Schwarze Rosen
war selbst ein Opfer. Es waren Männer und Frauen. Die Frauen haben uns solche ›Spiele‹ beigebracht. So nannten sie das, wenn wir die Männer befriedigen mussten, auch alte, die nachts kamen.«
»Wer waren diese Männer?«
»Das habe ich nie erfahren. Sie haben ihre Gesichter nicht gezeigt.«
Die Stille, die ihren Worten folgte, lastete schwer im Raum. Wie die Vergangenheit, unter der Sara Genovese bis heute litt.
»Und Ihre Beziehung zu Umberto?«, fragte Gori, nachdem sie mit kleinen Schlucken ein Glas Wasser getrunken hatte.
»Ist rein freundschaftlicher Natur. Er ist inzwischen auch ein Kunde meiner Agentur, und ich kümmere mich für ihn um einige Immobiliengeschäfte. Zurzeit sitzt er ziemlich auf dem Trockenen, weshalb er ein paar seiner Liegenschaften verkaufen muss. Eben dieses Gut, auf dem viele junge Menschen mit labiler Persönlichkeit und ungewisser Zukunft aufgewachsen sind. Ich weiß nicht, was aus mir geworden wäre, wenn Giovanna nicht aufgetaucht wäre. Auch deshalb habe ich sie so sehr geliebt.«
Gori und Surace verständigten sich mit Blicken und beschlossen, die Vernehmung zu beenden – eine Vernehmung, die sie nicht so leicht vergessen würden.
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»Ich komme gerade von einem Ausnahmetermin bei der Stadtverwaltung zurück, Chef …«
»Heute, am Sonntag? Wieso das? Hattest du dich nicht schon umgemeldet?«
Teresa lachte. »Doch, aber diesmal war ich dort, um die angebliche Mutter und den Sohn vollständig zu identifizieren. Der Beamte beim Einwohnermeldeamt war sehr hilfsbereit«, antwortete Teresa und reichte Ferrara einen kopierten Auszug aus dem Stammbuch.
»Es sind Deutsche.«
»Aus München, ja. Die Frau ist schon vor fast zehn Jahren in Florenz abgemeldet worden, während er seinen Wohnsitz immer noch hier hat. Ich habe mir auch das Foto von seinem aktuellen Personalausweis geben lassen. Er ist Ende 1999 ausgestellt worden.«
»Zeig mal her!«
Sie gab dem Commissario das Foto.
»Noch nie gesehen«, sagte er, nachdem er es betrachtet hatte. »Hieraus geht hervor, dass die vermeintliche Mutter nach München zurückgekehrt ist«, fügte er nach einem Blick auf die Unterlagen hinzu.
»Ja.« Anschließend informierte ihn die junge Kollegin über das, was sie von dem Wohnungsnachbarn erfahren hatte.
»Ausgezeichnete Arbeit!« Teresa gefiel ihm immer besser. Sie war motiviert, intelligent und auch ziemlich fix.
»Jetzt wissen wir, dass unser Mann geflüchtet sein muss, und vor allem haben wir die vollständigen Personalien der Frau. Vielleicht können wir ihn tatsächlich bei ihr in München aufspüren«, bemerkte er.
Teresa nickte.
»Ich werde Kontakt zu unserem Kollegen, dem Verbindungsbeamten beim deutschen Bundeskriminalamt in Wiesbaden aufnehmen«, beschloss Ferrara. »Oder heute mit seinem Vertreter.« Das war die übliche Vorgehensweise in solchen Fällen. Für Ermittlungen im Ausland musste man sich entweder an Interpol wenden, das jedoch nicht immer zügig reagierte, oder eben, wenn es um Deutschland ging, direkt den italienischen Verbindungsbeamten ansprechen, der in Wiesbaden saß, im Hauptsitz der Kriminalpolizei des Bundes. Ferrara wählte diesen Weg, um Zeit zu sparen.
Dort werde ich bald selbst Dienst tun müssen, dachte er. Welche Ironie des Schicksals!
Er suchte die Nummer heraus und machte sich mit dem bisschen Deutsch, das er im Laufe der Jahre von Petra aufgeschnappt hatte, bei der Telefonistin in der Zentrale verständlich, die ihn mit der gewünschten Person verband.
Das Gespräch mit dem Kollegen dauerte lange und endete mit der Zusage des Commissario, sogleich das Foto des Gesuchten nach Wiesbaden zu übermitteln.
Die Maschinerie der Bürokratie war angelaufen.
Am späten Vormittag erhielt Ferrara kurz hintereinander zwei wichtige Nachrichten. Die erste in Form des ballistischen Gutachtens zu der Kugel, die aus dem Schädel der Signora Innocenti entnommen worden war. Es handelte sich dabei um das Kaliber 22. Das Geschoss wies hinsichtlich des Dralls dieselben Merkmale auf wie die Kugeln, die den Marokkaner getötet hatten. Sie waren folglich zweifelsfrei aus derselben Waffe abgefeuert worden.
Die spiralförmigen Furchen oder Züge, die in den Laufeiner Faustfeuerwaffe eingearbeitet sind, auch »Drall« genannt, prägen den Kugeln unverwechselbare feine Streifen auf, mit denen die Waffe, aus der sie stammen, eindeutig identifiziert werden kann.
Die zweite Nachricht betraf die Waffe, mit der Alvise Innocenti getötet worden war. Der Mörder
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