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Schwarze Rosen

Schwarze Rosen

Titel: Schwarze Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Giuttari
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sahen, dass er ein kleines Mädchen fotografierte, höchstens zwei Jahre alt. Sie hatte ein kurzes weißes Kleidchen an und wirkte mit ihren blonden Löckchen wie ein Engel. Der Vater warf sie immer wieder in die Luft, und sie lachte fröhlich. Dabei flog das Kleid ein Stück hoch, sodass ihr rosa Höschen zum Vorschein kam. Wir waren vollkommen schockiert. Dieses Schwein! Ein Pädophiler! Dann legte er die Kamera auf den Boden. Er war total erregt.«
    »Und was haben Sie unternommen?«
    »Wir waren sehr aufgebracht und wütend, Giovanna noch mehr als ich. Sie war drauf und dran, zu diesem Kerl hinzurennen und ihn zur Rede zu stellen, aber dann sah sie ein, dass es vernünftiger war, die Polizei zu verständigen. Ungefähr fünf Minuten nach Giovannas Anruf kamen zwei Polizisten in Zivil, doch inzwischen war das Paar mit dem Kind weitergegangen, und der Typ war ihnen gefolgt. Sie waren in Richtung Schwimmbad gegangen, was wir den Polizisten sagten.«
    »Und dann?«
    »Die Polizisten entdeckten ihn und ertappten ihn mit seiner Kamera hinter einem Baum, während er eine Hand in der Hose hatte und …«
    »Masturbierte?«
    »Ja. Sie nahmen ihn fest wegen unsittlicher Handlungen in der Öffentlichkeit.«
    »Wann war das genau?«
    »Im letzten Jahr. Anfang September. Ich erinnere mich gut, dass es noch ziemlich warm war und wir leichte Sachen anhatten.«
    Gori, der bis dahin die Augen nicht von ihr abgewandt hatte, zog nun Notizbuch und Stift hervor und hielt schnell eine Zusammenfassung der Begebenheit fest. Dann fragte er, ob sie bei dem Strafverfahren als Zeuginnen ausgesagt und eventuell Drohungen erhalten hatten.
    Sara Genovese antwortete, dass der Prozess im Februar gewesen und der Mann verurteilt worden sei, sie aber das genaue Strafmaß nicht mehr wisse. Drohungen? Nein, die hatten sie nicht bekommen.
    Gori notierte sich auch das. Als er wieder aufsah, stellte er fest, dass sie regelrecht erleichtert wirkte, als wäre eine große Last von ihr abgefallen.
    »Jetzt würde ich Sie gern noch etwas anderes fragen«, sagte er.
    »Ja, bitte schön, aber möchten Sie vielleicht zuerst einen Kaffee?«
    »Danke, ja.«
    Sie begab sich in die Küche.
    Während er wartete, unterzog Gori die Wohnung einer genaueren Betrachtung und stellte fest, dass sich hier, genau wie bei Giovanna Innocenti, Altes und Modernes geschmackvoll verbanden. An den hohen Wänden standen schmale Vitrinen im englischen Stil, und in einer davon wurde eine Sammlung von antikem Baccarat-Glas hübsch präsentiert. In der Ecke beim Fenster befand sich ein Sekretär im Empirestil. Ein Bilderrahmen aus Antiksilber gefiel Gori besonders, und er stand auf, um ihn näher in Augenschein zu nehmen. Er enthielt ein Foto von zwei Frauen vor einer imposanten Statue aus rotem Granit. Er erkannte sie gleich, die beiden Freundinnen. Sie lächelten strahlend auf dem Schnappschuss.
    In diesem Moment kam Sara Genovese zurück. Sie trug ein Tablett mit zwei Tässchen aus feinem Porzellan, einem Teller mit Keksen und einer silbernen Zuckerdose. »Da waren wir in Ägypten«, sagte sie. »Das ist auf dem Bahnhofsplatz in Kairo, vor der Statue des Pharao Ramses II., des großen Strategen. Unser letzter Urlaub.«
    »Wann war das? In diesem Jahr?«
    »Nein, im vergangenen Sommer. Eine echte Traumreise. Wir wollten im Juli wieder für zwei Wochen hinfahren.«
    Sie stellte das Tablett auf dem Couchtisch ab, und Gori bemerkte, dass ihre Hände zitterten.
    »Zucker?«, fragte sie.
    »Nein, danke. Ich trinke meinen Kaffee immer schwarz«, sagte er.
    Sie reichte ihm seine Tasse und gab einen Löffel Zucker in ihre eigene. Obwohl sie sie beim Trinken mit beiden Händen hielt, liefen ihr ein paar Tropfen aus dem Mundwinkel, die sie mit der Serviette abtupfte. Gori trank langsam und knabberte zwischendurch einen Keks.
    »Nun, Maresciallo, was möchten Sie noch wissen?«
    »Ich kann mir einfach kein richtiges Bild machen …«
    »Von was? Von mir?«
    »Nein, Signora, Sie meine ich nicht. Vielmehr Ihre Freundin und deren Eltern, ich hoffe, Sie verstehen mich. Als ich mit dem Vater gesprochen habe, hat er sich … ich möchte mal sagen, sehr unnatürlich benommen. Aber das bleibt bitte unter uns«, erklärte Gori.
    »Wenn es Ihnen hilft, kann ich Ihnen gleich sagen, dass auch ich nach all den Jahren noch kein klares Bild von Giovannas Eltern habe, zumal ich sie nie persönlich getroffen habe.«
    »Wie das? Das müssen Sie mir erklären.«
    »Giovanna hat jedes Mal, wenn ich den Wunsch

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