Schwarze Piste
drin. Wasser in Wein verwandeln! So ein Kas. Wenn er’s in Bier vewandelt hätt, dann hätt ich gesagt: Respekt. Pff – Wein!« Wie er die Flasche wieder ansetzte und den Alkohol roch, kam ihm Nora Immerknecht in den Sinn, und er hielt inne. »Mei – jetzt hätt ich das Wichtigste fast vergessen. Kennst du einen Jörg Immerknecht?«
»Jörg … Vorgestern hat ein Jörg bei mir angerufen. Weil er was über Sophie in der Zeitung gelesen hatte.«
»Ja kennst du den?«
»Nicht wirklich. Er war ein Bekannter von Sophie. Die haben sich vom Studium gekannt. Warum?«
»Der Mann ist tot.«
»Was?!«
»Er ist auf der gleichen Bank gesessen wie … also da halt am Wallberg. Pulsadern aufgeschnitten.«
Danielas Hände fingen an zu zittern. Sie musste ihre Teetasse absetzen, und es wollte nicht ein einziges Wort über ihre Lippen. Entsetzt und mit hundert Fragen im Gesicht, starrte sie Kreuthner an.
»Das ist jetzt klar«, sagte Kreuthner. »Es war Mord. Die Frage ist: Was hatten deine Schwester und Jörg Immerknecht miteinander zu tun?«
»Ich weiß es nicht. Sie haben zusammen studiert. In München. Ich war damals fünfzehn. Und ich hab ihn auch mal getroffen. Aber ich kann mich nicht mehr an ihn erinnern. Das ist zwanzig Jahre her.«
»Warum sollte jemand diesen Jörg und deine Schwester umbringen wollen?«
»Ich weiß es nicht. Ich weiß nur: Vor ein paar Jahren ist irgendwas passiert, da wollte Sophie nicht drüber reden. Kann sein, dass das was mit Jörg zu tun hatte. Und mit Stalin.«
»Die Frau, die vor kurzem bei euch war?«
»Ja. Das ist eben auch eine Bekannte von früher. Aber ich krieg nicht zusammen, was damals los war. Sophie hat mir nie was davon erzählt.«
Kreuthner musste an die Straßenkarte denken, die er aus Leas Zimmer hatte mitgehen lassen. Er war sich inzwischen ziemlich sicher, dass er Sophie Kramm schon mal getroffen hatte. Und es war auf dem Weg gewesen, der auf dieser Karte eingezeichnet war.
»Ich krieg raus, was damals passiert ist«, sagte Kreuthner. Daniela wollte ihn fragen, wie er das zu tun gedachte. Aber dazu kam es nicht mehr, denn von draußen hörte man ein dumpfes Rumpeln.
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34
K aspar lehnte mit glasigen Augen am Stalltor und rülpste, dass die Hühner auseinanderstoben. Die gescheckten Ponys torkelten durch ihre Box und warfen sich gegenseitig um, wenn einem von ihnen die Beine wegknickten. Auch in den anderen Boxen ging es recht seltsam zu. Die zwei Kaltblüter schwankten wie Seebären und rumpelten immer wieder gegen die Trennwand, die Fuchsstute glotzte Daniela und Kreuthner x-beinig an, und bei den Eseln war der Teufel los. Da wurde gebissen und getreten, dass man es kaum glauben mochte, waren die Grautiere doch sonst durchaus friedliche Gesellen. Jetzt aber fielen sie wie eine Bande Trunkenbolde übereinander her. Die Schäden hielten sich freilich in Grenzen, denn die langen Zähne schnappten immer wieder ins Leere, ja, es hatte den Anschein, als bewegten sich die Tiere in Zeitlupe. Da wurde der Kopf auf die Seite gelegt und Maß genommen, dabei langsam das Maul aufgemacht, der Kopf reckte sich in Richtung eines grauen Hinterns, aber so wenig treffsicher, dass es eher Glückssache war, wenn mal ein Stück Eselskeule zwischen die Kiefer geriet. Auch das Auskeilen verlief nicht in der gewohnten Routine. Sobald die Hinterläufe in der Luft waren, verloren die Tiere das Gleichgewicht und sackten zur Seite weg oder fielen ganz um und kämpften sich nur unter Mühen wieder auf die Beine. Das Huhn Henry (es war für einen Hahn gehalten worden, bis man vier Eier unter ihm entdeckt hatte) war das erste Opfer dieser apokalyptischen Zustände. Tot und platt lag es auf dem Boden zwischen den närrischen Eseln.
»Was ist hier los?« Daniela war entsetzt. »Das ist das Zeug, das du mitgebracht hast. Was hast du da reingetan?«
»Ich hab da nix reingetan. Des is bloß Obst.« Kreuthner wurde nachdenklich. »Es könnt natürlich sein, dass die Maische schon das Gären angefangen hat.«
»Was heißt das?«
»Dann entsteht Alkohol.«
»Wir haben den Pferden Alkohol gegeben?«
»Ja logisch«, freute sich Kreuthner. »Deswegen waren s’ ja so scharf auf des Zeug. Aber da musst dir keine Sorgen machen.«
»Ich mach mir aber Sorgen, die sind alle krank.«
»Geh, Schmarrn. Die san net krank, die ham an Spaß. Schau, des is total lustig, wie die schaut.« Kreuthner zeigte auf die Fuchsstute. »Die is happy. Das kannst mir glauben, ich kenn mich da aus.«
»Und was
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