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Schwarze Schafe in Venedig

Schwarze Schafe in Venedig

Titel: Schwarze Schafe in Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Ewan
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gibt’s auch Nüsschen.«
    »Für mich nicht, danke.«
    »Und du, Dad?«
    »Ach bitte, Schätzchen«, fuhr er sie in einem Ton an, wie er schärfer kaum hätte sein können. »Würdest du dich bitte hinsetzen und wie ein erwachsener Mensch mit mir reden? Ich will jetzt endlich wissen, was da in Charlies Wohnung los war.«
    Victoria reichte mir ein Minifläschchen Wodka und lächelte mir mürrisch zu. Sie versuchte, noch ein wenig Zeit zu schinden, indem sie Alfred und sich selbst einen Fingerbreit Whisky einschenkte, während ich angestrengt in eine Ecke der Zimmerdecke starrte. Dann bewaffnete sie Alfred und sich mit dem guten Tröpfchen und ließ sich in den Sessel neben ihm fallen.
    »Also gut, Dad«, setzte sie an und legte ihm eine Hand aufs Knie. »Wir erzählen dir, was los war. Aber denk immer daran, wir haben es nur gut gemeint.«
    Gut gemeint . Herrjemine. Als Nächstes erzählte sie ihm sicher, ich ginge demnächst ins Kloster. Knackend schraubte ich den Verschluss vom Wodkafläschchen und ließ mir das fiese Zeug die Kehle runtergluckern. Der Billigfusel betäubte meine Mundschleimhaut, und meine Nebenhöhlen kribbelten.
    Erschaudernd sah Victoria mich an, dann stürzte sie ihren Whisky hinunter, zog eine nicht gerade schmeichelhafte Grimasse und legte los.
    »Es ist so, Dad. Wir haben jemanden in einer leeren Wohnung in dem Haus, in dem Charlie wohnt, eingesperrt. Und wie es aussieht, hat die Polizei ihn wohl gefunden ...«
    Angewidert stellte ich den Wodka beiseite, drückte die Handflächen auf die Augen und blendete ihre weiteren Erläuterungen aus. Ich war völlig übermüdet und einfach schrecklich fertig. Die Versuchung war groß, mich einfach auf dem weichen Bett zurückzulehnen und ein kurzes Nickerchen zu machen, nur ein klitzekleines Ruhepäuschen. Mein Gehirn wollte schier überquellen vor Informationsüberschuss und nagender Sorge, und ich konnte kaum geradeaus denken. Ein bisschen lag das an der Müdigkeit, aber noch viel mehr an der Angst. Jetzt war auch noch die Polizei im Spiel. Sie hatten den Grafen in unserem Haus gefunden. Zwar hatte er unsere Gesichter nicht gesehen, aber er wusste, dass wir Engländer waren, und es würde sicher nicht lange dauern, bis die Ermittlungsbehörden uns auf die Schliche kamen. Sicher würden sie mit Martin und Antea sprechen. Womöglich erzählten die ihnen von meinen Büchern – den Krimis –, und dann würden sie alsbald bei mir auf der Matte stehen und merken, dass ich nicht zuhause war. Dass wir verschwunden waren. Möglicherweise auf der Flucht.
    Himmel. Wie um alles in der Welt konnte ich nur so blöd sein? Und wie hatten sie bloß den Grafen entdeckt?
    Ich überlegte, was wir falsch gemacht haben könnten. Sicher war er wieder zu sich gekommen, noch ehe wir das Casino verlassen hatten. Dummerweise war ich davon ausgegangen, er würde stocksteif vor Angst einfach wie gelähmt liegen bleiben. Aber jetzt, wo ich so darüber nachdachte, hätte er auch genauso gut vom Bett rutschen und sich auf den Boden fallen lassen können. Und mit dem dringenden Wunsch, schnellstmöglich aus der Wohnung herauszukommen, war er vielleicht wie ein sich windender Wurm bis ins Treppenhaus gekrochen, hatte sich die Treppe hinuntergeschlängelt und irgendwie bis in meine Wohnung gewunden. Ich wusste nicht mal mehr, ob ich in der Eile überhaupt abgeschlossen hatte. Vielleicht nicht. Und möglicherweise war er dann in der leeren Wohnung auf den Knien bis ins Wohnzimmer gerutscht und hatte das Telefon von meinem Schreibtisch geschubst.
    Gut, er war zwar an Händen und Füßen gefesselt, aber er könnte auch mit der Nase oder der Zunge die Nummer der Polizei gewählt haben. Und auch wenn er nicht wusste, wo er sich befand, wäre es für sie doch ein Leichtes gewesen, den Anruf zurückzuverfolgen und meine Adresse herauszufinden ...
    Augenblick mal . Beim Zusammenschustern meiner Theorie war ich irgendwo hängen geblieben. An einem Informationsschnipsel, einem Teil, der nicht so recht passen wollte. Was war das bloß?
    Und dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
    Ach du lieber Himmel.
    Die Polizei mit der Zunge angerufen. Von seiner misslichen Lage berichtet.
    Wir waren solche Trottel. Erstklassige Drei-Sterne-Trottel. Bei unserem überstürzten Aufbruch hatten wir doch tatsächlich eine klitzekleine Kleinigkeit übersehen. Ja, ganz genau. Wir hatten tatsächlich vergessen, ihn zu knebeln. Wir hatten ihn gefesselt. Wir hatten ihn verschnürt wie ein Paket. Aber das

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