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Schwarze Schafe in Venedig

Schwarze Schafe in Venedig

Titel: Schwarze Schafe in Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Ewan
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zu?«
    Ich stimmte ihm zu.
    »Das heißt, er hatte eine Chance von ein zu sechs, den Hauptgewinn mit nach Hause zu nehmen. Nun stellen wir uns doch einfach mal vor, er wollte seine Chancen etwas erhöhen.«
    Eine durchaus begründete Annahme. Der Graf war jedenfalls sehr erpicht darauf gewesen, ins Casino zu gehen, was die Vermutung nahelegte, dass er unbedingt gewinnen wollte, komme, was wolle.
    »Tja, und was wäre effektiver, um seine Gewinnaussichten zu verbessern, als dafür zu sorgen, dass man mit dem Geldköfferchen nach Hause geht, ganz gleich, wer das Turnier gewinnt?« Alfred hob die Hand, wie ein Zauberer, der beweisen wollte, dass er kein verstecktes Ass im Ärmel hatte. »Nehmen wir einfach mal an, ich hätte gewonnen – wozu ich, nebenbei bemerkt, auf dem besten Wege war –, dann hätte man mir den Koffer mit dem Geld überreicht, nicht?«
    »Stünde zumindest zu hoffen.«
    »Während der Graf genau denselben Koffer hatte.«
    »Lieber Gott«, rief Victoria. »Du glaubst, er wollte die Koffer vertauschen?«
    Alfred schnippte mit den Fingern. »Haargenau. Er spaziert mit dem Geldkoffer aus dem Casino und ich mit einem Koffer voller Semtex. Und dann, wenn ich das Ding aufmache ... BUMM! « Alfred schlug mit der Hand auf seinen knochigen Oberschenkel. »Bin ich ein toter Mann. Keine Chance, die verschwundene halbe Million zu suchen.«
    Er lehnte sich im Sessel zurück und beobachtete mich eine ganze Weile, wohl um zu sehen, wann bei mir der Penny fiel. Der Penny brauchte eine ganze Weile. Irgendwie mochte ich mich mit seiner Theorie nicht so recht anfreunden.
    »Aber der Graf hatte den Koffer doch gar nicht. Der war doch längst in die Luft geflogen.«
    »Aber doch nur, weil Sie nicht widerstehen konnten und ihn aufgemacht haben. Hätte Ihre Neugier nicht gesiegt, hätte er eine perfekte, jederzeit einsatzbereite Waffe an der Hand gehabt.«
    Hmm. Irgendwie hatte die Theorie was. Und doch war sie alles andere als wasserdicht.
    »Ihre Erklärung ist immer noch so löchrig wie Schweizer Käse«, sagte ich zu ihm. »Das Mädel, das mir die Bombe gegeben hat, wollte den Grafen ins Jenseits befördern. Genauso wie die Leute, für die sie arbeitet. Ich wurde angewiesen, hinzugehen und ihn zu erschießen. Was doch wohl heißen muss, dass die Bombe ursprünglich für ihn gedacht war.«
    »Dieses Mädchen«, sagte Alfred. »Victoria sagte, Sie glauben, sie war heute Abend die Dealerin an unserem Tisch?«
    Ich nickte. »Sie heißt Graziella. Und wenn ich nicht völlig danebenliege, dann hat sie zugunsten des Kerls mit der hochkalorischen Ernährung und dem wild wuchernden Bart die Karten gezinkt.«
    »Ich muss gestehen, das hat mich etwas gewundert. Ich weiß nicht so genau, wie der ins Bild passt.«
    Ich wagte es nicht, Victoria anzusehen. Auf keinen Fall wollte ich in die Verlegenheit kommen, ihm erklären zu müssen, woher wir den Kerl kannten. Ich wolle ihn nicht vom eigentlichen Problem ablenken. »Mit dem haben Sie bisher noch keine Bekanntschaft gemacht?«
    »Aufgefallen ist er mir schon – ich habe ihn während des Turniers ein bisschen beobachtet. Franzose, würde ich sagen, nach den paar Brocken, die er heute Abend am Tisch von sich gegeben hat. Oder Belgier womöglich. Jedenfalls keine gute Kinderstube, von der schäbigen Aufmachung ganz zu schweigen.«
    Ich sollte wohl besser nicht allzu genau darüber nachdenken, was Alfred von meiner heutigen Abendgarderobe hielt. »Aber würde die Tatsache, dass Graziella ihm geholfen hat zu gewinnen, nicht gleichzeitig bedeuten, dass Borelli nicht die geringste Chance gehabt hätte, sich den Koffer unter den Nagel zu reißen?«
    Alfreds Mund verzog sich zu einer schnörkeligen Linie. Er kaute auf der Innenseite seiner Wange herum, dann stemmte er sich aus dem Sessel hoch und trat zu einem Koffer auf einem klappbaren Ständer neben dem Kleiderschrank. Er öffnete ein Reißverschlussfach und nahm einen großen braunen Umschlag heraus, den er mir dann reichte.
    »Was ist das?«, fragte ich.
    »Schauen Sie selbst.«
    Ich öffnete den Umschlag und fuhr mit der Hand hinein. Drinnen waren einige Farbfotos. Die Bilder waren auf DIN-A4-Papier gedruckt, das ganz wellig geworden war von der vielen Tinte. Sie sahen aus wie aus einem gewöhnlichen Heimcomputer. Ich blätterte sie durch und reichte sie dann an Victoria weiter.
    »Das sind Borelli und Graziella«, sagte ich. »Auf den Fotos hat sie zwar blonde Haare, aber ich weiß zufälligerweise, dass sie genau so eine Perücke

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