Schwarze Piste
auf den Mann hinter sich. »Das ist der Frank. Er hilft mir hier. Und das ist der Leo.«
»Ich helf auch, so gut ich kann«, sagte Kreuthner.
»Warst du im Haus?«, fragte Daniela Frank.
»Ich hab den Sicherungskasten gesucht.« Frank warf einen Blick zu Kreuthner. Er wusste nicht, was der Mann hier wollte. Aber es passte Frank nicht, dass er da war. »Ich muss dann mal wieder.«
»Was ist mit deiner Käsesemmel?«
»Kann ich ja mitnehmen.«
Kreuthner sah dem Geländewagen nach, bis dessen Rücklichter um eine Kurve verschwanden. »Gefällt mir nicht, der Bursche. Wo hast denn den her?«
»Der ist gekommen und wollte hier arbeiten. Da ist er nicht der Erste.«
Kreuthner sagte nichts dazu. Er kannte den Blick von Leuten, die gewohnheitsmäßig mit dem Gesetz in Konflikt gerieten. Und wenn er nicht völlig danebenlag, dann hatte Frank diesen Blick. »Weißt was? Wir tun a bissl a Maische in einen Eimer und schauen, ob die Viecher das überhaupts mögen.«
Daniela zögerte. »Na gut. Aber nur ganz wenig.«
Kaspar war das größte Pferd im Stall, ein bulliger Wallach, den so schnell nichts aus der Ruhe brachte, vorausgesetzt, man ließ die Tür zu seiner Box offen. War sie zu, geriet er in Panik. Kreuthners Maische mochte Kaspar sehr. Sie hatten nur ein bisschen davon in den Eimer gegeben, den der Wallach in kürzester Zeit leer fraß und anschließend mit beinahe besorgniserregender Hingabe ausleckte. Das überzeugte auch Daniela, die sich Kaspars Freude mit dem langen Frischobstentzug erklärte, unter dem die Tiere litten. Und so wurde die Maische in Eimer abgefüllt und den nach Obst lechzenden Tieren gereicht. Dass die Pferde gar so sehr nach der faulig-süßen Pampe gierten, hätte Daniela eigentlich stutzig machen müssen.
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33
D aniela lud Kreuthner auf einen Tee ins Haus ein. Und auch die Käsesemmel durfte er essen, nachdem Frank vergessen hatte, sie mitzunehmen.
»Warum isst du kein Fleisch?«, wollte Kreuthner wissen, während er in die Käsesemmel biss.
»Weil ich Tiere mag.«
»Ich mag auch Tiere. Aber ich mag auch einen Schweinsbraten. Da muss man Kompromisse machen.«
»Ich kann das nicht. Wenn ich daran denke, dass das Tiere sind wie hier am Hof – wie kann ich die essen? Ich hab gelesen, du kannst dir jetzt im Internet ein Schwein aussuchen und mitverfolgen, wie es aufwächst, bevor es geschlachtet wird. Wie pervers ist das denn? Ich meine, du kennst das Schwein, findest es lustig, wie es im Dreck wühlt und sich seines Lebens freut, und dann lässt du es umbringen?«
»Meine Mutter hat Kaninchen gehabt. Das war immer a bissl komisch, weil die hat denen Namen gegeben. Den Namen hat sie dann draufgeschrieben, wenn die toten Viecher in die Kühltruhe gekommen sind. Und zu mir hat sie dann gesagt, du Leo, geh amal in den Keller und hol den Seppi. Oder die Lisa. Oder wie sie geheißen haben.«
»War das nicht schrecklich für dich als Kind?«
»A bissl komisch war’s schon.« Kreuthner nippte an seinem Tee. »Hast vielleicht noch a Bier? Des is ja vegetarisch.« Daniela ging zum Kühlschrank. »Ja, mit dem Seppi«, fuhr Kreuthner fort. »Des war schon so a G’schicht, wennst du den aus der Gefriertruhe geholt hast. Ich mein, man hat ihn ja persönlich gekannt sozusagen. Aber geschmeckt haben sie dann doch. So ein Hasenpfeffer schaut ja nicht mehr aus wie der Seppi, verstehst? Des is wie bei die Inder.«
»Inder?« Daniela hatte eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank genommen und stellte sie, nicht ohne vorher einen Bierdeckel auf den Tisch gelegt zu haben, vor Kreuthner.
»Bei denen wennst stirbst, wirst als Kuh wiedergeboren. Oder als Regenwurm, wennst Pech hast. Jedenfalls als was ganz anderes, wie wo du gelebt hast. Und so is der Seppi eben als Hasenpfeffer wiedergeboren worden. Es is irgendwo immer noch der Seppi aber eben – anders.«
»Siehst du, für mich ist es eben immer noch der Seppi, wie er gelebt hat.«
»Des is natürlich blöd. Und was machst Weihnachten? Weihnachten ohne Gans – des is doch nix.«
»Weißt du: Weihnachten freuen sich alle, und für viele ist es die schönste Zeit des Jahres. Aber warum muss man immer Tiere umbringen, wenn sich alle freuen?«
»Mei«, Kreuthner dachte nach und trank zur Unterstützung seiner Gedanken einen kräftigen Schluck Bier. »Das war schon immer so. Auch in der Bibel ham s’ Tiere geopfert und gegessen.«
»Was nur beweist, dass die Bibel ein ziemlich fragwürdiges Buch ist.«
»Es steht schon viel Schmarrn
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