Schwarze Rosen
Münchens.
Der Bayerische Hof war eines der exklusivsten Hotels der Stadt. Wellnesszentrum, erstklassiger Komfort. Einkaufspassage, Juweliergeschäft, Zeitungskiosk, Bekleidung. Außerdem diverse Restaurants, darunter ein gemütliches Bierlokal im Erdgeschoss.
Bei seinen monatlichen Besuchen war er schon oft dort abgestiegen. Und in dem Lokal unten hatte er seine Lieblingswürstel mit Kraut gegessen und dazu ein paar Weißbier getrunken.
An diesem Abend führte Sir George Holley ein langes Telefongespräch. Dabei erfuhr er Neuigkeiten, die alles andere als beruhigend waren.
Themen gab es diverse: die Ermordung des Ehepaars Innocenti. Die endlose polizeiliche Durchsuchung von dessen Villa, die Verhaftung einer Verdächtigen, das Neueste über die Ermittlungen …
Doch es waren bestimmte Einzelheiten, die ihm vor allem Sorge bereiteten: die Kapuze über Alvises Gesicht, das Foto und die Wanzen, die den ganzen Tag lang nichts übertragen hatten, abgesehen von vergeblichem Telefonklingeln …
Diese Kapuze erschreckte Sir George. War sie als Hinweis gedacht? Wie die künstliche Rose zwischen den Beinen der Tochter? Aber warum?
Und dann dieses Foto im Innern der Kapuze!
Was sollte das bedeuten?
Enricos Patensohn hatte sich anscheinend doch nicht als vertrauenswürdig erwiesen – ein Verdacht, der Sir George schon vor längerer Zeit gekommen war. Er hatte auf eigene Faust gehandelt und ihre Organisation in Gefahr gebracht.
Ein zweiter schwerer Fehler von Enrico, wenn es so war.
Wie sollte er, Sir George, das vor den anderen rechtfertigen? Ein Problem! Diesmal konnte er dem Freund wirklich nicht helfen.
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SONNTAG, 4. JULI
Alvise und Laura Innocenti in ihrer Villa hingerichtet
So lautete die Schlagzeile auf der Titelseite fast aller Sonntagszeitungen. Alle brachten dazu ein Foto der Villa und einige auch eines von Alvise Innocenti mit der Bildunterschrift:
Der weltbekannte Florentiner Weinproduzent
Es gab nur wenige Einzelheiten über die Umstände des Doppelmordes, dafür viele Spekulationen über einen Zusammenhang mit der Ermordung der Tochter. Inzwischen wurde dieses erste Opfer, wenn man sich auf seinen Tod bezog, nicht mehr nur mit Initialen genannt, sondern mit vollem Namen. Der Kommentar eines Chefredakteurs schloss mit einer Frage:
Wer hatte einen solchen Hass auf die Innocentis? Ein neues Rätsel für die Kriminalpolizei!
Gefängnis Sollicciano, 9.00 Uhr
»Meine Mandantin möchte von ihrem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch machen.«
Sie befanden sich im Vernehmungsraum. Staatsanwalt Vinci hatte sich gerade an den Stahltisch gesetzt, gegenüberder Beschuldigten und dem jungen Anwalt, der von ihr nach dem kurz vorher erfolgten Gespräch unter vier Augen zu ihrem Rechtsbeistand bestimmt worden war.
»Was ist das denn nun wieder, Herr Anwalt? Vielleicht haben wir uns gestern nicht richtig verstanden. Ich sagte Ihnen bereits, dass Ihre Mandantin für sich selbst sprechen muss. Das ist das zweite und letzte Mal, dass ich Sie zur Ordnung rufe.«
»Ich möchte die Aussage verweigern«, sagte die Festgenommene mit ausdrucksloser Miene.
»Im Übrigen, Herr Staatsanwalt«, mischte sich Luciano Vitale sogleich wieder ein, »sind die vorherigen Aussagen meiner Mandantin unter starkem emotionalen Stress entstanden. Sie ist von der Polizei in ihrem Geschäft abgeholt worden, was, wie ich gestern schon betont habe, in keiner Weise der gesetzlich vorgesehenen Form für die Vorladung von Zeugen entspricht. Nach Artikel …«
»Sparen Sie sich Ihren Artikel«, unterbrach ihn der Staatsanwalt, dem der besserwisserische Ton des Verteidigers zunehmend auf die Nerven ging.
»Außerdem hat die Polizei die Privatsphäre meiner Mandantin verletzt. Auf welcher Rechtsgrundlage hat sie sich die Einzelverbindungsnachweise ihres Telefonanbieters beschafft?«
»Das können Sie in meiner schriftlichen Anordnung der Untersuchungshaft nachlesen, die ich der Haftanstalt in den nächsten Stunden zustellen werde. Es hat keine Verletzung der Privatsphäre gegeben.«
»Ich werde beim Ermittlungsrichter ihre Freilassung beantragen.«
»Tun Sie, was Sie für richtig halten«, beschied Vinci ihm und wandte sich an Beatrice Filangeri. »Sie beabsichtigenalso, von Ihrem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch zu machen?«, fragte er nach.
»Ja«, lautete die knappe Antwort.
Daraufhin setzte der Staatsanwalt ein kurzes Protokoll auf, klappte seine Aktenmappe zu und ging hinaus, während der Beamte von der
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