Schwarze Piste
ist mit dem Huhn? Ist das auch happy?«
»Des tut mir leid. Aber es gibt halt immer wieder Leute, die vertragen koan Alkohol net. Die fangen das Schlägern an. Also mein Tipp: Den Eseln gibst nix mehr. Die san charakterlich noch nicht gefestigt genug, dass sie mit am Alkohol umgehen können täten.«
In diesem Moment plumpste ein Huhn wie ein nasser Sack von der Trennwand zur Eselsbox auf den Boden. Jetzt erst fiel auf, dass auch die Hühner Probleme hatte, sich auf ihren Plätzen zu halten.
»O Gott! Die Hühner haben es auch gefressen.«
»Die ham natürlich schnell amal drei Promille beinand. Weil die wiegen ja nix. Aber da musst dir jetzt keine Gedanken machen. Morgen ham’s alle an leichten Kater. Dann gibst ihnen noch a bissl was von der Maische. Des is a alter Trick: Wennst die Nacht durchgesoffen hast – morgens mit am Weißbier weitermachen. Wirst schauen, wie fit die wieder werden.«
Daniela funkelte Kreuthner aus zusammengekniffenen Augen an und sagte: »Raus!«
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35
D er nächste Vormittag war von derart dunklen Wolken verhangen, dass sich die Straßenbeleuchtung einschaltete. Es ging auf den kürzesten Tag des Jahres zu, und man hatte den Eindruck, das Tageslicht wolle sich gänzlich aus dem Voralpenland zurückziehen. Es schneite nicht, aber es wehte ein steifer Wind bei minus sieben Grad.
Wallner machte seine Runde durch die Soko. Es gingen ständig Anrufe von Leuten ein, die irgendjemanden am Wallberg gesehen haben wollten. Die Anrufer wurden registriert, ihre Aussagen aufgenommen, und, soweit tunlich, wurde dem Hinweis nachgegangen.
Eine Gruppe unter der Leitung von Janette widmete sich der Aufgabe, eine Verbindung zwischen den beiden Opfern zu finden. Zwei IT -Fachleute werteten die Festplatten der Computer aus, die man bei den Opfern sichergestellt hatte.
Um elf berief Wallner seine Leute zu sich ins Büro: Mike und Janette sowie Tina und Oliver von der Spurensicherung.
»Ich fürchte, wir müssen uns beeilen«, sagte Wallner zur Begrüßung. »Wenn ich das richtig sehe, haben wir es mit einer Mordserie zu tun. Und das Unangenehme an Mordserien ist, dass man nie weiß, wann sie zu Ende sind. Liegt der Obduktionsbericht vor?«
Oliver händigte Wallner den Bericht aus. »Überraschung! Jörg Immerknecht hatte Gamma-Hydroxy-Buttersäure im Blut, genau wie Sophie Kramm. Die Pulsadern an seinem rechten Arm waren fachmännisch aufgeschlitzt. Also, ich leg mich mal fest: Wir müssen nur nach einem Täter suchen.«
»Danke, Oliver. Deine Einschätzung macht es uns unendlich leichter. Haben wir irgendeine Ahnung, warum es der Täter ausgerechnet auf diese beiden Opfer abgesehen hatte?«
»Das hat möglicherweise etwas mit der toten Frau auf dem Foto zu tun. Vielleicht haben die beiden Mordopfer die Frau auf dem Foto umgebracht. Und irgendwer will Rache dafür.« Janette betrachtete noch einmal das Foto in ihrer Akte.
»Wie kommen ein Jurist und Vorstandsmitglied einer Bank und eine Sozialpädagogin mit einem Gnadenhof dazu, jemanden zu ermorden?« Nachdem keiner auf die Frage antworten wollte, wandte sich Wallner an Janette. »Okay. Janette, du fährst nachher noch mal zu diesem Gnadenhof und fragst Daniela Kramm nach Jörg Immerknecht.« Dann drehte er sich Tina zu, die mit den Computerleuten gearbeitet hatte. »War irgendetwas auf den Computern, was uns weiterbringt?«
»Gar nichts. Die haben sich keine Mails geschrieben, sind nicht auf Facebook befreundet, nichts. Aber in der Schublade von Jörg Immerknechts Schreibtisch waren Tischkalender aus fünfzehn Jahren.«
»Die habt ihr schon ausgewertet?«
»Ich hab sie mit nach Hause genommen und mal durchgeblättert.« Tina hatte eine ausgedruckte Liste in der Hand und gab sie Wallner. »Das sind sämtliche Termine mit einer Sophie. Ob das Sophie Kramm ist, wissen wir natürlich nicht. Bei diesen Terminen ist oft noch eine Annette dabei und drei Mal ein Stalin.«
»Stalin!«
»Die Frau, die sich Stalin nannte, hat sowohl die Kramms auf dem Hof besucht als auch die Immerknechts.«
»Na gut. Dann hätten wir das Bindeglied.«
»Haben wir eben nicht«, wandte Oliver ein. »Es gibt nur eine vage Beschreibung und nicht den Hauch eines realen Namens.«
»Sowohl Daniela Kramm als auch Lea Immerknecht sagten, dass Stalin eine Bekannte von früher sei. Vielleicht aus Studententagen. Wissen wir, wo die Opfer studiert haben?«
Janette blätterte in ihren Unterlagen. »Sophie Kramm hat in München studiert. Und Jörg Immerknecht –
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