Schwarze Rose der Nacht - Amber, P: Schwarze Rose der Nacht
Marlows unglückliche Ehe hatten in ihr eine brennende Neugier erweckt. Hing seine seltsame Kälte und Ironie vielleicht auch damit zusammen, dass seine Frau ihn nie geliebt hatte? Aber warum hatte sie ihn dann geheiratet? Ihre Eltern waren reich und sie war die einzige Tochter – es hatte sicher viele Bewerber um ihre Hand gegeben.
Jeremy Forch erschien pünktlich um sechs Uhr, die Wangen von der kühlen Witterung gerötet, ein paar winzige Regentröpfchen hingen noch in seinem melierten Backenbart. Er verbreitete gute Laune, erklärte der errötenden Maggy, sie würde immer hübscher, schwärmte von Mrs. Waterbrooks weithin berühmter Kochkunst und lobte Charles für die Umsicht, ihm ein Paar Hausschuhe bereitgestellt zu haben. Das Personal schien ihn recht gut zu kennen, alle strahlten und gingen bereitwillig auf seine Scherze ein, und Violet schien es, als wehe plötzlich ein freundlicher, warmer Wind durch das alte Haus.
Auch Marlow, der aus der Bibliothek herbeikam, um den Gast in der Halle zu begrüßen, erschien Violet gelöst und sein Lächeln war nicht gespielt. Er schien seinen väterlichen Freund Jeremy Forch sehr zu mögen.
„Bezaubernd – rundweg bezaubernd, Miss Burke“, rief Forch, als Violet auf ihn zutrat, um ihn zu begrüßen. „Mein lieber Nicholas – mit dieser Lady hast du dir eine kleine Schönheit ins Haus genommen. Ich hoffe sehr, dass du das zu schätzen weißt. Großer Gott – wenn ich nicht so ein alter Kerl und noch dazu eingefleischter Junggeselle wäre – ich würde auf der Stelle um Ihre Hand anhalten, Miss Burke.“
„Du hast schon immer zu voreiligen Handlungen geneigt, lieber Jeremy“, versetzte Marlow lächelnd. „Ein hübsches Gesicht ist noch lange kein Grund, einer Frau gleich die Ehe anzutragen.“
Forch ließ sich durch die Bemerkung seines Freundes nicht aus dem Konzept bringen.
„Nun, wenn es der einzige Grund wäre - meinetwegen“, meinte er schmunzelnd. „Aber wie ich sehr wohl weiß, verfügt Miss Burke auch über zahlreiche weitere Eigenschaften, die Bewunderung verdienen.“
„Nun, ich bin mit ihrer Arbeit hier im Haus bisher sehr zufrieden“, sagte Marlow leichthin. „Miss Burke ist zwar etwas eigensinnig – aber wir kommen miteinander zurecht.“
„Du vergisst, dass Miss Burke eine ausgezeichnete Pianistin ist, lieber Nicholas.“
„Setzen wir uns zu Tisch, mein Bester“, unterbrach ihn Marlow. „Mrs. Waterbrook schätzt es nicht, wenn wir die Mahlzeit kalt werden lassen.“
„Um Himmels willen! Das wäre ein großer Verlust für uns. Und eine Missachtung dieser großartigen Köchin. Bitte nach Ihnen, Miss Burke.“
Das Essen verlief ausgesprochen fröhlich, was vor allem daran lag, dass Forch den Hauptteil der Unterhaltung übernahm. Den anderen Teil bestritt Violet, die sich in seiner Gesellschaft unbefangen fühlte und heiter dahinplauderte. Marlow warf nur hin und wieder einen Satz ein, saß jedoch die meiste Zeit schweigend an seinem Platz, aß – wie gewohnt – sehr wenig, trank dafür jedoch mehrere Gläser Sherry. Sein Blick ruhte häufig auf Violet, die an diesem Abend besonders hübsch aussah, denn sie hatte das Haar auf neue Art aufgesteckt und die rote Farbe ihres neuen Gesellschaftskleides warf einen warmen Schein auf ihre helle Haut. Sie war nicht nur eine aufmerksame Zuhörerin, sie verstand es auch, die richtigen Fragen zu stellen, sie lachte herzlich und ging gutmütig auf die Scherze des Gastes ein. Als sie später – unter Einwirkung eines Glases Rotwein - von ihrer Begeisterung für die Musik des großen Beethoven sprach, glühte sie vor Aufregung, und Forch sah sie lächelnd an.
„Wollen wir Miss Burke bitten, ein wenig für uns zu spielen, Nicholas? Ich glaube, sie würde mir damit eine große Freude machen. Und dir gewiss auch.“
Violet sah mit zweifelnder Miene zu Marlow hinüber, denn sie fürchtete, er werde abwinken. Doch zu ihrer Überraschung zuckte er die Schultern, so als halte er den Vorschlag zwar für reichlich überflüssig, wolle aber seinem Freund den Spaß nicht verderben.
„Dann entschuldigen Sie mich bitte für einen Moment, Gentlemen. Ich gehe nur rasch auf mein Zimmer hinauf, um meine Noten zu holen.“
Während sie die Treppen hinauf lief, spürte sie plötzlich ein merkwürdiges, völlig ungerechtfertigtes Glücksempfinden in ihrem Inneren. War es die Wirkung des Weins, den sie zum Essen getrunken hatte? Während man miteinander am Tisch saß und plauderte, hatte sie für einige
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