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Schwarze Rosen

Schwarze Rosen

Titel: Schwarze Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Giuttari
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erfahren, aber bisher nichts Bedeutsames.«
    Seine Zweifel an Sara Genoveses Aussagen erwähnte er nicht. Auch nicht ihr Schweigen und ihre plötzliche Eile, das Gespräch zu beenden, ihr ganzes widersprüchliches Verhalten, dieses Reden und Nichtreden, was das Verhältnis des Opfers zu den Eltern und insbesondere zum Vater anging.
    »Wir bekommen viel Druck von oben, Maresciallo, das brauche ich nicht noch einmal zu betonen. Dieser Fall muss so schnell wie möglich aufgeklärt werden!«
    Gori nickte, stand auf und gab dem Colonnello die Hand.
    Es war schon fast eins, und vor ihm lag noch ein langer, anstrengender Tag. Als genügte das nicht, machten sich nun obendrein die ersten Symptome der vertrauten Kopfschmerzen bemerkbar. Er schloss sein Büro ab, um zum Mittagessen in die Trattoria um die Ecke zu gehen. Diese Morduntersuchung war nicht nur diffizil, sondern nahm allmählich die Gestalt eines Wespennests an, in das man besser nicht hineinstach. Oder doch? Zu all dem kam noch dieser nicht näher benannte »Druck von oben«.
    Brigadiere Surace begleitete Gori zum Essen.
    Sie saßen an einem Tisch, von dem aus sie das Kommen und Gehen der anderen Gäste beobachten konnten. Eine strategisch günstige Position. Bestellt war schon, aber Surace, der nicht gern wartete, winkte noch mal den Kellner herbei. »Bringen Sie mir vorweg ein Antipasto toscano!«
    »Für Sie auch, Maresciallo?«
    »Nur ein paar Crostini, aber beeilen Sie sich! Wir müssen zurück an die Arbeit.«
    »Ja, das glaube ich, nach diesem Mord haben Sie bestimmt viel zu tun, was?«, sagte der Kellner.
    Die beiden nickten nur.
    »Wissen Sie, wir bekommen hier ja so einiges zu hören. Unsere Gäste sind vorwiegend Einheimische, und an den Tischen wird viel debattiert und auch geklatscht. Es heißt, dass diese arme Frau ein sehr spezielles Verhältnis zu dieser anderen hatte, ihrer Geschäftspartnerin … Sie verstehen, was ich meine.« Er hatte die Stimme gesenkt und sich vertraulich über den Tisch gebeugt, dann eilte er davon.
    »Hast du das gehört, Surace? Ein ›sehr spezielles Verhältnis‹! Kein Wunder, dass Sara Genovese ungehalten wurde, als ich ihr eine intime Frage stellen wollte.«
    Diese Frau wusste etwas, wenn nicht gar alles, darauf hätte Gori schwören können.
    45
    Das Wetter hielt sich. Der Himmel war blau und klar. Ein leichtes Lüftchen wehte.
    Die Kirche San Miniato al Monte hatte sich nach und nach gefüllt. Neben dem Ehepaar Innocenti sah man in der erstenBankreihe mehr oder weniger bekannte Gesichter aus dem wirtschaftlichen und politischen Leben der Stadt. Sara Genovese saß weit hinten im Mittelschiff. Sie hatte die Arme verschränkt und die Sonnenbrille aufgelassen und hielt ein zerknülltes Taschentuch in der Hand. Im linken Seitenschiff lehnte der Maresciallo an einer Säule und richtete den Blick mal auf diesen, mal auf jenen der Anwesenden, ließ ihn aber meist auf denen verweilen, die er kannte. Mit Sicherheit waren viele Neugierige zur Trauerfeier gekommen; nur von der Presse sah er niemanden. Einmal kreuzten sich sein und Sara Genoveses Blick, und Gori nickte ihr zu. Orgelmusik ertönte.
    Der Leichnam war direkt von der Gerichtsmedizin in die Kirche gebracht worden, ohne vorher aufgebahrt zu werden, weder in den Cappelle del Commiato noch in der Villa der Eltern. Der Sarg stand nun auf dem mit Mosaiken eingelegten Steinfußboden vor dem unteren Altar.
    Brigadiere Surace und sein Kollege Petrucci waren draußen geblieben. Petrucci hatte bereits alle fotografiert, die – günstigerweise vereinzelt – in der Kirche eingetroffen waren, und half nun dem Brigadiere, die Kennzeichen der vor dem Gotteshaus geparkten Autos aufzuschreiben.
    Nach der Predigt und der Kommunion trat der Pfarrer mit Tränen in den Augen an den Sarg. Er hatte die kleine Giovanna damals selbst getauft. Nun besprengte er sie mit dem Weihwasserwedel und beendete den Trauergottesdienst. Die Luft war schwer vom Geruch der Kerzen und Blumen. Der Pfarrer ging auf das Ehepaar Innocenti zu, um ihm sein Beileid auszudrücken. Sie waren beide sehr elegant gekleidet, aber nicht in Trauer, und hatten während der ganzen Feier keine Miene verzogen. Sara Genovese dagegen trug Trauer, ein schwarzes Kostüm, und wechselte kein einziges Wort mit den Eltern.
    Dann setzte sich der Trauerzug in Bewegung. Direkt hinter dem Sarg, der von Angestellten des Beerdigungsinstitutes auf den Schultern getragen wurde, gingen die Innocentis. Giovannas Mutter hing am Arm ihres

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