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Schwarze Schafe in Venedig

Schwarze Schafe in Venedig

Titel: Schwarze Schafe in Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Ewan
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und die Anspannung war ihr deutlich anzuhören.
    »Wollte ich ja, Schätzchen. Sogar gleich morgen.«
    »Sie ist ein wenig angesäuert«, erklärte ich. Hey, ich bin nun mal ein hilfsbereiter Mensch.
    »Komm her, Schätzchen.« Alfred breitete die Arme aus, und obwohl Victoria sich alle Mühe gab, weiter sauer auf ihn zu sein, begann ihr Widerstand zusehends zu bröckeln. »Bitte, mach diesen enttäuschenden Abend nicht noch schlimmer, ja, Zuckerfee?«
    Zuckerfee. Herrje, das musste ich mir unbedingt merken.
    Victoria durchbohrte mich mit einem tödlichen Blick, als könne sie meine Gedanken lesen, dann ließ sie das Geländer mit einem gottergebenen Seufzen los und stürmte die Treppe herunter, um ihrem Vater einen Kuss auf die Wange zu drücken.
    »Na also«, brummte er und tätschelte ihr den Kopf. »Wieder gut?«
    »Fast«, murrte sie.
    »Also, wohin soll’s gehen? Ich denke, wir könnten alle einen Drink vertragen. Mein Hotel ist ganz in der Nähe.«
    »Ähm, also.« Pointiert zog ich den Hemdsärmel zurück und lenkte Victorias Aufmerksamkeit auf das Ziffernblatt meiner Armbanduhr. »Es wird schon spät, Vic. Und da war noch diese Sache bei mir zuhause, um die wir uns kümmern wollten.«
    »Ach Scheibenkleister. Das hatte ich ganz vergessen.« Sie zögerte kurz und schaute unentschlossen von einem zum anderen. »Hör mal, Dad, komm doch einfach mit. Charlie hat ein Boot draußen. Wir könnten uns bei ihm ein bisschen unterhalten und dich nachher zum Hotel zurückbringen.«
    »Ganz famos«, sagte er und strahlte wie ein Honigkuchenpferd.
    Nur, es war leider nicht famos. Ganz im Gegenteil.

Zweiunddreißig
     
    Es gibt Menschen, die behaupten, Venedig müsse man eigentlich vom Wasser aus erleben. Und wie wir so vom Casino-Anleger weg und in die feuchte, dunstige Dunkelheit des Canal Grande hineintuckerten, konnte ich diese Überzeugung nur zu gut verstehen. Von meinem Platz gleich neben dem lärmenden Bootsmotor konnte ich mich zwar nicht an Alfreds und Victorias Gespräch beteiligen, war aber dennoch hochzufrieden. Von filigranen Nebelschleiern überzogenes Wasser, heruntergekommene Gebäude, die gespenstische Stille einer schlafenden ertrunkenen Stadt – das alles wirkte so verzaubert, sodass ich beinahe versucht war, in einen der krummen Seitenkanäle einzubiegen, mich einfach treiben zu lassen und ziellos die Stadt zu erkunden. Dazu hätte ich allerdings die unbedeutende, nebensächliche Tatsache verdrängen müssen, dass uns zuhause in meiner Wohnung ein Entführungsopfer erwartete, und irgendwie brachte ich das dann doch nicht über mich.
    Borelli müsste inzwischen längst wieder aufgewacht sein. Allein. Gefesselt und geknebelt. Benommen von den Nachwirkungen des Beruhigungsmittels. In Todesangst. In die nackte Matratze schwitzend ...
    Hmm. Der Gedanke an die verzweifelte Lage des Grafen nahm dem Augenblick doch einiges von seinem Zauber.
    Und doch war das nichts verglichen mit der eiskalten Hand des Schreckens, die nach mir griff, als ich unser Boot in die Mündung des Kanals steuerte, an dem ich wohnte. Aufblitzendes Blaulicht. Schattenhafte uniformierte Gestalten in der klammen Luft. Die geisterhaften Umrisse eines Motorboots mit dunkelblauem Rumpf. Daneben ein weiteres Boot in leuchtendem Gelb und Orange, darauf in großen Lettern die Worte Venezia Emergenza.
    Starke Nebelscheinwerfer auf den Booten strahlten das Haus an, in dem meine Wohnung lag, und in dem gleißend hellen Licht wirkte die baufällige Fassade wie ausgebleicht. Vor der Haustür hatte sich eine hektisch herumwuselnde Traube aus Polizisten und Sanitätern gebildet, und in dem blauen Stroboskoplicht hatten ihre Bewegungen etwas mechanisch Abgehacktes, als betrachtete man die Szene in einem riesigen Daumenkino – einem riesigen furchteinflößenden Daumenkino.
    Verflucht. So hatte ich das eigentlich nicht geplant.
    Krachend zwang ich den Motor in den Rückwärtsgang und hörte ein tiefes sprudelndes Rauschen im stillen Wasser unter uns. Lauter, als mir lieb war. Ein Polizist in schwerer blauer Jacke mit reflektierenden Abzeichen hob den Kopf und beobachtete mich. Genau wie Victoria. Sie schien entsetzt – ihr Gesicht war kalkweiß geworden, die Kinnlade hing halb herunter, und um die verdächtig schimmernden Augen hatte sie rote Ränder.
    Das Boot machte einen Satz nach rechts. Ich hatte zu scharf gewendet, und nun liefen wir Gefahr, nasse Füße zu bekommen. Schnell riss ich das Ruder herum, um meinen Fehler wieder auszugleichen, und

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