu Oliver, dann auf den aus der Erde ragenden Knochen, schüttelte mit stummen kleinen Bewegungen den Kopf, blankes Entsetzen im Gesicht, blickte zu Baptist Krugger, der sich nicht umdrehte.
Tischler sagte: »Was will der Mann hier?«
Ein Beamter erwiderte: »Das ist Herr Krugger senior.«
»Wer hat denn den durchgelassen? Vielleicht schafft ihn mal jemand weg.«
Wallner ging zu dem Mann. »Sie können hier nicht bleiben, Herr Krugger. Fahren Sie nach Hause. Wir rufen Sie an, wenn Sie mit Ihrem Sohn sprechen können.«
Krugger sah noch einmal zu seinem Sohn, der sich immer noch nicht umdrehte, und stakste durch den Schnee zurück wie ein kleines Kind, das sich in der Wildnis verirrt hatte.
Tischler stand inzwischen bei Baptist Krugger. »Herr Krugger, wir hätten ein paar Fragen an Sie.«
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63
F rank hatte alles durchsucht. Schreibtische, Aktenablagen, Schränke, selbst Kleider- und Geschirrschränke, Kleidungsstücke, den Keller, das Bad, den Speicher und natürlich die Büros von Sophie und Daniela. Nichts. Der Computer in Danielas Zimmer war, anders als beim letzten Mal, durch ein Passwort geschützt. Das bestätigte Frank in seiner Vermutung, dass Daniela Zugang zum Geld hatte. Es half nichts, er musste sich gedulden, bis sie zurückkam.
Er ging in die Küche und holte ein Bier aus dem Kühlschrank, überlegte kurz und stellte es wieder zurück. Das waren jetzt die wichtigsten Stunden seines Lebens. Er musste einen klaren Kopf behalten und entschied sich für die Mineralwasserflasche. Im gleichen Moment hörte er, dass sich ein Wagen dem Hof näherte. Sollte Daniela schon zurück sein? Durch das Küchenfenster sah er einen alten roten Passat auf den Hof fahren. Er hatte den Wagen schon einmal gesehen. Das musste der Polizist sein.
Als Kreuthner aus dem Wagen stieg, öffnete sich die Haustür, und Frank trat heraus. Er streifte Kreuthners verhauenes Gesicht mit einem kurzen Blick, sagte aber nichts dazu. »Die Daniela ist grad net da.«
»Aha«, sagte Kreuthner. »Wann kommt sie wieder?«
»Kann ein paar Stunden dauern. Sie ist nach Tirol gefahren und schaut sich da einen Gnadenhof an.«
»Wieso das?«
»Ich glaub, sie will mit denen zusammenarbeiten.«
Kreuthner nickte. »Schade. Sie hat auch ihr Handy ausgeschaltet. Ist
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