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Schwarze Schafe in Venedig

Schwarze Schafe in Venedig

Titel: Schwarze Schafe in Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Ewan
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nachkommen lassen und mal sehen, ob wir nicht auf anderem Wege für Gerechtigkeit sorgen können.«
    »Aber in der Zwischenzeit«, sagte ich, »hat jemand anders versucht, ihn mit einer selbst gebastelten Bombe um die Ecke zu bringen.«
    Alfred runzelte die Stirn. Mein Einwurf schien ihn zu enttäuschen, als hätte ich mitten in einem Instrumentalstück, das wir als Trio aufführten, eine falsche Note gegeigt. »Oh nein, Charlie. Das glaube ich nicht. Ich vermute viel eher, die Bombe war eigentlich für mich gedacht.«
     
    Ich müsste lügen, wollte ich behaupten, ich wüsste, was die Etikette als Antwort auf die Paukenschlagenthüllung vorsieht, jemand sei Gegenstand eines vereitelten Mordkomplotts gewesen. Wobei ich zumindest wusste, dass es unangebracht wäre, in schallendes Gelächter auszubrechen oder ihm an den Kopf zu werfen, er sei ein irrer Verschwörungstheoretiker. Aber ich wusste nicht so recht, was ich stattdessen tun oder sagen sollte.
    Für Victoria musste die Situation allerdings noch wesentlich unangenehmer sein. Der Mann war schließlich kein dahergelaufener Spinner – er war ihr Vater. Und da ich nicht vollkommen unsensibel bin, dachte ich mir, es sei besser, wenn ich ab jetzt die Fragen stellte. Denn niemand sagt seinen Eltern gern, dass sie Bockmist reden.
    »Sie wirken etwas erstaunt«, sagte Alfred zu mir.
    »Vielleicht ein wenig«, gab ich zu.
    »Sie halten mich für verrückt?«
    »Das nicht. Verzeihen Sie bitte, wenn ich das so sage, aber ich weiß nicht, ob ich Ihrer Logik folgen kann.« Ich legte die Handflächen aneinander und hob die Hände wie zum Gebet, die Fingerspitzen an die Nase gelegt und die Daumen unters Kinn geklemmt. Es sollte gelehrt wirken, wie man es von Psychologen aus Filmen kennt. Ich wollte, dass Alfred sich entspannte und wohlfühlte, in der Hoffnung, dass er dann alles ausspuckte, was in seinem altersschwachen verwirrten Hirn vor sich ging, und selbst merkte, wie bekloppt sich das alles anhörte. »Vielleicht könnten Sie mir erklären, warum Sie glauben, die Bombe, die in Graf Borellis Haus explodiert ist, sei für Sie bestimmt gewesen.«
    Er schürzte die Lippen und sah aus, als lutschte er etwas Saures. »Nicht unbedingt für mich persönlich, aber ich glaube schon, es wäre gut möglich gewesen, dass sie ihren Weg an meine Tür gefunden hätte.«
    »Ich weiß nicht, ob ich Ihnen da folgen kann.«
    »Ich dachte, das müsste für einen Krimiautor doch klar auf der Hand liegen.«
    Hmm, das klang aber jetzt doch ein bisschen passiv-aggressiv, oder? Aber wie jeder gute Seelenklempner war ich bereit, zuerst sämtliche Beweise abzuwägen, ehe ich meine Diagnose stellte.
    »Leider nicht ganz so klar, wie Sie glauben.«
    »Nun ja, Sie haben aber doch gehört, dass John und Eunice durch einen Bombenanschlag ums Leben gekommen sind.«
    »Ich habe gehört, dass Sie das annehmen.«
    Alfred kräuselte die Lippen, sodass die Schneidezähne hervorblitzten. Mir drängte sich der Eindruck auf, er könne womöglich nicht unbedingt zu den geduldigsten Zeitgenossen gehören. Vermutlich wäre es das Beste, ihn einfach reden zu lassen. Ich malte mit der Hand kleine Kreise in die Luft, als Aufforderung an ihn, genau das zu tun.
    »Tja, ich finde, die Frage, die sich da stellt, lautet: Warum? « Alfred linste rüber zu Victoria, um sich zu vergewissern, dass sie ihm folgen konnte. Sie nickte vage und nahm einen Schluck Whisky, wobei sie es vermied, ihm in die Augen zu schauen. »Mir fallen auf Anhieb zwei Gründe ein. Der eine wäre pure Boshaftigkeit – die Rache eines schlechten Verlierers. Das können wir zwar wohl nicht ganz ausschließen, aber das halte ich für eher unwahrscheinlich. Wenn man jemanden aus Wut im Affekt umbringt, benutzt man keine Bombe. Da sind Messer oder Pistole üblicherweise das Mittel der Wahl. Bleibt der zweite Grund. Der Mörder will etwas vertuschen.«
    » Okay.«
    » Nach allem, was Victoria mir erzählt hat, sah der Koffer, den Sie dem Grafen Borelli frei Haus liefern sollten, jenem zum Verwechseln ähnlich, den der Gewinner des heutigen Turniers bekommt.«
    »Es gab tatsächlich eine gewisse Ähnlichkeit«, gab ich zu. »Aber der Koffer hing ja fast direkt unter der Decke. Ich müsste ihn mir noch mal aus der Nähe ansehen, um ganz sicher zu sein.«
    Alfred stützte die Ellbogen auf die Knie und drückte mit Zeigefinger und Daumen die Unterlippe zusammen. »Der Graf hätte eigentlich heute Abend mit am Finaltisch sitzen sollen, stimmen Sie mir da

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