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Schwarze Schafe in Venedig

Schwarze Schafe in Venedig

Titel: Schwarze Schafe in Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Ewan
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das Boot kippte unsanft nach links. Ich rutschte ab und knallte so hart auf das Seitendeck, dass mir die Rippen knackten. Die Schwungkraft katapultierte mich weiter. Salzwasser spritzte auf und klatschte mir ins Gesicht. Ich merkte, wie ich nach vorne fiel, aber just in dem Augenblick, als ich schon tief Luft holte und in Erwartung des Aufpralls die Augen zusammenkniff, wurde ich zurückgerissen. Ich warf einen flüchtigen Blick nach hinten, wo Alfred sich mit einem entschlossenen Funkeln in den Augen an meine Hosenbeine klammerte.
    Ich stützte mich ab, stemmte mich mit den Ellbogen aufs Deck und riskierte dann einen Blick auf den Polizisten, der auf uns aufmerksam geworden war. Er sah uns noch immer hinterher, eine Hand zum Schutz vor dem wirbelnden Dunst über den Augen, war aber weder näher gekommen, noch hatte er seinen Kollegen ein Zeichen gegeben. Mit etwas Glück hielt er mich für einen verstimmten Anwohner – einer, der wusste, dass es sinnlos war, mitten in einem Notfalleinsatz den betreffenden Kanal befahren zu wollen. Das Letzte, was ich jetzt brauchte, war, wie ein Verbrecher zu wirken, der vom Tatort floh. Meine brave Barke war nicht für solche Geschwindigkeiten gebaut, und soweit ich wusste, war sie auch nicht mit einem Tarnumhang ausgestattet, der uns unsichtbar machte.
    Energisch wischte ich mir die Gischt aus dem Gesicht, griff ungeschickt nach dem Steuerruder und dirigierte uns in die Richtung zurück, aus der wir gekommen waren.
    »Planänderung.« Ich klopfte Alfred auf den Rücken und führte ihn wieder zu seinem Platz. »Wir fahren doch erst zum Hotel.«
     
    »So, wäre jetzt einer von euch so freundlich, mir zu erklären, was hier eigentlich vor sich geht?«
    Eine durchaus verständliche Frage, wie ich fand, auf die Alfred zweifellos eine Antwort verdient hatte. Komisch nur, dass mir so gar nicht danach war, darauf etwas zu erwidern. Ich fand es etwas schwierig zu erklären, was da passiert war.
    Na ja, um ehrlich zu sein, Mr. Newbury, Folgendes ist passiert: Ihre Tochter hat mir vorhin dabei geholfen, einen reichen, angesehenen Venezianer aus seinem Haus zu entführen. Wir haben ihn betäubt und gefesselt, und dann haben wir ihn in Unterwäsche in einer fremden Wohnung liegen lassen und sind derweil ins Casino gegangen. Wie meinen? Sie möchten wissen, weshalb wir ihn entführt haben? Nun, das ist eigentlich ganz einfach – ich hätte den Mann beinahe versehentlich umgebracht, und das wollte ich nun unbedingt irgendwie wiedergutmachen.
    Leider hatte ich den Verdacht, das würde nicht besonders gut ankommen. Ja, ich hatte sogar das ganz bestimmte Gefühl, danach würde Victorias Vater mich als schlechten Umgang für seine Zuckerfee ansehen.
    »Es ist ein bisschen kompliziert, Dad«, erklärte Victoria ihm.
    Was sie nicht sagte. Und wie kompliziert es war. Die letzten paar Tage hatte ich nichts als Komplikationen erlebt. Von Hindernissen ganz zu schweigen. Ich hatte so viele Hürden überwinden müssen, dass es für ein ganzes Hindernisrennen gereicht hätte.
    »Gehe ich recht in der Annahme, dass die Polizei vor Ihrer Hautür stand?«, fragte er mich.
    Und dahinter auch, allem Anschein nach.
    »Könnte sein«, entgegnete ich und gab mir große Mühe, vollkommen unbeschwert zu klingen.
    »Und eine Ambulanz, soweit ich das sehen konnte.«
    »Eine Ambulanz war auch da? Ist mir gar nicht aufgefallen.«
    »Hör mal, Dad«, mischte Victoria sich ein, »möchtest du einen Whisky?«
    Sie hockte vor der Minibar in Alfreds Hotelzimmer, mit ihrem dicken Wintermantel über dem feinen Abendkleid. Keine Ahnung, wie viel Schnaps in so einer Minibar steckte, aber ich nahm stark an, dass es nicht reichen würde. Aber eigentlich eine großartige Idee. Vielleicht konnten wir ihn abfüllen, und er vergaß die ganze leidige Geschichte.
    Das Hotel war eine echte Nobelherberge. Alfreds Zimmer wartete mit weinrotem Teppich und einer Tapete mit rosarotem Blütenmuster auf und dazu jeder Menge um die Fenster drapiertem rosa Stoff. Ich ruhte meine Kehrseite gerade auf dem französischen Bett mit der butterweichen Matratze aus. Alfred saß links von mir in einem Sessel, die Ellbogen auf die Knie gestützt und die knochigen Finger zu einem spitzen Dreieck zusammengepresst. Er sah aus wie ein etwas älterer Professor, der gerade über einem komplexen Theorem brütete. Na dann, viel Glück, alter Freund.
    »Charlie, möchtest du einen Wodka?«, fragte Victoria mich.
    »Ich nehme alles, Hauptsache Alkohol.«
    »Hier

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