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Schwarze Rosen

Schwarze Rosen

Titel: Schwarze Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Giuttari
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ungewöhnlicher Fund – waren etwa Fotos von der Toten gemacht worden? Aber warum?
    Eventuell würde man dadurch den Schuldigen mit dem Tatort in Verbindung bringen können, vorausgesetzt natürlich, er war so unvorsichtig gewesen, ihnen Fingerabdrücke zu liefern. Tatsächlich kommt es meistens zu einem Austausch von materiellen Spuren zwischen Täter und Tatort – trotz aller Vorsicht bleibt etwas von ihm zurück, und er nimmt etwas vom Ort des Verbrechens mit sich. Häufig sind diese Spuren allerdings so winzig, dass sie nicht entdeckt werden. Nur die Fähigkeit und der Spürsinn der Ermittler kann sie ans Tageslicht bringen. In anderen Fällen dagegen sind sie sichtbar, aber ohne jeden kriminalistischen Nutzen.
    Gori und seine Leute kannten dieses Prinzip und waren daher mit aller Sorgfalt vorgegangen. Sie hatten Fingerabdrücke gesammelt, die sie später mit denen des Opfers und Olivias vergleichen würden. Sie hatten jeden Schrank, jede Kommode geleert, alle Bücher aus den Regalen gezogen, jede Ecke abgesucht. Besondere Aufmerksamkeit war der Garderobe in dem begehbaren, mit massivem Nussbaum getäfelten Kleiderschrank mit seinen zahlreichen Fächern und Schubladen gewidmet worden. Kleider, alle ordentlich auf Bügel aufgehängt, Taschen, Schuhe, Hüte, andere Accessoires, alles vom Feinsten und Beweis für einen hohen Lebensstandard. Jedes Stück war herausgezogen und geduldig inspiziert worden, und sei es nur in der Hoffnung auf eine kleine Notiz, vergessen in einer Kostüm- oder Handtasche. Aber nichts. Sogar die Schubladen waren ausmontiert worden, und unter einer hatten sie tatsächlich ein Geheimfach entdeckt, circa fünfzig mal dreißig Zentimeter groß. Es enthielt Markenuhren, Bargeld und mehrere kostbare Schmuckstücke: zwei Diamant-Armbänder, Fingerringe und Ohrringe.
    Persönliche Briefe hatten sie nicht gefunden, das Opfer schien nicht auf die altmodische Art korrespondiert zu haben. Nur Rechnungen, Einladungen zu Cocktailpartys und Abendessen sowie Zeitschriften und Urlaubskataloge. In einer Schachtel lagen ungeordnet zahlreiche Fotos. Es waren ausschließlich Polaroids, wahrscheinlich auf Reisen aufgenommen, die das Opfer mal im Bikini, mal im Schnee im Hochgebirge zeigten. Allein oder zusammen mit anderen Frauen; nur selten, und dann ausschließlich als Teil einer Gruppe, war einmal ein Mann dabei.
    In dieser ganzen Zeit war immer noch niemand von der Familie der Toten erschienen, obwohl Olivia die Eltern benachrichtigt hatte. Ein höchst ungewöhnliches Verhalten. Normalerweise eilten die nächsten Angehörigen sofort herbei. Manche weinten, manche waren still verzweifelt, manche ließen sich zu regelrechten Flüchen hinreißen, was ebenfalls nützlich für die Untersuchung sein konnte. Für die Ermittlungsbeamten war die Begegnung trotzdem oft eine undankbare Aufgabe, weil die Verwandten sofort eine Antwort auf das Wer und Warum haben wollten und sogleich Gerechtigkeit verlangten.
    Bei Giovanna Innocenti geschah nichts dergleichen.
    Diese Frau hatte allein gelebt und blieb auch als Tote allein.
    Hatte sie Probleme mit ihrer Familie gehabt?
    So schwere Probleme, dass sich nicht einmal unter diesen Umständen jemand blicken ließ?
    Und wo war die Unterwäsche, die das Opfer getragen hatte?
    Hatte der Mörder sie mitgenommen?
    Falls ja, aus welchem Grund?
    Ein Fetischist, ein Psychopath?
    Alles möglich.
    Der Maresciallo ordnete an, die beiden Computer – einen Desktop und einen Laptop – zu beschlagnahmen, außerdem die Terminkalender, diverse Unterlagen wie Bankbelege, Blätter mit Notizen und die Schachtel mit den Fotos. All das würde in Ruhe in der Dienststelle ausgewertet werden. Schließlich waren sie fertig und verließen die Wohnung.
    »Kontrollieren Sie mal die Birne hier auf dem Treppenabsatz, Petrucci«, sagte Gori, ehe er die Treppe hinunterstieg. Sie brannte nicht. Darauf hatte der Maresciallo bei seiner Ankunft nicht geachtet.
    Der Vicebrigadiere kletterte auf einen Stuhl. »Sie ist nur herausgedreht, Maresciallo.«
    Das Licht ging an, worauf beide sich fragten, ob der Mörder die Glühbirne herausgedreht hatte. Gori ließ sie als Beweisstück eintüten.
    »Aber ich habe sie schon angefasst, Maresciallo!«
    »Dann werden wir eben das Ausschlussverfahren anwenden.«
    Vielleicht fanden sie ja wirklich ein paar brauchbare Fingerabdrücke.
    Wie üblich hielt ein kleiner Auflauf von Neugierigen den Bürgersteig besetzt.
    Gori schoss die Frage durch den Kopf, ob sich auch der

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